Mika, Bascha
Halbtagsjob und sind trotzdem völlig
überlastet und abgehetzt. Dann ist uns eben nicht mehr wichtig, dass uns der
Beruf zufriedenstellt; er ist ja nur noch Pflichtprogramm neben unserer
Hauptaufgabe. Dann konzentrieren wir uns eben darauf, dem Mann den Rücken
freizuhalten; wir kommen gar nicht auf die Idee, dass es auch mal umgekehrt
laufen könnte. Dann kümmern wir uns nicht nur, dann verkümmern wir auch.
»Frauen
denken nicht daran, dass sie an dieser Stelle in ein Loch fallen könnten«,
meint die Therapeutin Rosemarie Leinemann, »das ist in ihrer Vorstellung und
in ihrem Selbstbild gar nicht drin. Sie ahnen nicht, was auf sie zukommen kann,
und sind deshalb auch nicht vorbereitet.« 14
Statt
klare Kiste zu machen, machen wir es uns lieber bequem: Gehen einer
Konfrontation mit unserem Liebsten und uns selbst aus dem Weg und verschwinden
an die Kümmerfront. Das scheint erst mal einfach, und so haben wir es ja meist
auch gelernt.
Wir
unterschätzen massiv, was das lebensgeschichtlich für uns bedeutet. Denn wenn
wir nicht gegenhalten, entfaltet das überkommene Rollenbild seine Sogkraft,
dann setzt sich durch, was in unserer Gesellschaft noch immer als Norm gilt: Im
Haus sind für alles wir zuständig.
Wenn diese
Falle zuschnappt - wenn wir die Rolle der Ausputzerin annehmen —, sind wir in
der Beziehung kein Partner auf Augenhöhe mehr. Das Ungleichgewicht, das aus unserer
Entscheidung folgt, tut auch der Liebesbeziehung nicht gut, wie Wassilios
Emmanuel Fthenakis weiß. Er ist Professor für Entwicklungspsychologie und
Anthropologie an der Freien Universität Bozen. Als Sachverständiger des
Bundesverfassungsgerichts bei Familienfragen kennt er sich aus mit Lebensumbrüchen.
Wassilios
Fthenakis hat »vier Reiter der Apokalypse« ausgemacht, die einem Paar
gefährlich werden können:
1. Nach dem ersten Kind arbeiten die
Frauen im Haus, die Männer umso mehr im Job - das führt zu Entfremdung.
2. Plötzlich verdient der Mann
alleine das Geld - das führt zu einem finanziellen Ungleichgewicht und einem
Ungleichgewicht der Macht.
3. Die Hausarbeit, die der Mann
vorher wenigstens zu einem Teil übernommen hat, bleibt völlig an der Frau
hängen - das führt dazu, dass sie drinnen das Regiment übernimmt, weil sie
draußen nichts mehr zu melden hat.
4. Die Qualität der Partnerschaft
leidet unter der Ungleichheit - das führt dazu, dass weniger geredet wird,
Konflikte sich hochschaukeln und die Zärtlichkeit abnimmt.
Selbstverständlich
gibt es Paare, die eigentlich woanders als in diesem gefährlich-traditionellen
Fahrwasser landen wollen, meint Wassilios Fthenakis. Doch das System der
uralten Rollen sei sehr effizient darin, sich durchzusetzen. 15
Denn
nichts geht über die freiwillige Dienstbarkeit und Beflissenheit der Frauen.
Dabei bleiben ihre Selbstbestimmung und Eigenständigkeit auf der Strecke. Die
Gründe, sich auf einen solchen Weg einzulassen, scheinen individuell. Doch das
Prinzip des Scheiterns ist alles andere als das. Es ist ein Massenphänomen.
Die
Verführung durch bekannte Muster ist groß und ein anderer Weg mühsam — doch
niemand zwingt uns in das alte Lebensmodell. Wir selbst tanzen als Komplizinnen
am Rand der Fallgrube. Wir können entscheiden, ob wir reinspringen. Wir haben
die Wahl.
Der Deal
Was Heim und Herd häufig an
geistloser Routine erfordern, lässt manch anderen Job als Top-Unterhaltungsprogramm
erscheinen.
Nichtsdestoweniger
finden sich immer wieder Menschen, die diese Routinen gern übernehmen.
Allerdings fast nur Frauen. Zuständig zu sein für die Hausarbeit, entspricht
bei diesen Überzeugungstäterinnen dem Rollenbild - und sie sind zufrieden, wenn
sie es ausfüllen. Sie haben dann auch kein Problem mit der klassischen
Arbeitsteilung in ihrer Beziehung. Der Mann tut nichts? Sie haben es nie anders
gewollt und erwartet. Alles gut.
Nehmen wir Alexandra. Alexandra
war Kindergärtnerin, ihren Mann hat sie schon kennengelernt, als er noch
Informatik studierte. Als das erste Kind kam, hatte er sich bereits selbstständig
gemacht, und Alexandra setzte erst mal beruflich aus. Dann kam das zweite Kind,
und bald war klar, dass sie nichts mehr zurückzog in ihre Anstellung. Während
ihr Mann sein kleines IT-Unternehmen aufbaute und sechzig Stunden die Woche
arbeitete, kümmerte sich Alexandra um Heim und Familie. Mit Vergnügen.
Ihre Lust,
mit Kindern zu spielen, zu singen, zu basteln, hat sie früher
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