Mika, Bascha
die Eltern in
der Nähe, sie füttern und verteidigen ihre Kleinen auf dem Boden. Rabenmutter
und Rabenvater gemeinsam, wohlgemerkt, als Partner, und bleiben dabei ein Leben
lang zusammen.
Raben sind
nicht nur schlau, weshalb sie in Märchen und Fabeln gern als gewitzte Helden
auftreten. Sie sind sozial klug und wissen offenbar, worauf es bei der
Erziehung ankommt.
Also kann einer Mutter und einem
Vater eigentlich nichts mehr schmeicheln, als mit den intelligenten und
fürsorglichen Raben verglichen zu werden.
Bettina
Ich heiße
Bettina, bin vierundvierzig Jahre alt und habe eine Entscheidung getroffen,
die mir niemand mehr wegnehmen kann. Es hat mich viel Mut gekostet, und ich bin
eigentlich nicht besonders mutig, eher schon vorsichtig und zurückhaltend,
fast schüchtern. Aber ich wusste, wenn ich es diesmal nicht schaffe, werde ich
immer unglücklich sein.
Vor zehn
Jahren stand ich schon mal vor der Wahl. Damals hab ich den falschen Entschluss
getroffen, das weiß ich heute. Es war die Zeit, als ich meinen Mann
kennenlernte. Wir waren sehr verliebt, und ich wurde prompt schwanger, da waren
wir grad mal drei Monate zusammen. Das ging meinem Freund alles viel zu
schnell, er wollte kein Kind, oder zumindest nicht sofort, so genau wusste er
es eigentlich selbst nicht.
Ich habe
hin und her überlegt: Bekomm ich es? Bekomm ich es nicht? Und wenn ich das Kind
habe, was mach ich dann? Ich wollte zwar immer Kinder, aber doch nicht ohne
Vater! Ich bin ziemlich konventionell eingestellt, und so hatte ich mir meine
Familie nicht gedacht. Außerdem - was würde dann mit meiner Beziehung
passieren? Wenn ich mich für das Kind entscheide, entscheide ich mich doch
automatisch gegen meinen Freund. Und dann bin ich allein. Nur finanziell machte
ich mir keine großen Sorgen. Ich hab damals in einem Verlag gearbeitet und
verdiente nicht schlecht. Aber das andere... Alle haben mich vordem Leben
einer Alleinerziehenden gewarnt, dem Stress, und wie schwer es dann ist, einen
Mann zu finden. Nur meine Schwester war nicht so skeptisch. Ich hab
abgetrieben. Was anderes hab ich mir einfach nicht zugetraut. Mein Freund
wurde mein Mann, wir kauften uns eine Eigentumswohnung und lebten eigentlich
ganz glücklich zusammen. Über Kinder haben wir nicht mehr gesprochen. Eine
ganze Zeit dachte ich, ich hätte es richtig gemacht.
Dann kamen
die Krankheiten, ich hatte immer irgendwelche Infektionen. Mal eine
Blasenentzündung, mal was an den Eierstöcken, mal war's die Gebärmutter
Irgendwann war mein Arzt mit seinem Latein am Ende. Er glaube nicht mehr an
organische Ursachen, sagte er, wahrscheinlich seien es psychosomatische
Reaktionen, ob ich dem nicht mal nachgehen wolle. Ich habe eine Therapie
gemacht und im Laufe von ein, zwei Jahren stellte sich ein Gefühl ein, als wäre
ich im falschen Leben. Ich wollte so nicht mehr weitermachen - was nicht heißt,
dass ich wusste, was ich wirklich wollte. Aber mit meinem Mann, das ging nicht
mehr. Nach acht Jahren hab ich mich von ihm getrennt. Ich weiß, dass es verrückt
klingt, aber plötzlich waren die Infektionen weg. Ein Jahr danach war ich
wieder verliebt. Prompt wurde ich schwanger - wieder kurz nachdem ich den Mann
kennengelernt hatte, wieder nach nur drei Monaten. Da war ich dreiundvierzig.
Erst war mein Freund mit dem Kind einverstanden, dann bekam er Zweifel und
wollte doch nicht mehr. Das ging zwei, drei Wochen hin und her, dann hab ich
ihn verlassen.
Ich bin
von Düsseldorf nach Essen gezogen, weil meine Schwester dort lebt. Ich hab mir
eine Wohnung gesucht und mich beruflich selbstständig gemacht, was gar nicht
so einfach war. Früher hätte ich mir so etwas nie zugetraut, neue Stadt, neuer
Job, neues Zuhause und das alles allein. Selbst den Umzug zu organisieren, hab
ich hingekriegt, obwohl ich ja nichts mehr richtig tragen kann. Außer meiner
Schwester kenne ich inzwischen schon ein paar andere Leute in der Stadt.
Ich werde
bald Mutter. Ein bisschen Angst hab ich ja, aber meist bin ich glücklich.
Natürlich muss ich das mit dem Kind jetzt alles allein hinkriegen. Aber
inzwischen glaub ich eigentlich - das schaff ich schon.
Die Komfortzone
Er heißt
Latte Macchiato. Der Latte Macchiato ist eigentlich ein unschuldiges
italienisches Heißgetränk, ein aufgeplusterter Milchkaffee, der deshalb auch
nicht in Tassen, sondern in dicken Gläsern serviert wird. Inzwischen ist der Café
Latte ein weithin beliebtes Szenegetränk und hat durch einen gewissen
Frauentyp seine
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