Milano Criminale: Roman (German Edition)
zurückkehrt.
Der Commissario lächelt.
»Das Leben auf der Flucht scheint unserem Lampis nun doch allmählich zuzusetzen«, grinst er. »Und wenn ich nur einen Hauch von Idee habe, wie die Unterwelt funktioniert, kannst du sicher sein, dass ihn jetzt unruhige Zeiten erwarten. Seine Gönner muss er immer teurer bezahlen, und die Hehler werden immer weniger bereit sein, Risiken für ihn einzugehen. Er ist einfach zu heiß!«
»Und dieser Anruf, was halten Sie davon?«, fragt Antonio. »Muss man seine Drohungen ernst nehmen?«
»Ach was. Lampis blufft: Das wird er nie in die Tat umsetzen. Wie sollte er auch? Wenn er das täte, würde sich die gesamte italienische Polizei auf seine Fersen heften, und so dumm ist er nicht … Ich will dir was sagen, Santi, nicht mehr lang, dann haben wir ihn.«
Antonio nickt. Er glaubt ihm, wie immer. Und er kann sich nicht vorstellen, dass sein Commissario zumindest in diesem Punkt unrecht behalten wird und die Sache mit dem Solisten an der Maschinenpistole noch eine ganz unerwartete Wendung nimmt.
5
»Die nehmen mich nicht ernst.«
Lampis hat einen glasigen Blick vom vielen Trinken. Und er redet mit sich selbst. Einzig eine halbleere Jeroboam-Flasche Champagner auf dem Glastisch seines Séparées leistet ihm Gesellschaft, in die er die Kippen unzähliger Zigaretten geworfen hat, die nun in dem Schaumwein schwimmen.
Die Bullen haben nicht angebissen und statten seiner Frau auch nach seinem Anruf bei ›La Notte‹ weiterhin täglich Besuche ab, sogar noch häufiger als früher. Und dem Polizeipräsidenten konnte er sich nicht einmal von ferne nähern. Ein Reinfall auf ganzer Linie.
Gerade ist ihm klar geworden, dass er mit diesem Telefonat ein Eigentor geschossen hat. Das findet auch Janot.
»Du bist völlig umsonst aus der Deckung gegangen. Du spielst das Spiel der Bullen mit.«
Also musste er nachdenken und sich betrinken. Eines der Mädchen bietet ihm kniend ihre Dienste an. Aber es ist kein guter Abend, sein Magen revoltiert. Er sagt, sie solle verschwinden. Ihm ist schwindelig und speiübel.
Sein Partner bringt ihn nach Hause.
»So kann es nicht weitergehen mit uns«, stößt er hervor, während er ihn zum Auto schleppt.
Am nächsten Morgen nehmen sie Abschied. Von Mailand und von Chantal. »Es ist hart, Leandro, doch es ist die einzige Möglichkeit, wenn wir nicht wieder eingelocht werden wollen. Das weißt du. Du siehst sie ja in ein paar Wochen wieder«, erklärt Janot, als er auf die Autobahn Richtung Bologna auffährt, »wenn die Wogen sich geglättet haben.«
Der Solist an der Maschinenpistole, dem der Kopf noch vom gestrigen Rausch brummt, nickt und blickt starr über die bestellten Felder zu beiden Seiten der Straße.
»Er ist verduftet«, berichtet Antonio seinem Commissario. »Seit zwei Wochen hat ihn keiner mehr in Mailand gesehen. Auch bei seiner Frau ist er nicht aufgetaucht. Sie wirkt mitgenommen, hält aber dicht. Ich glaube, er ruft sie ab und zu an, um sie zu beruhigen, aber ich bin mir sicher, dass sie sich eine Weile nicht gesehen haben.«
»Warum bist du dann so aufgeregt?«
»Weil seit gestern auch Chantal verschwunden ist. Wir dachten, sie wolle nur ins Zentrum zum Einkaufen wie immer, aber heute Nacht hat sie nicht zu Hause geschlafen. Sie muss abgehauen sein, um ihm nachzufahren.«
Nicolosi nickt und zeigt dem Beamten eine Reihe von ausgeschnittenen Zeitungsartikeln. Nationale Berichterstattung der letzten Tage.
»Er und sein Partner sind umgezogen.«
Antonio überfliegt die Überschriften: ein Dreißig-Millionen-Raubüberfall auf ein Pelzgeschäft in Rimini, fünfundzwanzig Millionen in bar in einer Filiale der Banca Commerciale in Bologna, Schmuck im Wert von achtzehn Millionen vom Juwelier in Salsomaggiore, fünf Millionen in bar aus der Zweigstelle der Banca di Risparmio von San Pietro in Vincoli in der Provinz Ravenna.
Die Beschreibung der Überfälle lässt wenig Zweifel. Niemand anderes als Lampis geht mit Maschinenpistole und Blumenstrauß hinein und lässt beim Hinausgehen ein paar Sprüche im Mailänder Dialekt zurück.
»Glauben Sie, sie fährt zu ihm?«
»Es gibt Dutzende Züge, die täglich in die Romagna fahren. Ich sage sofort den Kollegen in Rimini Bescheid.«
Nicolosis Riecher erweist sich als richtig, und zwei Tage später wird der Kriminelle an einem Strand bei Riccione gesichtet. Ein Stoßtrupp lokaler Carabinieri macht sich auf den Weg, unterschätzt aber entschieden Lampis’ Fähigkeiten. Denn trotz Badehose
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