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Milano Criminale: Roman (German Edition)

Milano Criminale: Roman (German Edition)

Titel: Milano Criminale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Roversi
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wieder mit seinen Kumpanen verrückt spielen. Und Antonio wird zur Stelle sein, um sich ihm entgegenzustellen. Wie immer.
    6
    Mailand ist eine Stadt der Kohle, abends beim Nachhausekommen sind die Kleider schwarz vor Ruß, außer vielleicht an einem Tag wie diesem, an dem es seit den frühen Morgenstunden regnet.
    Vandelli steht geschützt in der Vorhalle der Galleria und beobachtet die Passanten. Seitdem er das Becca verlassen hat, hat er sich ruhig verhalten. Lediglich an ein paar kleineren Dingern war er beteiligt seit seiner Geburtstagsparty, um nicht aus der Übung zu kommen, ein bisschen Kleingeld schadet nicht, außerdem ein anspruchsvollerer Bankraub zusammen mit Nina und Pinto auf ein Postamt im Viertel Crocetta. Zehn Millionen durch drei, genug für die Miete und sonstige Lebenskosten für mindestens ein Jahr.
    Alle Jobs mit Nylonstrümpfen über dem Kopf: Er hat seine Schuld bei Justizia beglichen und will sich nichts mehr anhängen lassen. Nun ist er ein einfacher freier Bürger, der durchs Zentrum spaziert. Es ist der Tag des heiligen Ambrosius, des Schutzheiligen Mailands. Trotz Kälte und Regen sind viele Leute unterwegs und flanieren wie er zwischen Dom, der Einkaufspassage Galleria Vittorio Emanuele II . und der Piazza della Scala umher, auf der schmuckbehängte Damen und elegant gekleidete Herren das berühmte Gebäude zur Opernpremiere betreten.
    Auch die Studenten sind da. Und natürlich die Bullen, bereits in Stellung. Eine wahre Flut von Sicherheitskräften, bei deren Anblick es Roberto kalt über den Rücken läuft. Klar, er hat nichts zu befürchten, aber an Uniformen wird er sich eben nie gewöhnen.
    Er mischt sich unters Volk und nähert sich einem Grüppchen von Studenten. Mit Politik scheinen sie nichts am Hut zu haben. Sie unterhalten sich über Frauen und was sie am Abend vorhaben. Als er genauer hinschaut, merkt er, dass es dieselben Leute sind, die man abends in Harry’s Bar an der Piazza San Babila antrifft. Er weiß, dass einer von ihnen normalerweise in einem roten Duetto herumkurvt, den er möglichst weit abstellt, wenn er demonstrieren geht: Wäre ja nicht so schön, den Wagen bei seiner Rückkehr als abgefackeltes Wrack vorzufinden! Seine maßgeschneiderte Jacke verbirgt er unter einem zerschlissenen Parka.
    Vandelli verzieht verächtlich den Mund und entfernt sich; er selbst trägt unter dem Regenmantel einen untadeligen dunklen Anzug von Caraceni, und dieses widerliche Kommunistengrün würde er nicht einmal dann anziehen, wenn er an die dazugehörigen Ideale glauben würde.
    Rhythmisch trommelt der Regen auf Santis Helm. Er ist nass bis auf die Knochen, und er friert. Seit zwei Stunden stehen sie hier wie Vollidioten und warten, bis die Herrschaften mit den dané in die Vorstellung geströmt sind.
    Seit etwa zwanzig Minuten versammeln sich vor ihnen auch Scharen von Studenten. Sie tröpfeln nach und nach aus Richtung der staatlichen Uni ein.
    Als er sieht, wer die Demonstration anführt, muss Antonio unwillkürlich lächeln. Giorgio Castelli, eingehüllt in einen schwarzen Mantel, mit Regenschirm und dem unvermeidlichen Megaphon.
    »Die Katze lässt das Mausen nicht.«
    »Allerdings«, stimmt Martinez zu. »Und schau dir an, wen er an der Hand hält.«
    Die Rothaarige schmiegt sich an den Anführer, und während sie in Richtung Platzmitte drängen, tauschen sie sogar einen Kuss, der keinen Zweifel an der Art ihrer Beziehung lässt.
    »Wart ihr dann wohl doch nicht revolutionär genug, Nicolò.«
    Der Agente antwortet nicht, doch Santi sieht, wie seine Fingerknöchel weiß werden, so fest umklammert er den Schlagstock. Als er wieder aufblickt, traut er seinen Augen nicht: »Was zum Teufel sucht Vandelli bei den Roten?«
    Der Junge vom Giambellino steht etwa zehn Meter entfernt. Jetzt sieht auch er ihn und grüßt ihn mit erhobenem Mittelfinger. Santi hebt zum Gruß den Schlagstock. Höflichkeitsbekundungen zwischen alten Freunden.
    Beider Aufmerksamkeit wird gleich darauf von Castelli abgelenkt, der sich mit dem Megaphon in der Hand von der Platzmitte aus an die still im Regen ausharrenden Polizisten wendet.
    »Ihr werdet euch fragen, warum gerade wir hier gegen die Zurschaustellung von Luxus protestieren, die in so krassem Gegensatz zu der Armut steht, in der die Mehrheit der Italiener leben muss, nicht wahr? Ganz einfach: Die Studenten solidarisieren sich mit dem Proletariat, das leidet und schuftet! Doch nun sind wir es, die euch fragen, was ihr hier tut. Ihr, die ihr

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