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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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Entfernung lief gerade eine der mächtigen Skandinavienfähren in den Travemünder Hafen ein. Majestätisch schob sich das Schiff voran und gab auf Höhe der Molenbefeuerung ein langes Sirenensignal ab.
   Klingt wie bei uns in Blankenese, ging es ihr durch den Sinn. Es war noch früher Vormittag und außer ihr waren in der Nähe nur drei weitere Schwimmer unterwegs. Als sie zurück schwamm und zum Strand in Richtung ihres Korbes sah, kniff sie die Augen zusammen. Sie sah, wie sich jemand an ihren Sachen zu schaffen zu machte. Sie erschrak, das konnte doch wohl nicht wahr sein!
   In Gedanken ging sie die Inventarliste ihrer Tasche durch: Geldbörse, Autoschlüssel, Papiere, Armbanduhr und Halskette. Ach Herrjemine! Ihr war klar, dass es zu lange dauern würde, bis sie den Strand erreichte.
   Sie rief laut und begann, so weit es beim Schwimmen möglich war, mit einem Arm zu winken. »Hallo! Achtung! Das sind meine Sachen, was machen sie da!«, rief sie, so laut es ihr möglich war. Die Gestalt drehte sich tatsächlich ihrem Rufen zu, ließ von ihren Sachen ab und ging schnell davon. Sie konnte noch sehen, wie sie in raschem Schritt die Treppen zur höher gelegenen Promenade nahm und verschwand.
   Panik stieg in ihr auf. Was, wenn die Sachen weg waren? Das war doch unglaublich! Jetzt waren auch einige andere Leute auf sie aufmerksam geworden. Sie waren anscheinend irritiert und wussten ihre Signale nicht richtig zu deuten. Ein großer, schlaksiger Mann kam in raschen Schritten ins Wasser gelaufen, tauchte mit kühnem Sprung in die Wellen ein und schwamm jetzt mit kräftigen Kraulstößen auf sie zu.
   Als er fast bei ihr war, konnte sie sein Gesicht erkennen. Besorgnis stand in seinen fragenden Augen.
   »Was ist los, haben Sie einen Krampf? Kann ich helfen?«
   »Nein, bei mir ist alles in Ordnung, ich habe nur gesehen, wie sich jemand an meinem Strandkorb zu schaffen machte. Ich wollte ihn mit meinem Rufen ablenken und verscheuchen. Weg ist er ja jetzt, aber ich fürchte, meine Wertsachen auch!« Keuchend bekam sie bei den letzten Worten noch einen kräftigen Schluck Salzwasser in den Mund und fing an, zu würgen und zu husten.
   Ihr Retter fasste sie von hinten an beiden Oberarmen und hielt sie, während sie hustete und hustete. Die Tränen stiegen ihr in die Augen; teils wegen der Hustenattacke, aber auch aus Ärger und Wut wegen dieses blöden Zwischenfalls. Sicher waren ihre Sachen jetzt futsch. Hoffentlich war das Auto nicht auch geklaut.
   »Beruhigen Sie sich bitte - ganz ruhig!« Ihr Retter hatte eine angenehm tiefe Stimme. Weil er sie jetzt von hinten stützend hielt, konnte sie ihn nicht ansehen, spürte aber seine kräftigen Hände an den Oberarmen. Sie beruhigte sich, konnte aber nicht verhindern, dass sie zu weinen begann. Auch das noch! Die ganze Situation wurde ihr jetzt mehr als peinlich.
   Am Strand waren jetzt noch mehr Menschen zusammengekommen, die die Rettungsaktion beobachteten und palaverten. Von der nahe gelegenen DLRG-Station tauchte jetzt im Laufschritt ein Retter mit einer signalroten Rettungsboje in der Hand auf und lief Ihnen entgegen.
   »Oh Gott, mir ist das so peinlich! Sie können loslassen, es geht schon wieder!« Sie fühlte, wie sich der Griff, der sie umklammert hielt, lockerte, und sie begann wieder selbständig zu schwimmen. Neben ihr zog mit ruhigen Stößen ihr Retter her. Sie sah die Spitzen seines gezwirbelten Schnauzbartes zittern. Er drehte sich ihr zu und sagte: »Seien wir froh, dass Ihnen nichts passiert ist. Das andere richten wir schon. Sie müssten auch gleich Grund unter den Füßen haben.«
   Richtig, jetzt konnte sie auf Zehenspitzen stehen, kam aber nicht voran und begann deshalb wieder zu schwimmen. Der DLRG-Mann kam ihr entgegen, er schien die Situation aber bereits richtig eingeschätzt zu haben und machte ein entspanntes Gesicht.
   »Alles okay?«
   »Ja, mit mir ist nichts, ich habe nur einen Dieb verscheuchen wollen, der sich an meinem Korb zu schaffen machte.«
   »Dieb? Ja, in der Tat, wir haben in der letzten Woche mehrere Diebstähle zu verzeichnen gehabt. Wir werden es gleich kontrollieren. Kommen sie erst einmal raus aus dem Wasser.«
   Der DLRG-Mann kehrte um und rief den Leuten am Strand zu, dass es nichts zu sehen gäbe. Es sei alles in Ordnung und niemand in Gefahr. Die Versammlung löste sich auf. Am Strand angekommen, von den beiden Männern begleitet, sah sie auf den ersten Blick,

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