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Milchmond (German Edition)

Milchmond (German Edition)

Titel: Milchmond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herfried Loose
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um über ihre eigene Traurigkeit nachzudenken. Sie wollte Jörg zur Seite stehen, und das würde sie jetzt auch tun, verdammt noch mal! Entschlossen kehrte sie zum Wagen zurück.
   »Na, hast du wieder deine Rückschau gehalten?«
   »Ja, das habe ich. Aber jetzt ist es für uns wichtig, nicht zurück, sondern nach vorn zu blicken. Wir haben eine wunderschöne Woche auf unserer Insel vor uns, und wir wollen jeden Tag genießen! Abgemacht?« Sie sah Jörg offen in die Augen, er nahm ihre Hände in seine.
   »Ja, das werden wir! Wir lassen es so richtig krachen, Schatz!« Er beugte sich zu ihr und küsste sie.
   Die stählerne Rampe, über die sie die Fähre verließen, rumpelte unter den Fahrzeugrädern. Ein letzter Ruck und sie hatten wieder festen Boden unter sich. Vor ihnen lag im Sonnenschein die vertraute Hafenkulisse von Wyk. Sie fuhren die wenigen Meter bis zum Parkplatz vor dem Fährenterminal.
   »Ich hole die Schlüssel von der Agentur. Willst du mitkommen oder soll ich dir noch eine Zeitschrift oder etwas anderes aus der Fußgängerzone mitbringen?«
   »Nein, geh nur allein, ich warte hier. Der Weg zur Agentur ist mir zu weit und erst den Rolli herauszuholen, lohnt doch nicht.«
   »Wie du willst. Ich beeil mich.«
   »Musst du nicht, nimm dir ruhig Zeit! Wir machen Urlaub.«
Die Sonne hatte ihren Zenit erreicht; Julia kramte geblendet die Sonnenbrille aus ihrer Tasche. Die Luft roch würzig und frisch. Auf dem Weg zum Stadttor schaute sie über die flache Betonmauer auf den Strand, wo Familien mit Kleinkindern vergnügt herumspielten.
  Nicht weit vom Ufer entfernt standen zwei Störche, die durch das seichte Wasser wateten, auf der Suche nach Fressbarem. Nur hier, auf Föhr, hatte sie jemals Störche im Meer stehen sehen und sie war jedes Mal erstaunt über den ungewohnten Anblick der seltenen Tiere.
   Sie hatte Glück - das Haus war bereits fertig gereinigt. Der freundliche Herr von der Agentur übergab ihr die Schlüssel und wünschte ihr einen schönen Aufenthalt.
    »Das sonnige Wetter soll die ganze Woche über anhalten, Frau Rosshaupt!«
   »Ja, vielen Dank! Eigentlich haben wir hier auf der Insel immer Glück mit dem Wetter, und falls es doch einmal regnet - das Haus ist so kuschelig, dann bleiben wir eben drinnen und machen es uns gemütlich.«
   »Ja, das stimmt. Die meisten Gäste, die das Haus kennen, kommen immer wieder, weil es so schön und so behaglich ist.«
   Julia nickte ihm grüßend zu und stand wieder in der belebten Fußgängerzone. Auf dem Rückweg zum Auto kaufte sie noch zwei dick belegte Krabbenbrötchen am Imbissstand, denn sie hatten auf der Fähre nichts gegessen, sondern waren am Auto geblieben.
   Beim näher kommen sah sie Jörg zunächst nicht. Sie blickte sich suchend um, dann machte sie ihn auf der anderen Straßenseite aus, wo er, auf der Strandmauer sitzend, telefonierte. Mit wem er wohl immer telefoniert?, wunderte sie sich im Stillen. Wenn sie ihn fragte, gab er an, dass es meistens Schüler oder Bandmitglieder waren, die ihm vordergründig Genesungswünsche zukommen ließen, aber eigentlich wissen wollten, wann und wie die Probenarbeit in der Bigband weitergehen würde. Er vertröstete sie dann immer auf unbestimmte Zeit. Schön, dass sie ihren Lehrer nicht so schnell vergaßen.
   Sie setzte sich neben ihn und reichte ihm ein Krabbenbrötchen. »Komm, wir setzen uns in den Sand und lehnen uns an die Mauer. Da ist es bestimmt warm und wir sind geschützt vor dem Wind.«
   Sie streiften die Schuhe von den Füßen und ließen sich von der Mauer hinab in den warmen Sand gleiten. Schulter an Schulter saßen sie nun im warmen Licht der Sonne, ließen verträumt den Sand durch ihre Zehen gleiten und verspeisten mit gutem Appetit den kleinen Mittagsimbiss.
Gedankenverloren sah Julia den Familien zu. Wehmut überkam sie beim Anblick der im Sand spielenden Kinder, und sie erinnerte sich ihres Traums von der eigenen Familie. Der schien nun ausgeträumt zu sein. Jörg verlebte seine letzten Wochen auf dieser schönen Erde und schickte sich an, zu gehen. Aber hatte nicht eigentlich sie ihn schon vor Wochen verlassen, noch bevor diese schreckliche Krankheit über ihn hereingebrochen war? Die Sache mit Tobias war wohl augenscheinlich auch zu Ende. Jeanette hatte ihr gestern anvertraut, dass sich Frau Sommer wieder bei Tobias gemeldet habe und auf Julias verständnislosen Blick hin, hatte sie hinzugefügt: »Na,

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