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Milchrahmstrudel

Milchrahmstrudel

Titel: Milchrahmstrudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler Jutta
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Köpfe über einen Bildband gebeugt, den ihnen der Bauer am Gunst ausgeliehen hatte.
    Kühe sämtlicher Rassen starrten Fanni von den Seiten des Buches entgegen. »Pinzgauer«, las sie als Überschrift zu einem Begleittext, »Landshorthorns« als Kopfzeile eines anderen.
    Sie stellte eine Schale mit Keksen neben den Wälzer auf den Tisch.
    Dann warf sie einen Blick in die Runde, registrierte befriedigt, dass die Küche ordentlich aufgeräumt und die Saftgläser der Buben gut gefüllt waren, und wandte sich Sprudel zu, der es sich auf dem Sofa in der Wohnküche bequem gemacht hatte. Auf einem niedrigen Schemel, der eigentlich als Fußstütze gedacht war, hatte er zwei Weingläser und eine Flasche Montepulciano d’Abruzzo bereitgestellt.
    Sie sah ihn fragend an. »Enigma?«
    Sprudel nickte ergeben. »Also gut, versuchen wir es halt.«
    Fanni lächelte, eilte in ihr Schlafzimmer, nahm den Spiralblock, den sie zwischen Roland Beckers CD s gefunden hatte, aus einem Seitenfach ihrer Reisetasche, kehrte zu Sprudel zurück und ließ sich mit Schwung neben ihn aufs Sofa fallen.
    Max und Ivo sahen für einen kurzen Moment irritiert von den Rindviechern auf.
    »Versuchen wir also, Rolands Privat-Code zu knacken«, sagte Fanni und schlug die erste Blockseite auf.
    » H . E . 2.6.09« stand wie eine Überschrift in der ersten Zeile. Die zweite und dritte Zeile waren freigelassen. Darunter befanden sich Kürzel und Zahlen:
    »So 500
    Ma 1000
    Pu 200
    Kon 400
    Pi 400«.
    Alle folgenden Seiten sahen ähnlich aus. Auffällig war, dass die jeweilige Überschrift manchmal ein Datum beinhaltete und manchmal nicht. Falls ein Datum dastand, sah es jedoch immer so aus, als wäre es später hinzugefügt worden.
    Sprudel seufzte hörbar. »Wie sollen wir jemals hinter den Sinn dieses Geschreibsels kommen? Solche Buchstaben-Zahlen-Kolonnen können ja alles Mögliche bedeuten, Einnahmen-Ausgaben-Aufstellungen, Bestelllisten …«
    »Was auch immer dahintersteckt«, erwiderte Fanni eindringlich, »es muss brisant sein. Warum in aller Welt hätte Roland die Notizen zwischen seinen CD s verstecken sollen, wenn sie nur die Ausgaben für seinen Haushalt betreffen oder … oder die Drehzahlen von Automotoren?«
    Sprudel prustete vernehmlich. Erneut blickten Max und Ivo irritiert von ihrem Buch auf.
    Fanni blätterte die Seiten des Blocks vor und zurück, starrte mal auf diese, mal auf jene, überlegte hin und her.
    Plötzlich wiederholte sie abwägend das zuvor von Sprudel benutzte Wort »Bestelllisten«.
    Sprudel zog fragend eine Braue hoch.
    »Es könnte passen«, murmelte Fanni.
    Sprudel wartete gelassen.
    Nach einer Weile fuhr sie fort: »Möglicherweise sagen uns diese Aufzeichnungen, dass Roland Becker von den Bewohnern der Katherinenresidenz Bestellungen entgegengenommen hat.«
    »Du denkst an Medikamente?«, sagte Sprudel.
    Fanni nickte. »Vielleicht hat Roland illegal mit irgendwelchen Beruhigungspillen oder Ähnlichem gehandelt?«
    Darüber dachte Sprudel lange mit geschlossenen Augen nach. Als Fanni schon meinte, er sei eingeschlafen, sagte er: »Müssten wir es dann nicht mit einem ganz anderen Mordopfer zu tun haben?« Er begann an den Fingern abzuzählen: »Roland Becker tätigt unerlaubte Geschäfte, der Pflegedienstleiter kommt ihm auf die Schliche, droht, ihn zu entlassen, vielleicht sogar, ihn anzuzeigen …«
    »Und Roland sieht keinen anderen Ausweg, als Erwin Hanno totzuschlagen«, schloss Fanni nüchtern. »Aber Hanno lebt, und Roland ist tot – besser gesagt: verschwunden.«
    Plötzlich fuhr sie zusammen. »Roland sieht keinen anderen Ausweg! Er sieht keinen anderen Ausweg, als seinen eigenen Tod zu inszenieren. Er schüttet sich Ketchup aufs Hemd, legt sich auf die Hintertreppe, stellt sich tot und wartet, bis jemand vorbeikommt. Nachdem er sicher ist, entdeckt worden zu sein, verdrückt er sich.«
    Sprudel starrte sie einen Augenblick verdattert an, dann rief er: »Fanni, das ist doch Unsinn.«
    Max und Ivo hoben die Köpfe, schauten sich an, nickten sich zu, nahmen Buch und Gläser und steuerten in Richtung ihres Schlafraums.
    Fanni rieb sich die Stirn.
    Sprudel nahm ihre Hand in die seine. »Warum sollte Becker seinen Tod vortäuschen, gleichzeitig aber Mitteilungen verschicken, die besagen, er befände sich auf der Zellerhütte? Und selbst wenn er aus weiß Gott welchen Gründen so was Verrücktes ausgebrütet hätte – nie im Leben hätte er davon ausgehen können, dass in einem Seniorenheim, wo ja wohl

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