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Milchrahmstrudel

Milchrahmstrudel

Titel: Milchrahmstrudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler Jutta
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ich bezweifeln, widersetzte sich Fanni. Eher dürfte ich in Vorhaltungen baden: »Wie konntest du nur so spät noch joggen gehen – als Frau und noch dazu allein?« Daraufhin würde Hans den gesamten Erlenweiler Ring rebellisch machen, eine Bürgerwehr organisieren, Stucks Onkel in Ketten legen oder was ähnlich Idiotisches.
    Fanni starrte durch die Scheibe, bis der helle Streifen verschwunden war. Stucks Onkel, überlegte sie dabei, von Beruf Hausmeister in der Katherinenresidenz, trieb sich also schon seit Tagen beim Dunkelwerden hier herum und erschreckte Leute. Weil ihn, der offenbar zu viel trank, Entzugserscheinungen plagten? Oder weil er den Auftrag hatte, Fanni Rot zu – beseitigen? Einzuschüchtern? Falls Letzteres zutraf, von wem kam dieser Auftrag?
    Sie lachte lautlos und ein bisschen irre. Keiner außer dem beschränkten Hausmeister wäre auf meinen dämlichen Trick mit dem Gartenteich hereingefallen.
    Plötzlich merkte Fanni, dass Hans sie schon eine Zeit lang abschätzend ansah.
    Er ist hin- und hergerissen! Einerseits lässt sich nicht verleugnen, dass du gelaufen bist, andererseits melden sich nun doch wieder Zweifel in ihm!
    Warum spricht er mich nicht einfach darauf an?, fragte sich Fanni unwillig. Glattweg ins Gesicht lügen würde ich ihm bestimmt nicht.
    Das weiß er!
    Lang wird sich eine Aussprache sowieso nicht mehr hinausschieben lassen, überlegte sie.
    Meinst du nicht, dass er auch das weiß?
    Warum schweigt er dann?, grübelte Fanni. Weil es schon bald elf ist? Zu spät für einen Prinzipienreiter wie Hans, folgenschwere Gespräche zu führen? Braucht es dazu frisch geschlüpfte Vormittagsstunden?
    Warum so zänkisch? Beginn die Aussprache selbst, wenn du sie jetzt haben willst!
    Fanni stieß sich vom Pfeiler ab und wandte sich zum Gehen. »Es ist schon spät. Bleibst du noch auf?«
    Hans Rot schüttelte müde den Kopf und begann, die Zeitung penibel zusammenzufalten.
    Fanni verzog sich ins Badezimmer. Während sie sich die Zähne putzte, meldete sich die Gedankenstimme wieder.
    Er hätte den Status quo gern beibehalten, Fanni. Aber er spürt wohl, dass sich in deiner Beziehung zu Sprudel etwas geändert hat. Du willst Sprudel, und du willst ihn auf andere Weise, als du ihn bisher wolltest!
    Fanni spuckte Schaum aus und nickte dabei.
    Ja, genau so war es, und sie schuldete ihrem Mann die Wahrheit. Wenn nicht heute, dann morgen. Hans hatte Offenheit verdient, denn auf seine Weise liebte er sie.
    Natürlich liebt er dich! Wenn er ein Talent zum Süßholzraspeln hätte, würde er an jedem Tag eurer Ehe zu dir gesagt haben: Fannilein, meine Liebe zu dir ist größer als …
    »Das Loch im staatlichen Haushalt«, vollendete Fanni leise den Satz.
    Fanni Rot, du bist sarkastisch, boshaft, ungerecht und vor allem undankbar! Wäre Hans nicht gewesen, dann hättest du mit deinen zwei unehelichen Kindern niemals so ein bequemes, sogloses Leben führen können!
    Fanni trat in die Duschkabine, warf die Tür hinter sich zu und drehte den Hahn auf.

13
    Während Fanni am nächsten Morgen die Betten aufschüttelte, das Badezimmer sauber machte und im Schlafzimmer Staub wischte, ließ sie die Kartoffeln im Wasser sieden und das Kraut im Schmortopf köcheln.
    An den meisten Tagen bereitete sie das Mittagessen schon morgens vor, sodass sie es später nur noch aufwärmen musste. Damit lief sie – falls etwas dazwischenkam – nicht Gefahr, die Mahlzeit zu spät oder halbgar auf den Tisch zu bringen, was Hans Rot beides nicht toleriert hätte.
    Mittwoch, der 30. Juni, dachte sie, als sie mit dem Wischtuch über das Display des Radioweckers fuhr. Genau heute vor einer Woche habe ich Roland Becker auf der Hintertreppe der Katherinenresidenz gesehen – augenscheinlich tot. Wo seine Leiche inzwischen wohl ist?
    Six feet under, würde ich sagen, gemeinsam mit Herrn Bonner. Außer du hast Rolands Leiche doch nur geträumt. Wenn es so ist, dann vergnügt er sich gerade irgendwo auf der Welt, hat Brief und Karte doch selbst abgeschickt. Wollte mit der Karte nur eine falsche Spur legen, falls sich eine der Schwestern in den Kopf gesetzt hätte, ihm zu folgen!
    Unsinn, dachte Fanni. Laut seinem guten Freund Jonas Böckl war er mit keiner so eng, dass sie alles hingeworfen hätte, um ihm nachzulaufen. Und warum hat Roland, wenn er verreisen wollte, kein Sterbenswörtchen zu Jonas gesagt und kein Wort zu seiner Vermieterin in dem Haus gegenüber vom Schloss?
    Die Gedankenstimme schwieg verschnupft.
    Fanni angelte ein

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