Miles Flint 01 - Die Verschollenen
und hörte ein Zischen, als, was immer in der Luftschleuse lauerte, aus dem Schiff herausgesogen wurde.
Dann öffnete sich die Tür zur Luftschleuse. Ekaterina schnappte nach Luft. Noch ein Schritt vorwärts. Sie trat ein, griff nach der Hauptluke und öffnete.
Sofort blickte sie in die Mündungen mehrere mehrschüssiger Polizeigewehre. Fünf Personen, alle in Schutzkleidung, die sie vor Schadstoffen bewahren sollte, richteten ihre Waffen auf sie. Ekaterina reckte die Hände in die Luft, um ihnen zu zeigen, dass sie nichts Böses im Schilde führte, und wich zurück.
»Bitte«, sagte sie. »Ich muss hier raus.«
»Noch nicht«, erwiderte jemand. Die Stimme klang durch den Schutzanzug gedämpft. »Sie waren nicht imstande, uns die Registrierdaten oder irgendetwas in der Art wie ein Schiffslogbuch zu geben. Wir wissen nicht einmal, ob Sie eine Ladung an Bord haben. Sie werden die Dekontamination durchlaufen müssen, und das Schiff darf nicht angerührt werden, bis HazMat es untersucht hat.«
»Das Schiff ist mir egal«, sagte sie. »Es gehört mir nicht. Bitte. Ich habe jemandem meine Geschichte erzählt. Die Rev haben die Crew. Ich habe Angst, dass sie mich auch holen werden. Alles, was ich will, ist weg vom Dock, weg vom Schiff.«
Eigentlich hatte Ekaterina niemandem ihre Geschichte erzählt, sondern den verschiedenen Leuten, die Kontakt zu ihr aufgenommen hatten, verschiedene Details berichtet. Aber sie versuchte, so widerspruchsfrei wie möglich zu erscheinen. Und in einem Punkt hatte sie einen Vorteil: Die Rev hielten nichts davon, Schuld aus dem persönlichen Umgang zu konstruieren. Wäre ihre Geschichte wahr, wäre die Crew tatsächlich von den Rev ins Visier genommen worden, so hätten sie die Passagiere an Bord gelassen – vielleicht mit einer Warnung.
Die Rev hätten das Schiff danach ins Schlepptau genommen, bis sie die Identifikationen überprüft hatten, um sich zu vergewissern, dass sie nicht belogen wurden. Danach hätten sie die Passagiere gehen lassen. Zu behaupten, sie hätte das Schiff eilends dort fortgebracht, ließ ihre Geschichte überzeugender erscheinen. Wenn die Rev keine Gelegenheit bekommen hatten, ihre I.D. zu überprüfen, könnten sie tatsächlich hinter ihr her sein.
Aber sollte sich jemand, der die Rev wirklich kannte, Zeit nehmen, über Ekaterinas Geschichte nachzudenken, dann würde er wissen, dass sie in irgendeinem Punkt gelogen haben musste. Die Rev hätten zuerst ihre Identität überprüft und dann erst die Verfolgung fortgesetzt.
»Es tut mir Leid, Ma’am«, sagte die Person vor ihr. »Vorschriften sind Vorschriften.«
»Gibt es keine Dekontaminationseinrichtung außerhalb des Docks? Bitte. Bringen Sie mich nur hier raus.«
Einer der HazMat-Leute hielt ein kleines Gerät hoch, das Ekaterina nicht kannte. Es knisterte, als er es an ihrem Körper entlangführte.
»Die vorläufige Kontaminationskontrolle zeigt keine Probleme auf«, erklärte die Person mit dem Gerät. »Bringen Sie sie in den interstellaren Wartebereich. Dort gibt es eine Dekontaminationseinrichtung, die nicht oft benutzt wird. Auf diese Weise ist sie raus aus dem Andockbereich.«
»Danke«, sagte Ekaterina.
Ein anderer HazMat-Mitarbeiter gab ihr einen Schutzanzug. »Legen Sie den an. Sie werden nicht das ganze Terminal kontaminieren, nur weil Sie sich Ärger mit den Rev eingefangen haben.«
»Ich habe keinen …«, fing Ekaterina an, verstummte jedoch sofort wieder. Sie hatte sich Ärger mit den Rev eingefangen. Egal, welche Geschichte sie auch erzählte, am Ende lief alles auf das Gleiche hinaus: Die Rev waren hinter ihr her.
Ekaterina faltete das dünne Material des Ganzkörperanzugs auseinander. Sie würde sich von diesen Leuten zur Dekontamination bringen lassen. Manchmal ließen die HazMat-Leute jemanden in der Dekontaminationskammer allein. Das wäre ihre erste Chance zur Flucht. Ekaterina würde warten, bis der Dekontaminationszyklus im Gange war, und dann würde sie verschwinden. Sie würden sie nicht als biologischen Risikofaktor verfolgen, sondern vielleicht nur als Flüchtige und vielleicht nicht einmal das. Ekaterina hegte den Verdacht, dass eine ganze Menge Leute bei der erstbesten Gelegenheit aus dem Hafen flohen.
Wenn sie alles richtig machte, würde es ihr vielleicht sogar gelingen, einen der Hochgeschwindigkeitszüge zu erwischen, die zwischen den Kuppeln verkehrten. Sie konnte sich irgendwo im Hafen einen Teil ihres Guthabens auszahlen lassen, und niemand würde je erfahren,
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