Miles Flint 03 - Die Tödlichen
Mistkerl, den sie so sehr gehasst hat?«
Ich wusste nicht, wo ich sonst hingehen sollte, hatte Carolyn gesagt.
Flint nickte.
»Ich dachte, sie wäre gern hier gewesen«, fuhr Taylor fort. »Aber was weiß ich schon? Sie hat mir nicht mal ihre Bar überlassen. Verdammt noch mal, sie hat mir nicht mal erzählt, dass sie wegwollte.«
Flint studierte das Bild. Es sah so falsch aus und so alt, und doch wirkten die Gesichter, die ihn aus dem Foto heraus anstarrten, so unglaublich jung.
»Und jetzt hat sie Sie hergeschickt, weil sie Neuigkeiten für mich hat?«, fragte Taylor, und Flint konnte die Hoffnung in seiner Stimme hören. Es war die gleiche Hoffnung, die Carolyn zu unterdrücken versucht hatte, als dieser Mann gerade zehn Jahre alt gewesen war und sich nach einer Mutter gesehnt hatte.
Flint hatte dergleichen schon früher erlebt, als er noch Polizist gewesen war. Würde er Taylor jetzt von Carolyn erzählen, so würde er nichts mehr aus dem Mann herausbekommen. Er musste die Neuigkeit zurückhalten, bis er seine Fragen losgeworden war.
»Lassen Sie mich Ihnen erst ein paar Fragen stellen«, sagte Flint. »Danach erzähle ich Ihnen, was los ist.«
Taylor lehnte sich zurück, und der wachsame Ausdruck erschien wieder in seinem Gesicht. »Was wollen Sie?«
»Nur ein paar Antworten, weiter nichts«, sagte Flint. »Ist Ihnen hier in der Gegend irgendjemand aufgefallen, vielleicht zu der Zeit, als Ihre Mutter abgereist ist? Ein Fremder?«
»Sie kennen New Orleans nicht besonders, was? Hier ist jeder fremd.«
»Dann eben jemand, der irgendwie auffallend war«, sagte Flint, und als Taylor den Mund aufklappte, offensichtlich um zu wiederholen, was er gerade erst gesagt hatte, fügte er hinzu: »Auch für die Verhältnisse von New Orleans, meine ich.«
»Nein«, sagte Taylor. »Aber ich hatte nie viel mit Mama zu tun. Niemand würde zu mir kommen, wenn er was von ihr will.«
Aber vielleicht zu seinem Vater, was Flint allerdings nicht laut aussprach. Er wollte Taylor nicht aufschrecken.
»Was ist mit anderen Gründen? Irgendwas, was nicht alltäglich war.«
Taylor schüttelte den Kopf. »Wie kommt’s eigentlich, dass Sie immer noch hier sind? Sie haben sie doch gefunden und alles.«
Flint seufzte. Das war exakt die Frage, die er nicht beantworten wollte und doch beantworten musste, auch wenn das theoretisch nicht seine Aufgabe war.
»Können wir uns irgendwo setzen?«, fragte er, den Blick gezielt vom Wohnbereich abgewandt. »Irgendwo, wo wir es bequem haben?«
»Die Neuigkeiten werden mir nicht gefallen, was?«, fragte Taylor.
»Nein«, sagte Flint. »Das werden sie nicht.«
Und ihm gefiel nicht, sie weitergeben zu müssen. Vollständig. In Taylors nicht minder schmuddeliger Küche im hinteren Teil seines baufälligen Hauses.
51
D rei Stunden, nachdem die Beben geendet hatten, kehrte das Licht wieder mit voller Stärke zurück. DeRicci war nie in ihrem Leben so froh gewesen, etwas zu sehen.
Ihre Freude über das wiederhergestellte Licht gehörte zu den wenigen Emotionen, die sie sich gestatten mochte. Sie wusste, würde sie zu sehr über all das nachdenken, würde sie es an sich heranlassen, so wäre sie nicht mehr imstande, ordnungsgemäß zu funktionieren.
Und in den letzten drei Stunden hatte sie so gut wie alle anderen Mitarbeiter ihrer Abteilung funktioniert.
Sie hatte Möbel wieder aufgerichtet, hatte Verwundeten in einen sicheren Korridor geholfen, in dem sie, sollte wieder etwas umfallen, nicht verletzt werden konnten, und sie hatte vergeblich versucht, ihre Linkverbindung wieder instandzusetzen.
Die Aufzüge waren außer Betrieb, und sie konnte nicht ins Treppenhaus gelangen, weil die Schlösser, die dazu angetan waren, nur die richtigen Leute hereinzulassen – Leute von höherem Rang als sie –, ihren Dienst zusammen mit den Links eingestellt hatten.
DeRicci konnte nicht einmal mehr irgendjemanden darüber informieren, dass es im fünften Stockwerk Verwundete gab. Vermutlich gab es überall im Haus Verwundete, aber die Vorschriften für den Notfall verlangten von ihr, jemanden über die Lage auf ihrer Etage zu informieren, und das konnte sie nicht.
Glücklicherweise schien keiner der Leidtragenden allzu schwer verletzt zu sein.
Dummerweise konnte sie innere Verletzungen nicht ausschließen, und das machte ihr am meisten zu schaffen.
Als nun also das Licht wieder normal funktionierte und die Umweltkontrolle wieder arbeitete, überprüfte DeRicci als Erstes ihre Links.
Sie
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