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Miles Flint 05 - Paloma

Miles Flint 05 - Paloma

Titel: Miles Flint 05 - Paloma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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gar nicht haben. Ihm war mehr an einer Ausrede gelegen, die es ihm gestattete, sich ein wenig in den Büros umzuschauen. Er wollte sich ein Bild machen, wie es in der wohlhabendsten Kanzlei der Stadt aussah.
    Ein Lageplan legte sich über das Blickfeld seines linken Auges, ausgestattet mit Anweisungen in diversen Sprachen und kleinen Fußspuren, die ihm zeigen sollten, wohin er zu gehen hatte. Ein weiteres Bild, größer als die Karte, folgte dem ersten und forderte ihn auf, eine Sprache auszuwählen.
    Wäre es nach ihm gegangen, hätte er gar nichts getan, doch das System ließ ihn nicht so einfach davonkommen. Er hatte noch nicht mehr als einen Schritt gemacht, als auch schon ein Alarm in seinem Schädel losging.
    Normalerweise hätte er ihn einfach ignoriert und wäre blindlings weitergestolpert, aber in den letzten vierundzwanzig Stunden hatte er bereits mehr als genug invasive Geräusche über sich ergehen lassen müssen. Und obwohl seine eigenen, persönlichen Systeme den Gehörschaden hatten reparieren können, befand er sich in diesem Punkt auf wackeligem Boden. Ein Übermaß an Lärm würde ihm Kopfschmerzen einbringen, die er jetzt wirklich nicht brauchen konnte.
    Erwählte Englisch, nur um der Verschrobenheit willen, und sämtliche anderen Sprachen wurden ausgeblendet. Die blöden Fußabdrücke allerdings nicht.
    Wenigstens konnte er etwas sehen. Die Karte war raffiniert genug, die Dinge, die er sah, dazu zu nutzen, ihm den Weg zu weisen.
    Das Erdgeschoss des Gebäudes vermittelte den Eindruck einer Lobby, war aber keine. Zwar gab es Holztische mit sorgsam im Kreis angeordneten Stühlen, die von etwas, das ganz so aussah wie echte Pflanzen, voneinander getrennt wurden, aber niemand saß auf den Stühlen. Ein Schreibtisch im Hintergrund, an dem vor zwei Jahrzehnten vermutlich eine Empfangsdame gesessen hatte, war leer, abgesehen von einem weiteren Androiden, dieses Mal mit weiblichen Zügen und unnötig großen Brüsten.
    Umgeben von ein paar Pflanzen saßen Menschen in Businessanzügen an Einzelplatzschreibtischen, beugten sich über Bildschirme oder hielten mobile, durchsichtige Schirme in den Händen. Die kleinen Füße auf der Karte schickten ihn um diese Tische herum – Tische, die ein durchschnittlicher Besucher vermutlich gar nicht sah –, aber Nyquist gestattete sich einen Fehltritt, ignorierte die Mahnzeichen, die vor seinem linken Auge aufblitzten, und nickte, als er die Tisch-Stuhl-Kombinationen passierte.
    Die Leute fluchten, als er vorbeiging. Ein paar von ihnen drückten die durchsichtigen Schirme an ihre Brust, als wollten sie verbergen, was auf ihnen zu sehen war, obwohl die Schirme dunkel geworden waren. Andere musterten ihn finster, und eine Frau schüttelte mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen den Kopf. Sie hatte begriffen, was er getan hatte – die Arbeit gestört und das Büro begutachtet –, und ein Teil von ihr war offensichtlich auf seiner Seite.
    Als Nyquist das andere Ende des Stockwerks erreicht hatte, blieb ihm jedoch keine andere Wahl mehr, als sich an die Karte zu halten. Keiner der normalen Fahrstühle führte zu Wagners Büro, nur ein ganz spezieller mit einem besonderen Zugangsschlüssel konnte ihn dorthin bringen.
    Er passierte eine Reihe lumpig gekleideter Männer, die alle auf hölzernen Stühlen saßen, als warteten sie darauf, dass irgendjemand auf sie aufmerksam wurde, und ging auf den Lift zu. Einer der Männer streckte die Hand nach ihm aus und verzog gleich darauf das Gesicht, als hätte ihn etwas – vermutlich etwas Internes – aufgehalten.
    Nyquist musterte den Mann mit dem rechten Auge und verglich das Bild, das er so erhalten hatte, mit den neuesten Daten der Verbrecherdatenbank. Dieser Mann war nicht darunter, aber er sah aus wie ein Kopfgeldjäger, der Ärger mit der Polizei von Glenn Station hatte, weil er nach einer besonders harten Rückführung eines gefährlichen Verschwundenen das dreifache Honorar verlangt hatte.
    Nyquist schüttelte den Kopf, um seinen Widerwillen kundzutun. Ein Kopfgeldjäger, der genug Geld hatte, für seine Verteidigung die Dienste von WSX in Anspruch zu nehmen, hatte vermutlich all seinen Kunden grundsätzlich zu viel in Rechnung gestellt.
    Der Fahrstuhl, der ihn zu Wagners Büro bringen sollte, war recht beeindruckend. Als die vergoldeten Türen aufglitten, offenbarten sie eine verspiegelte Plattform, und als er auf den Spiegel trat, verschwand die Karte vor seinem Auge. Nun hatte er keine Übersicht mehr über die

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