Miles Flint 05 - Paloma
Er umfasste sie so fest, dass er sich fragte, ob sie überhaupt noch atmen konnte.
Das Dock hinaufzulaufen dauerte eine Ewigkeit. Der Boden war schlüpfrig. Inzwischen heulten Sirenen. Lichter blinkten, machten es schwer, irgendetwas zu erkennen. Eine androgyne Stimme kündigte irgendetwas an, doch er konnte nichts verstehen. Seine Ohren hatten wunderbar funktioniert, als Zengotita mit ihm gesprochen hatte (oder nicht? Hatte er nur geraten, was sie gesagt haben mochte? Weil es das war, was er unter diesen Umständen gesagt hätte?), aber nun klingelten sie, und andere Geräusche übertönten die menschlichen Stimmen.
Beinahe hätte er das Gleichgewicht verloren. Er streckte die Hand aus und fing sich an einer Mauerecke ab. Auch die fühlte sich schlüpfrig an, doch vielleicht war seine Haut auch nur von irgendeiner schleimigen Substanz überzogen.
Biochemischer Schleim – war das nicht der Begriff, der in Palomas Wohnhaus genannt worden war? War das damit gemeint?
Aber dort hatte es keine Explosion gegeben, nicht wahr?
Irgendwie schaffte er es bis zum Türrahmen und lehnte sich erschöpft dagegen, Zengotita noch immer in den Armen haltend. Er sah sie an. Ihre Augen waren weit offen. Sie blinzelte nicht, aber er konnte spüren, dass sie atmete. Sie starrte zu der Raumjacht hinüber.
Auch er sah sich um.
Die Taube warimmer noch intakt, abgesehen von der Hauptluke, die explodiert war. Im Inneren konnte er Licht erkennen, so zumindest schien es ihm. Die Luft war angefüllt mit einem roten Nebel, der sich über alles legte und sich offenbar nicht lichten wollte.
Natürlich nicht. Die Umweltsysteme waren deaktiviert worden, eine Sicherheitsmaßnahme für den Fall, dass innerhalb des Terminals irgendwelche giftigen Stoffe freigesetzt würden. Die Theorie lautete, dass giftige Substanzen bei abgeschalteten Umweltsystemen nicht auf den Rest des Hafens übergreifen könnten.
Aber die Taube hatte hier unbenutzt herumgestanden, seit Wochen, vielleicht seit Monaten. Wer wusste schon, was sie freigesetzt haben mochte?
Er blinzelte. Etwas Schmieriges rann über seine Wangen, doch er wischte es nicht weg. Stattdessen lockerte er seinen Griff um Zengotita. Sie blieb neben ihm stehen. Ihre Leute lagen über den Boden verteilt, die Bots waren zerstört.
War die Explosion so heftig gewesen? Er war nicht sicher. Aber er wusste, dass die Frau – die einzige Angehörige des Teams, die das Schiff freiwillig betreten hatte – dies nicht überlebt hatte.
Was sonderbar war, denn Flint war erst vor Stunden unbehelligt an Bord gewesen. Flint, der kurz zuvor erfahren hatte, dass Paloma tot war.
Flint, der zuerst an Bord seines eigenen Schiffes gegangen war.
Um Zubehör zu besorgen?
Hatte Miles Flint, ehemaliger Space Traffic Officer, ehemaliger Detective im Dienst der Stadt Armstrong, eine Falle installiert, die jeden umbringen musste, der an Bord der Taube ging?
War er so skrupellos?
War er so verzweifelt?
Nyquist wusste es nicht, aber er musste es herausfinden – und zwar schnell.
26
D er Datenabruf dauerte lange.
Aus irgendeinem Grund hatte Flint angenommen, es würde nur ein paar Sekunden dauern. Doch das HazMat-Team war inzwischen bereits fünfzehn Minuten lang an Bord, und er wartete immer noch.
Wenigstens war Wagner weg. Er war buchstäblich davongestampft und hatte mit seinen Schritten den Boden zum Beben gebracht. Van Alen hatte neben Flint gestanden und leise gekichert.
»Das ist seine Art, seine Wut zu demonstrieren«, sagte sie. »Nicht seine beste Rolle, aber mir gefällt sie ganz besonders gut.«
»Hört sich an, als hätten Sie schon einige Zusammenstöße hinter sich«, sagte Flint.
»Genug«, entgegnete sie. »Und jeder einzelne ist denkwürdig.«
»Sie sind hervorragend mit ihm zurechtgekommen«, stellte Flint fest.
»Wir«, korrigierte van Alen. »Sie haben ihn überrascht. Es gibt nicht viele Leute, die das tun.«
»Dachte ich mir.« Flint stierte auf die Tür. Wagner hatte ihn auch überrascht, als er mit einem Richter aufgetaucht war, bereit, sich des Problems auf der Stelle und außerhalb eines Gerichtssaals anzunehmen.
»Ich möchte trotzdem, dass Sie wissen«, sagte van Alen sehr sanft, »dass weder Justinian noch Richter Antrium etwas von dieser kleinen Tücke des Gesetzes weiß. Der Richter ist zufrieden abgezogen, überzeugt, dass wir ehrbare Bürger sind. HätteJustinian gewusst, was hier wirklich vor sich geht, dann hätte er sich einen anderen Richter gekauft, und alles wäre
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