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Mimikry

Mimikry

Titel: Mimikry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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Zeitvertreib. Den größten Spaß bringt allerdings die Telefonseelsorge. Schon wenn man denen in den Hörer keucht, fragen die: Fällt es Ihnen so schwer, zu sprechen? «Er lachte. »Und das muß ich Ihnen jetzt erzählen, weil ich zufällig Tür an Tür mit der Bischof gewohnt habe?«
    Ina Henkel sah an seinem Regal hoch. Videos in den oberen Reihen, beschriftet und so ordentlich aneinandergereiht, daß keine Kante hervorstand. Merkwürdige Titel und Abkürzungen. »Haben Sie Mosbachs Show mal aufgenommen?«
    »Aufgenommen?« Hilmar kicherte. »Dazu sind mir meine Bänder zu schade.«
    Sie nahm das Foto vom Boden; Martin Fried guckte in die Kamera, fast konnte man sehen, wie er schwitzte. »Er wurde mit einem Mann gesehen, der Ihnen ähnelt. Wir können eine Gegenüberstellung machen, das« – sie räusperte sich – »wäre möglich.«
    »Der ist nicht mein Typ«, sagte Hilmar. »Der kann gar nicht mit mir gesehen worden sein, wer sagt denn das?«
    Stocker wippte auf den Zehenspitzen. »Haben Sie ihn mit Frau Bischof gesehen?«
    »Nein.«
    »Vor ihrer Tür?« fragte Ina Henkel. »Wenn man durch den Spion guckt, sieht man –«
    »NEIN.« Hilmar schlug die rechte Faust in die linke Handfläche, drei-, viermal ein klatschendes Geräusch. »Nein heißt nein. Was denken Sie sich eigentlich? Sie kommen zu mir wegen der Bischof, Sie kommen zu mir wegen dem da –«
    »Informationen«, sagte Stocker. »Falls Sie diesen Mann gekannt oder ihn auch nur gesehen haben, würde uns das helfen. Sie fühlen sich immer gleich so angegriffen. Julia Bischof haben Sie ja auch gekannt, da ist es ganz normal, daß wir ein bißchen drüber hören wollen.«
    »Gekannt?« Hilmar verdrehte die Augen. »Ich hab die nicht gekannt, die war meine Nachbarin. Kennengelernt, wenn Sie so wollen, habe ich sie vorm Fernseher. Sie hat ja dafür gesorgt, daß das ganze Land sie kennenlernt.«
    »Zeigen Sie uns doch mal was.« Ina Henkel zog ein Video aus dem Regal, es war mit MM 3 beschriftet.
    »Ach nein.« Hilmar lachte. »Jetzt möchte sie eine kleine Party. Darf sie das schon sehen?« Er riß ihr das Band aus der Hand und schob es in den Recorder. Zwei Männer, nur mit Stiefeln bekleidet, einer leckte den anderen.
    »Schön«, sagte Stocker. Ina Henkel hob die Schultern, Hilmar sah sie an und fragte: »Niedlich?«
    Sie reichte ihm das nächste Video, beschriftet mit MM 1.
    »Sie kriegt nicht genug.« Hilmar legte den Kopf schief. Zwei Männer in Stiefeln, mit Gesichtsmasken. Im Hintergrund eine Arie. » Igittigitt « , krähte er. »Tut mir leid, Süße, aber zwischen Himmel und Erde gibt es –«
    »Wissen Sie was«, sagte sie. »Ich war mal bei der Sitte, ich glaub, ich hab in meinem Leben mehr Pornos gesehen als Sie. Was heißt MM? «
    »Na, das greift jetzt tief in den Datenschutz ein, aber ich sag’s Ihnen trotzdem: es bedeutet, wenn ich mich recht erinnere, Michael und Markus. Flüchtige Bekannte.«
    »Ja. Sehr flüchtig.«
    Er lachte. »Was dachten Sie denn? Menschen bei Mosbach? Ihre Kombinationsgabe mutet – wie sagt man –«
    »Das hier.« Auf dem nächsten Video stand Sturmvögel. Stocker schüttelte den Kopf, ganz leicht, aber tadelnd, egal. Bei der Sitte hatte sie in einer Wohnung Kinderpornos gesehen, die in Hüllen mit der Aufschrift Lindenstraße steckten. Sie wußte nicht mehr, wonach sie eigentlich suchte.
    »Sie haben tatsächlich nichts zu tun.« Hilmar verschränkte die Arme. »Dann schieben Sie es auch bitte selber rein, ich bin doch nicht blöd.«
    Vögel auf dem Wasser, Schwenk, Vögel in der Luft. Eine Stimme aus dem Off: »Ahmen nichtwehrhafte Tiere Aussehen und Verhalten von wehrhaften nach, um sich zu schützen, nennt man dieses Phänomen Mimikry. So studieren die Kermadecs, eine von vielen Arten der Sturmvögel, das Verhalten großer Raubmöwen, die sie dann imitieren, um der Verfolgung zu ent –«
    Sie drückte die Stoptaste. »Na schön.«
    »Sehen Sie, meine Süße, das ist der Bogen vom Vögeln zu den Vögeln.« Hilmar nahm das Band aus dem Recorder. »Ich bin Biologe.«
    »Ja, das haben Sie schon mal gesagt.« Sie schob die Hände in die Jackentasche.
    »Ich arbeite im Zoo.« Er kicherte.
    »Na gut.«
    »Gar nicht gut. ABM.« Er legte die Videos in die Hüllen zurück. »Was wäre denn bewiesen, wäre da jetzt der hübsche Mosbach drauf gewesen?«
    »Daß Sie gelogen hätten.«
    »Das Wasser muß Ihnen aber bis zum Hals stehen. Wobei Sie natürlich nicht wissen, was ich sonst noch für nette Aufnahmen habe.«

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