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Mimikry

Mimikry

Titel: Mimikry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Paprotta
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auf.«
    »Das interessiert mich. Ich hänge es ja nicht ans schwarze Brett. Ich schreibe es auch in keinen Umlauf. Nein, ich frage mich nur – großer Gott, Sie haben den vernommen. «
    »Und konnte ihn gleich wieder nach Hause schicken, das wissen Sie genau.«
    »War der das nicht, bei dem Sie die Handschellen nicht zugekriegt haben? War der so aufregend?«
    »Der war das nicht. Wann brauch ich schon mal Handschellen.«
    »Da kichert ja die ganze Abteilung drüber, daß Sie die Handschellen nicht zukriegen.« Er sah aus dem Fenster. »Ich seh den noch da sitzen, ist doch noch gar nicht lange her. Und dann?«
    »Dann hab ich ihn untern Schreibtisch gezogen, haben Sie das nicht mitgekriegt?«
    »Haben Sie den vorher schon gekannt? Vor der Vernehmung?«
    »Nein.«
    »Ja, und dann?«
    »Passen Sie auf.« Sie klappte das Handschuhfach auf. »Lassen Sie mich einfach in Ruhe, ja? Ich frag Sie ja auch nicht nach Ihrer Frau.«
    »Das ist etwas anderes, mit meiner Frau kann ich essen gehen, ohne daß ich Angst haben muß, es sieht uns ein Kollege oder irgendein anderes Exemplar und das hat dann vielleicht fatale Konsequenzen.« Stocker beugte sich vor und klappte das Handschuhfach wieder zu.
    Sie zerrte an ihrem Gurt, ließ ihn vor- und zurückschnappen. »Sie haben da wohl diese Vorstellung, der wäre in der gesamten Ober- und Unterwelt bekannt, für was halten Sie den eigentlich?«
    »Autodiebstahl. Drogen. Seine merkwürdigen Kontakte.«
    »Der ist sein Leben lang verarscht worden. Hatte ’ne blöde Clique damals, die haben ihn –«
    »Rührend!« Stocker lachte. »Das arme Kerlchen. Auf den schlechten Weg geführt! Na, da sind Sie ja jetzt Balsam.«
    »Weiß nicht. Ich mach keine Sozialarbeit mit ihm.«
    »Unglaublich.«
    »Ja, er hat wegen Autodiebstahl gesessen. Hat Pillen gedealt und hat dafür gesessen, ja, ja. Wissen Sie was, die Wirte in den Kneipen sitzen nie. Meine Mutter kriegt jeden Monat von ihrem Arzt ein Valiumrezept, der sitzt auch nie, also bitte, was ist das denn?«
    »Das ist eine einfältige Argumentation. Klischeedenken.«
    »Nein, das stimmt.«
    »Meine Güte.« Er schüttelte den Kopf. »Sie könnten weiß Gott andere haben.«
    Sie drehte das Fenster ganz herunter. »Was wollen Sie denn, der gehört zur S-Klasse.«
    »Heißt?«
    »Süß und sexy. Und so weiter.«
    Er schnaufte. »Hübsch ist nicht alles. Sie leiden ja unter Geschmacksverirrung.« Eine Weile sah er aus dem Fenster, ein Radfahrer streckte fünfzig Meter vor der Kreuzung schon den Arm aus. »Komplett unter Geschmacksverirrung. Sie sollten, meine ich, wieder jemand Festes – es scheint mir ja nicht so, als hätten Sie keine Auswahl. Das ist besser in diesem Job.«
    »Ah ja, super. Dauernd Schichtdienst, dann komme ich kaum noch vor neun, zehn nach Hause, wenn überhaupt, dann gibt’s das große Gegreine, dann fühlen sie sich mißhandelt, weil man nicht beikommt und außerdem – ich meine, das ist ja nicht nur mit den Kerlen so, dauernd muß ich irgendwas absagen. Will ich mit Leuten essen gehen, kommt was dazwischen, kann ich nicht, dann will ich mit meiner Freundin ins Kino, muß absagen, irgendwann melden die sich gar nicht mehr.«
    »Meiner Frau gefällt das auch nicht«, sagte er. »Aber sie wird es wohl akzeptieren. Wenn die sich über Ihren Job beschweren, dann haben Sie die falschen Männer gehabt.«
    »Sicher, Sie müssen’s wissen. Sie wissen ja alles. Das ist aber normal, ich meine, ich beschwer mich ja auch, wenn einer dauernd Nachtschicht hat.«
    »Was, der Czernitzki? Sie sind verrückt.«
    Sie tastete im Handschuhfach nach einer Kassette, ließ sie liegen. »Das einzig Gute, wenn man mit einem Kerl zusammenlebt, ist, daß man gleich einen da hat, wenn man einen braucht.«
    Er drückte das Handschuhfach wieder zu. »Meinen Sie das jetzt sexuell?«
    »Doch, schon.«
    »Ah so.« Er sah ihren Fingern zu, wie sie sich streckten und zur Faust ballten und wieder streckten. »Ich sehe das nicht so. Es bringt Ruhe ins Leben –«
    »Allerdings.«
    »Es bringt Ruhe ins Leben, wenn eben noch andere Dinge – also beispielsweise kann man mit jemandem reden, ohne groß was erklären zu müssen. Man kann sozusagen abends da anfangen, wo man morgens aufgehört hat, verstehen Sie? Mit Reden, meine ich.«
    Sie zog am Ausschnitt ihres T-Shirts. »Die quasseln über sonst was, wollen wissen, was denn los ist und kriegen es einfach nicht auf die Reihe, daß man vielleicht –«
    »Was?«
    »Was weiß ich – nicht essen gehen will, wenn

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