Mir verspricht dein Name Liebe
Gesicht wehen. Sie ritt an dem Dorf vorbei und bewunderte wie immer, wie malerisch der Ort im Tal gelegen war. Von sanften Hügeln umgeben, gruppierten sich die alten Bauernhäuser am Bach entlang. Das Wasserrad der alten Mühle wurde durch das rauschende Wasser angetrieben. Heutzutage war dieses windschiefe Gebäude nur noch eine Touristenattraktion, aber früher war die Wassermühle eines der wichtigsten Häuser der ganzen Umgebung gewesen und hatte zum Gut Barlinghausen gehört.
Der Hahn auf dem hohen Kirchturm drehte sich im Wind. Die schöne, gut erhaltene, mittelalterliche Kirche beherbergte eine kostbare Barockorgel. Auch deswegen fanden sich im Sommer viele Besucher in dem Dorf ein. Aber heute Morgen waren die Gässchen noch leer.
Wie sehr liebte die Baroness ihre Heimat! Der Gedanke, sie bald verlassen zu müssen, tat ihr im Herzen weh. Und schon war sie wieder in Gedanken bei dem Gut und dem Fürsten angelangt.
Sie würde ihr Vaterhaus auf jeden Fall verlassen müssen. Wenn sie den Fürsten doch heiraten müsste, würde sie ihm sicherlich auf seinen Stammsitz in Mecklenburg folgen. Und wenn der Fürst sie frei gab, könnte sie auch nicht hier bleiben, wie ihr erst jetzt bewusst wurde. Natürlich würde sie mit Tristan bis ans Ende der Welt laufen, wenn es sein musste! Ihre unerschütterliche Liebe zu diesem jungen Mann wog tausendmal schwerer als ihre Heimatliebe! Aber traurig machte es sie schon, wenn sie an den bevorstehenden Abschied dachte.
Erst jetzt bemerkte sie, wie sehr sie seit ihrem Entschluss, mit Mark von Kornwallenburg zu reden, wieder auf ein eigenes Liebesglück mit ihrem Geliebten gehofft hatte. Und wenn diese Hoffnung endgültig sterben müsste? Isolde schüttelte heftig den Kopf bei diesem Gedanken. Das durfte sie jetzt nicht denken! Nein, sie würde kämpfen für ihr Glück! Und in diesem Augenblick sehnte sie den Fürsten innig herbei, damit sie endlich frei sein konnte.
Kapitel 20
Melina und Gerro saßen in einem Café in der Nähe der Universität und unterhielten sich angeregt über ihre Freunde. Gerro hatte die junge Frau telefonisch dringend um eine Unterredung unter vier Augen gebeten, weil er sich große Sorgen um das Seelenheil seines besten Freundes machte.
Natürlich war dieser Grund schwerwiegend genug für Melina, zu Hause alles stehen und liegen zu lassen und nach Hamburg zu eilen. Ausschlaggebend war allerdings ihre eigene, heimliche Sehnsucht nach diesem liebenswerten jungen Mann gewesen. Sie waren sich durch ihre enge Zusammenarbeit in der Bibliothek sehr nahe gekommen. Auch im wörtlichen Sinn. Aber er hatte sie noch nicht geküsst. Warum nicht? Sie konnte es sich nicht erklären.
Im Laufe dieser zwei Wochen auf Gut Horsten hatte Melina mit Freude festgestellt, dass Gerro und sie so viele gemeinsame Interessen hatten. Es kam ihr fast vor, als seien sie Seelenzwillinge. Ihr Herz sehnte sich nach ihm, nach seinem Humor und seiner Fürsorge.
Und nun saßen sie beide da mit strahlenden Augen und sprachen von Tristan und Isolde, anstatt sich endlich ihre Liebe zu gestehen und Pläne für eine gemeinsame Zukunft zu machen. Melina hatte für diesen köstlichen Augenblick ihrer Mutter sogar eine Notlüge erzählt. Nun, sie hatte höchstwahrscheinlich längst durchschaut, dass es ihrer Tochter mehr um Gerro von Winterfeld ging als um Isolde und Tristan.
Was könnte sie nur tun, um Gerro aus der Reserve zu locken, fragte sich Melina bekümmert. Isolde hatte sie Mut zugesprochen beim Kampf um ihr Lebensglück! Und nun saß sie selbst brav da und wartete, dass Gerro den ersten Schritt machte. Was war sie doch dumm und feige! Sie sollte sich doch einfach zu Gerro rüber beugen und diesen Männermund endlich küssen.
Aber was, wenn sie sich seine Liebe zu ihr nur einbildete? Wenn sie sich irrte? War sie überhaupt attraktiv genug für ihn? War sie nicht doch zu dick? Sie hatte sich diese Frage vorher noch nie ernsthaft gestellt. Sie war immer das Fräulein von Horsten gewesen, die Tochter von Eltern aus der besten Gesellschaft. Das hatte immer für ihr Selbstwertgefühl genügt. Aber jetzt?
Gerade in diesem alles entscheidenden Augenblick trat Tristan an den Tisch und scherzte: „Na, ihr Turteltauben!“ Melina errötete heftig. Waren ihre Gefühle zueinander so offensichtlich? Aber das bedeutete ja auch, dass Gerros Gefühle zärtlicher Natur sein mussten, sonst würde sein bester Freund so etwas nicht sagen. Melinas Herz
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