Mir verspricht dein Name Liebe
opfern, aber vielleicht gab es doch noch einen Ausweg aus ihrer misslichen Lage. Sie müsste ihren ganzen Mut zusammen nehmen und sprechen!
Als sie dann im Bett lag, konnte sie nicht einschlafen. Sie spielte die verschiedensten Gespräche mit dem Fürsten durch. Sie versuchte forsch zu sein, unterwürfig, stolz, aber nichts gefiel ihr wirklich.
Im Halbschlaf warf sie sich hin und her, wachte auf, fing das Gespräch von vorne an, schlief ein vor dem Ende und träumte die wirrsten Sachen. So ging es ihr mehrmals in der Nacht.
Am Morgen wachte sie wie zerschlagen auf. Sie erschrak, als sie zur Uhr schaute. Es war schon sehr spät, der Fürst würde in einer halben Stunde da sein.
Während sie ihre Toilette machte, entschloss sie sich dazu, sich ganz natürlich zu verhalten. Theater spielen konnte sie nicht gut. Und Ehrlichkeit war in diesem Fall sicher die beste Vorgehensweise. Dieser Entschluss beruhigte sie endlich ein wenig.
Mit klopfenden Herzen ging sie nach unten, um schnell noch eine Tasse Tee zu trinken. Auf ihrem Essplatz fand sie eine Mitteilung, dass der Fürst von Kornwallenburg erst am späten Nachmittag ankommen würde. Erleichtert atmete die junge Frau auf. Jetzt würde sie erst mal in Ruhe frühstücken!
Aber da lag ja noch ein Brief. Einen Augenblick lang hoffte Isolde, Tristan könnte ihr geschrieben haben, aber dies war nicht seine geliebte Handschrift. Isolde öffnete den Umschlag und las:
Liebes Fräulein von Barlinghausen,
wir sind uns noch nicht vorgestellt worden, aber ich erlaube mir, als Mutter meines Sohnes Tristan, Ihnen trotzdem zu schreiben. Wie Sie es vielleicht vorausgesehen haben, leidet er unendlich unter Ihrem Entschluss, die Beziehung zu beenden. Aus dem, was mein Sohn mir erzählt hat, schließe ich, dass Sie diese Entscheidung getroffen haben, um die Ehre ihrer Familie zu retten. Darauf kann ich nur sagen: Bullshit!
Verzeihen Sie mir diesen unflätigen Ausdruck, ich will ihn jedoch nicht zurücknehmen, weil er meinen Zorn über ihr Verhalten gut widerspiegelt.
Ich finde, sie machen es sich zu leicht, wenn Sie „Ehre“ als Argument für einen Verrat benutzen. Denn das ist es, Sie verraten Ihre Liebe zu einem wertvollen jungen Mann, den Sie offensichtlich auch lieben. Sie verraten ihre gemeinsame Zukunft. Sie verraten Ihr Glück! Ist die Ehre Ihrer Familie das alles wert?
Bitte überlegen Sie nochmals, ob es nicht eine andere, ehrenwertere Lösung für Ihr Problem gibt. Bestimmt finden Sie eine. Das erfordert allerdings Mut, die Dinge beim Namen zu nennen, ehrlich zu sein und für die Liebe und die geliebten Menschen zu kämpfen.
Diesen Brief schreibe ich Ihnen aus Liebe zu meinem Sohn, aus Liebe zu Ihnen als meine hoffentlich zukünftige Schwiegertochter und aus Liebe zu den Enkelkindern, die Sie mir schenken werden, wie ich hoffe.
Ihre
Margarethe Bernhoff
Isolde war tief getroffen. Sie wusste nicht, ob sie weinen oder lachen sollte. Dieser Frau konnte man anscheinend nichts vormachen. Sie schien alles zu durchschauen. Und diese Frau hatte Mut. Sie nannte die Dinge beim Namen. Sie war ehrlich. Und sie kämpfte für das Glück ihrer Lieben. Das war beeindruckend. Und es war genau das, was sie, Isolde, sich vorgenommen hatte. Die Gefühle des Trotzes, die Isolde gleichzeitig mit der Bewunderung für Tristans Mutter verspürte, wollte sie aber jetzt nicht zulassen. Dafür war die Lage zu ernst. Es ging hier um ihre Zukunft und ihr Glück. Das konnte sie nicht einfach aus Trotz aufs Spiel setzen. Sie würde mit dem Fürsten sprechen, wenn er heute Nachmittag ankam. Ganz bestimmt! Aber bis zur Ankunft des Fürsten musste sie sich irgendwie ablenken, sonst würde sie immer weiter grübeln.
Sie rief auf dem Gut Horsten an, um sich mit Melina zu verabreden. Leider war ihre Freundin schon sehr früh nach Hamburg abgereist. Sie wurde dringend in der Buchhandlung gebraucht, weil eine Arbeitskraft aus Krankheitsgründen ausgefallen war.
Bevor Isolde das Gespräch mit der Baronin von Horsten beendete, wünschte ihr diese Mut und Kraft für das Gespräch mit dem Fürsten, obwohl Isolde es mit keinem Wort erwähnt hatte. Irmela von Horsten schien einen siebenten Sinn zu haben.
Ein Treffen mit Melina kam also auch nicht mehr in Frage, also blieb nur noch das Eine, das ihr Linderung bringen würde, ein Ritt auf Elise. Gedacht, getan.
Wenige Minuten später galoppierte Isolde mit wehendem Haar durch die Wälder und Wiesen und ließ sich den kühlen Morgenwind ins
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