Mira und das Buch der Drachen (German Edition)
alle weißen Zauberer dorthin gehen«, dachte Rabeus laut.
Hippolyt schüttelte den Kopf. »Wer einmal bei den Fischen ist, kommt nie wieder zurück.« Er seufzte. »Wäre Thaddäus dort, würden wir ihn nie wiedersehen!«
Hippolyt verkorkte die Flasche und stellte sie zurück in den verwitterten Eimer, der unter der Spüle stand. Die Freunde sahen sich ratlos an.
»Aber er würde uns doch nicht einfach so im Stich lassen!«, entfuhr es Miranda.
Hippolyt blickte sie neugierig an. »Wieso im Stich lassen?«
»Das geht Sie nichts an«, sagte Miranda schnell und biss sich auf die Unterlippe.
Hippolyt ließ einen tiefen Seufzer entweichen.
»Ihr misstraut mir, nicht wahr? Ach, es ist euch nicht zu verdenken! Ja, ich habe mich mit den schwarzen Zauberern eingelassen! Ja, ich habe mich vom Glanz der Macht verführen lassen. Aber denkt nach! Vielleicht wäre es euch genauso ergangen! Wer von euch ist vor solchen Versuchungen gefeit?« Hippolyt blickte in die Runde. »Aber den Hippolyt, den ihr kennengelernt habt, den gibt es nicht mehr! Schaut mich jetzt an! Was ist mir geblieben? Mein Restaurant?« Er schnippte mit den Fingern. »Weg! Meine schöne Kleidung?« Er schnippte abermals. »Weg! Ich bin ein armer, alter, heimatloser Zauberer. Nicht einmal genug zu essen bekomme ich ...« Er sah an sich herunter und zupfte an seinem schäbigen Mantel. »Alles zu weit! Ich bin abgemagert bis auf die Knochen.« Er beäugte Miras Tasse, die sie auf den Tisch gestellt hatte, und nahm selbst einen gewaltigen Schluck daraus. »Glaubt mir, die schwarzen Zauberer sind genauso hinter mir her wie hinter euch. Ich verstecke mich schon seit langer Zeit in einem alten, unbenutzten Bauwagen. Das ist mein einziges kaltes Zuhause. Und seit ich mir diesen Herbst den Fuß verletzt habe, kann ich nicht einmal mehr richtig laufen!«
»Also, ich finde, das ist ein ganz schönes Gejammer!«, sagte Milena und zog den Poncho enger um sich.
Auch die anderen standen mit finsteren Gesichtern um Hippolyt herum.
Der ließ traurig die Schultern hängen. »Alles, was mir bleibt, ist eure Verachtung und euer Misstrauen. Aber ich kann euch verstehen. Nach all dem, was ihr mitgemacht habt! Du, Miranda, hast deine Großmutter verloren ...«
»Lassen Sie meine Oma aus dem Spiel«, flüsterte Miranda drohend.
»Es ist schlimm um uns alle bestellt, ich weiß!«
»Um uns ?«, fragte Miranda aufgebracht. »Seit wann gehören Sie denn zu uns ?«
Hippolyt sah Miranda direkt an. »Auch wenn es manchmal nicht so ausgesehen hat: Ich war und bleibe für immer ein weißer Zauberer!«
»Aber Sie haben das Buch der Metamorphosen gestohlen! Und Sie wollten, dass Mira den schwarzen Drachen beschwört!« Miranda war außer sich vor Zorn. »Wie können Sie glauben, dass wir das vergessen haben!«
»Liebe Miranda! Ich wollte den weißen Zauberern nie schaden! Es waren die schwarzen Zauberer, die ich treffen wollte. Immer schon! Alles andere waren ...«, Hippolyt suchte nach Worten, »... unbeabsichtigte Nebenschäden.«
»Nebenschäden? Dass Hunderte von weißen Zauberern verschwunden sind und dass wir alle auf der Flucht sind ... das nennen Sie Nebenschäden?« Mirandas Stimme war ganz heiser vor Aufregung.
Hippolyt hob beschwichtigend die Hände. »Nun, das mit dem Buch ist Geschichte! Es ist verbrannt und spielt nun keine Rolle mehr, nicht wahr?« Er machte eine kurze Pause. Mira war für einen Moment so, als hätte sich ein eigenartiger Ausdruck in seine Augen geschlichen. Doch dann bot er wieder ein Bild des Jammers. »Cyril de Montignac kann und wird uns nicht mehr helfen. Wir müssen uns ganz allein gegen die schwarze Hexe und ihre Helfer verteidigen.«
Hippolyt reckte das Kinn und sah sie lange an. »Wisst ihr, Freunde waren mir nie so wichtig, aber eines habe ich nun gelernt: Wir müssen zusammenhalten, denn wir sind die letzten der weißen Zauberer. Und glaubt mir, jeder von uns zählt! Jeder ist wichtig! Und ein glücklicher Zufall hat uns heute hier zusammengeführt.«
Hippolyt atmete tief durch. »Und deshalb bitte ich euch: Nehmt mich auf in eure Runde! Bitte! Ich gehöre zu euch! Lasst mich hierblieben und lasst uns gemeinsam kämpfen!«
Er sah hoffnungsvoll von einem zum anderen. »Ich war zu lange allein und ohne Freunde. Aber ich kann mich ändern.«
Milena, Corrado und die Kinder blickten ihn verblüfft an.
»Sie wollen bei uns bleiben?«, fragte Miranda.
Hippolyt nickte. »Sagte ich das nicht bereits? Ich könnte euch helfen! Ich weiß
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