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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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zu.
    Nishigo atmete erleichtert auf. »Sie fliegt wieder zu ihrem Lagerplatz zurück.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte ihr Vater.
    »Ich kenne Ergil.«
    Oramas musterte seine Tochter von der Seite.
    Plötzlich flimmerte die Luft zwischen ihnen, eine grüne Wolkensäule erschien, die sich zu einem Schemen und schließlich zu einem jungen Mann verdichtete.
    Ergil verneigte sich vor dem Mazar. »Majestät! Genießt Ihr auch die laue Abendluft im Park?«
    Für einen Moment ließ sich Oramas von dem Ablenkungsmanöver narren. Er knabberte noch daran, dass der Hüter des Ginkgos wie aus dem Nichts vor ihm aufgetaucht war. Seine Gäste pflegten dergleichen normalerweise zu vermeiden. Aber dann erlangte er seine Fassung wieder und der Ärger über den Vorfall brach aus ihm heraus.
    »Eure Qualle hat beinahe unseren Goldfruchtbaum gefressen. Wie konntet Ihr das zulassen?«
    Ergil schlug beschämt die Augen nieder. »Es war keine Absicht, Majestät. Ich habe einen guten Freund gebeten, bis zu unserer Abreise bei der Argo zu bleiben, damit sich Vorkommnisse dieser Art nicht wiederholen. Aber das soll keine Entschuldigung sein. Ich übernehme die volle Verantwortung für den Euch zugefügten Schaden.«
    »So? Ihr scheint nicht zu wissen, was Ihr redet.« Oramas hatte sichtlich Mühe, seine Contenance zu bewahren, als er hinzufügte: »Ich habe wohl zu überstürzt Eurem Drängen nachgegeben und meine Flotte nach Soodland geschickt. Lasst Euch warnen! Das susanische Gesetz kennt nur eine Strafe für jene, die unsere Heiligtümer entweihen: den Tod.«
     
     
    Nicht zuletzt Nishigos Fürsprache hatte es Ergil zu verdanken, dass Oramas ihm verzieh. Trotzdem war die »heilige Handlung der Ernte« am nächsten Morgen von den Ereignissen der letzten Nacht überschattet. Der Mazar, seine Ratgeber und einige wenige hundert handverlesene Gäste wohnten, in festliche Gewänder gehüllt, dem Ritus mit versteinerten Mienen bei. Am meisten schmerzte Ergil indes, dass Nishigos bleich geschminktes Gesicht keine Regung zeigte.
    Mit einer goldenen Sichel schnitt er die einzelnen Ginkgopflaumen von den Zweigen und legte sie in einen runden Korb, den die Prinzessin mit dem rechten Arm an ihre Seite drückte und mit der Linken am Rand umfasste. Er hätte die nach Schweißfüßen stinkenden Früchte der Dame Goldpflaume lieber in Windeseile abgeerntet, aber das Protokoll sah nur bedächtige Bewegungen vor. Dazu spielte eine Musik, die ihn an ein Katzenkonzert bei Vollmond erinnerte. Zum Schluss der feierlichen Zeremonie zupfte Nishigo einige Ginkgoblätter ab und bedeckte damit den Ertrag.
    Sobald die Ernte eingebracht war, machte sich Mujo ans Werk. Ergil durfte den Leibarzt des Mazars bei der »heiligen Handlung des Entsaftens« und bei der kaum weniger weihevollen Herstellung des Lebenselixiers beobachten.
    Zunächst wurden die Samen aus dem orangeroten Fruchtfleisch geschnitten und in einer goldenen sowie einer silbernen Schale gesammelt. Aus ihnen würde später eine neue Generation von Ginkgos heranwachsen, und zwar je zur Hälfte in Silmao und in Saphira.
    Anschließend wurde das Fruchtfleisch zusammen mit einigen Ginkgoblättern zu Mark zerkleinert, in ein feines Tuch gegeben und darin ausgepresst. Der goldgelbe Saft kam in ein Tongefäß und wurde unter ständigem Rühren und Hinzugabe einer kleinen Menge zermahlener Harkonnase aufgekocht. Auf Ergils Frage nach dem richtigen Verhältnis zwischen Saft und pulverisiertem Xkschleim antwortete der Medikus: »Ich habe keine Ahnung.«
    Zum Schluss wurde der Sud noch einmal durch ein Seidentuch geseiht. Im noch heißen Zustand füllte Mujo das bernsteinfarbene Wasser von Silmao in zwei Phiolen ab, die er zustöpselte und mit rotem Wachs versiegelte. In Form und Größe waren sie dem Gefäß, das Oramas einst dem Retter seiner Tochter geschenkt hatte, zum Verwechseln ähnlich. Mit einer Verbeugung reichte Mujo eines der beiden Fläschchen dem jungen König.
    »Leider hatten wir nicht genug Saft, um verschiedene Zusammensetzungen herzustellen. Ich kann nur hoffen, dass die Rezeptur stimmt, Hoheit.«
    Ergil nahm die Phiole dankend entgegen. »Bald werden wir es wissen, Mujo. Ich nehme an, die zweite Flasche ist für Oramas?«
    »Er hat darauf bestanden«, erklärte der Arzt. Es war ihm offenkundig unangenehm, die Anweisung des Mazars zu befolgen.
    »Macht Euch keine Sorgen. Der-der-tut-was-ihm-gefällt wird unser Bemühen segnen.«
    »So möge es geschehen«, bekräftigte Mujo. »Soll ich

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