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Mirad 03 - Das Wasser von Silmao

Titel: Mirad 03 - Das Wasser von Silmao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Könnte man indes dem Schleier durch die Öffnung folgen, geriete er nie außer Sicht.
    Aber diesmal gelang es Ergil nicht.
    Mehrmals bewegte er sich in der Zeit vor und zurück, verfolgte das Verschwinden und Wiedererscheinen der Stadt. Es war zum Verzweifeln! Fast so, als hätte jemand – um bei dem Beispiel von eben zu bleiben – das Licht gelöscht, bevor der Seidenschleier in dem Loch verschwindet: Gerade noch war die Stadt da gewesen und im nächsten Augenblick wie vom Erdboden verschluckt. Aber er konnte ihr nicht folgen.
    »Warum bist du so verkrampft? Gibt es ein Problem?«, hörte Ergil seinen Oheim fragen und stellte sich vor, wie die Gefährten sie neugierig beäugten. Er widerstand dem Verlangen, die Augen zu öffnen.
    Stattdessen flüsterte er: »Ich finde den Übergang nicht.«
    »Probier’s einfach noch mal.«
    »Hab ich schon.«
    Ratlose Stille.
    Dann sagte Jazzar-fajim: »Ich ahne, warum sie die Tür abgesperrt haben.«
    »Nämlich?«
    »Die Stadt ist in dem Turm eingeschlossen.«
    »Sie ist… was?« Ergil riss vor Schreck die Augen auf und sah sich unvermittelt von gespannten Gesichtern umringt. Schnell klappte er die Lider wieder zu.
    »Ich meine das nicht wortwörtlich«, erklärte Jazzar-fajim rasch, »sondern im übertragenen Sinn. Das Schloss mit den sieben Riegeln muss das Tor in die Zwischenwelt sein. Saphira wurde sozusagen dort hindurchgetragen.«
    Nicht nur die Stadt, dachte Ergil, sondern anscheinend auch das Innere des Turmes. Jetzt war er doch gezwungen, das Rätsel des Schlosses zu lösen.
     
     
    Von Erholung konnte keine Rede sein. Ergil fühlte sich zerschlagen. Der gescheiterte Versuch des vergangenen Abends in die Zwischenwelt vorzustoßen, lag ihm noch am Morgen des folgenden Tages schwer im Magen. Deswegen hatte er auch nur wenig geschlafen, nachdem er von Jazzar-fajim in die Geschichte von Mighdal-qodheschim eingeweiht worden war.
    Den Turm der Heiligen allein mit menschlichen Sinnen – dem Sehen, Hören, Tasten, Schmecken und Riechen – begreifen zu wollen, glich dem Versuch, einem von Geburt an Tauben die Schönheit von Musik verständlich zu machen. Zwar konnte man auch ohne Gehör die tiefen Schwingungen einer Trommel oder das Schmettern einer Posaune fühlen, aber das war nicht dasselbe, wie dem harmonischen Miteinander eines großen Orchesters ergriffen zu lauschen.
    Nur ein Meister der Alten Gabe könne sie öffnen, hatte Jazzar-fajim von den in unterschiedlichen Raumfalten verankerten sieben Riegeln des Schlosses gesagt. Sich an dieses Rätsel heranzuwagen, erschien Ergil mit einem Mal überhaupt nicht mehr so verlockend.
    Der Himmel hatte sich in den vergangenen Stunden verwandelt: von einem strahlenden Blau zu Schiefergrau. Böen peitschten über das Wasser des Sternenspiegels. Wellen von stattlicher Größe rannten gegen das Ufer an. Auch war es kühler als am Abend zuvor.
    »Sieht nach Gewitter aus«, unkte Jazzar-fajim, während er sich mit seinem Neffen und Schekira zum Turm der Heiligen begab. Um bei der Suche nach dem Zugang in die Zwischenwelt völlig ungestört zu sein, waren die übrigen Gefährten bei der Mondwolke geblieben, wo man die Nacht in Schlafsäcken unter freiem Himmel verbracht hatte.
    »Du meinst, so richtig mit Blitz, Donner und Regen?«, fragte Ergil.
    »Wenn wir Pech haben, kommt noch Hagel dazu.«
    »Dieser Wald scheint tatsächlich verflucht zu sein.«
    »Solche Unwetter sind im Reich der Sirilim nicht ungemütlicher als in der Welt der Menschen, Ergil.«
    »Mag sein, aber wenn der Himmel seine Schleusen öffnet und die Mondwolke mit Sturzbächen und Hagelkörnern überschüttet, sehe ich schwarz.«
    »Du hast Recht. Die feinen Flocken würden unweigerlich zusammenklumpen.«
    »Und dann ist Schluss mit Fliegen. Wie viel Zeit bleibt uns noch?«
    »Ist lange her, dass ich hier gestanden und mir solche Fragen gestellt habe«, antwortete Jazzar-fajim ausweichend.
    »Wir Elven lesen in Wolken und Wind wie in einem Buch«, ließ sich die Prinzessin von Ergils Schulter vernehmen. »Ihr habt noch gut zwei Stunden. Vielleicht sogar zweieinhalb.«
    Ergils Mund klappte auf. Und wieder zu. »Nur zwei Stunden? Du machst mir Spaß, Kira! Wie soll ich in so kurzer Zeit das Geheimnis des Schlosses enträtseln und die Stadt finden?
    Außerdem ist es ja damit noch nicht getan. Wir brauchen Ginkgofrüchte oder zumindest einen männlichen Goldfruchtbaum und obendrein das Rezept für das Lebenselixier. So schnell kann ich das unmöglich…«
    »Mit

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