Mirad 03 - Das Wasser von Silmao
Jammern wirst du keine einzige dieser Aufgaben lösen, mein Retter«, fiel Schekira ihm ins Wort. »Kümmere du dich um das Deine und ich fliege zurück und sage den anderen Bescheid. Sie können inzwischen alles für unseren sofortigen Aufbruch vorbereiten. Notfalls fliegen wir an einen sicheren Ort und kommen später wieder.«
»Dazu musst du mich aber rechtzeitig warnen…«
»Ja, ja. Das mache ich. Also dann bis später.« Die beiden Flügelpaare der Elvin fingen an zu brummen, sie stieg senkrecht nach oben und schoss wie eine Libelle davon.
Wenig später erreichten Ergil und Jazzar-fajim den Turm der Heiligen und setzten sich wieder auf die Stufen vor dem verschlossenen Portal. Der Wind strich über sie hinweg und wirbelte ihr sonnengelbes Haar durcheinander.
»Ich nehme mir jetzt den Mechanismus vor«, erklärte Ergil, nachdem er seinen Geist mit jenem Nisrahs und Jazzar-fajims verbunden hatte. Wieder tasteten sich seine unsichtbaren Fühler vor. Sie wanderten über die Tür, versammelten sich wie die Fingerkuppen einer Hand auf dem Schloss und drangen schließlich in dieses ein.
Das auf der anderen Seite der Tür angebrachte Gehäuse der Verschlusseinrichtung bestand aus Satim, sein Innenleben indes aus verschiedenfarbigen Kristallen. Ergil war einigermaßen überrascht. Die Beschaffenheit der bunten Riegel ähnelte nichts, das er je durchdrungen hatte, mit Ausnahme vielleicht des gläsernen Schwertes Zijjajim. War etwa auch das Schloss nicht von dieser Welt? Womöglich sogar ein Geschenk des Herrn der himmlischen Lichter?
Wie dem auch sei, die sieben Zapfen schwebten jedenfalls scheinbar frei in dem Gehäuse. Im Grunde waren es etwa fingerdicke Kristallnadeln, in die der Schöpfer des Mechanismus Nuten, Nasen und Löcher geschnitten hatte. Offenbar bestand das Prinzip des Schlosses darin, die Riegel in der richtigen Reihenfolge gegen- und ineinander zu verschieben, bis sich alle vollständig im Hier und Jetzt befanden. Die Kombination ergab sich somit aus den richtigen Einstellungen in den drei Ausdehnungen Höhe, Breite und Tiefe sowie der vierten Dimension, der Zeit. Es war mehr als eine vertrackte Knobelaufgabe.
Ergil konnte nicht umhin, das ebenso komplizierte wie kunstvolle Gebilde zu bewundern. Allerdings wurde er schnell ungeduldig. Er bildete sich ein, zu spüren, wie die Böen des aufziehenden Gewitters von Mal zu Mal heftiger wurden; allein diese Wahrnehmung zeigte ihm, wie abgelenkt er war. Auch Jazzar-fajim schien seine Unruhe zu bemerken.
»Hast du schon etwas herausgefunden?«
Ohne die Augen zu öffnen, beschrieb Ergil den Mechanismus und klagte dann: »Ich komme mir vor, als müsste ich einen faustdicken Knoten lösen, indem ich ihn nur anschauen und dann einem Blinden erklären darf, an welchen Fäden er zu ziehen hat.«
»Das ergibt keinen Sinn.«
»Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Gestern Abend warst du noch fest überzeugt, Mighdal-qodheschim sei so etwas wie ein Signalmast, der uns auf die verborgene Stadt aufmerksam machen soll. Wozu das Ganze, wenn einem der Zugang dann trotzdem verwehrt bleibt?«
»Vielleicht bin ich nicht der Richtige…«
»Du bist Vanias Sohn, der Enkel des letzten Sirilimkönigs. Glaube mir, Ergil, du bist genau der Richtige.«
»Dann muss es doch einen Schlüssel geben, irgendetwas, das mir die richtige Kombination der Riegelstücke verrät. Vielleicht sind es bestimmte Maße. Oder die Positionen der Schriftzeichen eines Losungswortes im Alphabet oder…« Ergil öffnete weit die Augen und rief: »Oder ein Datum!«
Seine Stimme hatte sich derart überschlagen, dass auch Jazzar-fajims Konzentration dahin war und er sich irritiert umblickte. Über dem See zuckte ein Blitz aus den dunklen Wolken. Kurz darauf folgte ein Donnergrollen.
»Du bist ja ganz aus dem Häuschen, Ergil. Was ist los mit dir?«
»Ich glaube, ich kenne den Schlüssel. Zumindest einen Teil davon. Als ich im letzten Jahr mit Múria in die Sooderburg eingedrungen bin, hat sie mir die Zahl 1612 als Merkhilfe genannt, um einen Weg aus dem Tunnellabyrinth in der großen Klippe zu finden.«
»Im Jahre Mirads 1612 hat Jazzar-siril die Stadt Saphira gegründet. Damals wurde auch der Grundstein dieses Turmes gelegt.«
»Wann genau?«
»Warte, das war… Ja, am dritten Tag des zwölften Monats.«
»Das passt: 3.12.1612, sieben Ziffern, sieben Riegel. Fragt sich nur, wie dieser Schlüssel auf die Kristalle anzuwenden ist.«
»Lass mich mal einen Blick auf das Schloss
Weitere Kostenlose Bücher