Mirandas Monsterwelt
Innenseite der Tür befestigt war.
»Was ist denn?« fragte Suko.
»Der… der Spiegel«, ächzte Percy Morton. »Das genau ist die Lösung. Das ist das Grauen…« Der Mann schluchzte auf und drehte sich zur Seite. Er konnte nicht mehr hinschauen, dafür sah Suko sich den Gegenstand an. Man konnte ihn im Prinzip als völlig normal bezeichnen, auch wenn er irgendwann einmal zerbrochen gewesen sein mußte, denn jemand hatte die einzelnen Teile wieder zusammengefügt und natürlich keine original glatte Fläche schaffen können. Ein Puzzle-Muster war noch immer zu sehen, aber dieser Spiegel mußte der Schlüssel zu dem Fall sein.
Die Tür ließ Suko offen, als er zu Morton ging, der nachdenklich in einem der beiden hellen Kiefernsessel saß.
»Was haben Sie?« fragte Suko.
»Mein Gott, dieser Schrank!« Keuchend holte Morton Luft. »Dieser verdammte Spiegel… ich werde noch verrückt. Ich habe es geahnt, ich habe es aber nie gewußt…«
»Was ist mit dem Spiegel?«
»Habe ich Ihnen nicht erzählt, wie meine Frau ums Leben gekommen ist?«
»Nein, bisher nicht.«
Morton drehte sich, so daß er jetzt auf die Schranktür schauen konnte.
»Dieser Spiegel ist ein Killer. Er…er ist dafür verantwortlich, daß ich meine Frau verlor.«
»Wieso?«
»Sie fiel hinein«, flüsterte Percy. »Einfach so kippte sie in die Glasfläche. Noch heute höre ich es klirren und ihre Schreie. Ich kam zu spät oder fast nicht. Ich weiß auch nicht mehr. Ich weiß nicht einmal, ob ich sie noch schreien gehört habe.« Er war jetzt durcheinander. Suko gab dem Mann Zeit, sich zu fangen und forderte ihn dann auf, weiterzureden.
»Ja«, sagte er. »Es ist passiert. Eine Scherbe des Spiegels durchstieß Claudias Kehle. Sie tötete grausam…«
Suko nickte. Allmählich lüftete sich der Vorhang ein wenig. Er fragte weiter: »Und das ist der gleiche Spiegel?«
»Wenn ich es Ihnen sage.«
»Weshalb haben Sie ihn wieder zusammengebaut?«
Der Mann lachte auf. »Ich?« schrie er. »Ich soll ihn wieder zusammengebaut haben? Das glaube ich nicht. Das kann ich nicht glauben. Ich habe es auch nicht getan. Es war Miranda, meine Tochter, die nicht von dem Spiegel lassen konnte. Sie hat die einzelnen Scherben gesammelt und mir nie erklärt, wozu. Erst heute sehe ich den Spiegel. Ich habe nicht gewußt, daß er überhaupt existierte…«
»Kennen Sie den Grund für den erneuten Zusammenbau des Spiegels?« fragte Suko.
»Nein.«
»Sie kennen ihn wirklich nicht?«
»Wie sollte ich denn. Ich hatte keinen Kontakt mehr zu diesen Dingen. Ich wollte mit diesem Mord nichts zu tun haben. Können Sie das nicht begreifen?«
»Natürlich, Mr. Morton. Nur müssen wir uns jetzt den Tatsachen stellen. Der Spiegel ist eine Tatsache. Ich gehe davon aus, daß Ihre Tochter ihn nicht ohne Grund wieder zusammengebastelt hat.«
»Sicher.«
»Können Sie sich einen denken?«
»Nein.«
»Sie wissen nichts von irgendwelchen Geheimnissen, die Spiegel besitzen können?«
»Woher denn?« Er stand auf. »Gibt es denn so etwas?«
»Das kann man wohl sagen.« Auch Suko blieb nicht länger sitzen.
»Wo wollen Sie hin, Sir?«
»Mir den Spiegel genauer anschauen.«
»Das ist doch…«
»Lassen Sie mal, und bleiben Sie, wo Sie sind, Mr. Morton. Ich habe meine Erfahrungen mit Spiegeln.« Suko stellte die Tür so hin, daß sie einen rechten Winkel zum Schrank bildete und er sich vor dem Spiegel auch gut bewegen konnte.
Sich selbst sah er ebenfalls. Nicht so scharf konturiert, durch die einzelnen Bruchstellen verzerrt, aber auch wesentlich blasser in der Abbildung, als würde über der normalen Spiegelfläche ein leichter Schleier liegen.
War das natürlich?
Kaum, aber möglich, denn Suko hatte seine Erfahrungen mit Spiegeln gemacht. Wie sein Freund John Sinclair wußte auch er, daß es Spiegel gab, die gewissermaßen das Tor in eine andere Welt darstellten. Durch sie konnte man in fremde, unheimliche Dimensionen gelangen. Ob dieser Spiegel hier das gleiche Phänomen aufwies?
Suko betastete die Fläche. Zehn Fingerkuppen preßte er auf die vordere Seite und bewegte die Hände kreisförmig hin und her, damit er möglichst viel von der Gesamtfläche ertasten konnte.
Sie war anders als die eines normalen Spiegels. Zwar nicht weich oder so durchlässig, daß Sukos Hände in einer anderen Dimension verschwunden wären, aber sie besaß doch eine innere Wärme, als würde sie von der Rückseite her leicht angeheizt.
»Finden Sie etwas?« fragte Percy.
»Ich versuche
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