Miss Braitwhistle kommt in Fahrt
Wir haben noch nicht mal was gesagt, als Hennis Notenheft auf den Boden gefallen ist.
Normalerweise hätte bestimmt irgendeiner gefeixt: »Hey, Trantüte, heb mal dein Heft auf«, aber wir haben nichts gesagt, weil wir viel zu gespannt waren. Was würden Zorro und Superman wohl als Nächstes machen?
Sie trennten sich.
Zorro krabbelte langsam am Klavierhocker hoch und Superman kroch hinter das Klavier.
Frau Klawitter spielte weiter und wackelte mit dem Kopf dabei. Doch plötzlich hat sie nicht mehr gewackelt, sondern geschrien. So laut, dass wir zusammengezuckt sind.
»Hiiiilfe!«, kreischte Frau Klawitter. »Hilfe, eine Maus!«
Superman war anscheinend hinten am Klavier hochgekrochen, jedenfalls saß er nun obendrauf und putzte sich. Er sah total harmlos aus, und wir haben wirklich nicht verstanden, warum Frau Klawitter immer weiter schrie: »Nehmt sie weg! Nehmt sie sofort weg!«
Aki ist zu ihr gegangen und hat Superman vom Klavier genommen und gestreichelt, der Ärmste hatte sich bestimmt mehr erschreckt als Frau Klawitter. Hätte ich an seiner Stelle auch, Frau Klawitter ist sehr dick, und wenn sie schreit, dann muss das für die Ohren von einer Maus schlimmer sein als der dollste Donner.
»Das ist doch bloß Superman aus der 4b«, hat Aki gesagt. »Der tut Ihnen nichts.«
Frau Klawitter hat sich an die Brust gefasst und gesagt: »Es ist mir egal, in welche Klasse diese Maus geht, auf meinem Klavier hat sie jedenfalls nichts zu suchen.«
Aki hat sich wieder auf seinen Platz gesetzt und versucht, Superman zu beruhigen, der hat nämlich vor Angst gezittert.
Frau Klawitter hat auch gezittert, aber nicht vor Angst, sondern vor Wut. Dann hat sie tief Luft geholt. »Es geht weiter. Passt gut auf, denn jetzt kommen wir zu der Stelle mit dem Gewehr.«
Sie fing wieder an zu spielen und plötzlich erklang ein Schuss. Es war aber leider kein richtiger Schuss, Frau Klawitter hat nur den Klavierdeckel fallen lassen.
Dann ist sie aufgesprungen und wie eine Verrückte durch die Klasse gehüpft.
»Da ist noch eine, auf meiner Schulter!«, hat sie geschrien. Dann hat sie sich in die Haare gefasst. »Nein, auf meinem Kopf!«
In diesem Moment ist die Tür aufgegangen und Frau Sauermann kam rein.
»Ich muss doch schon sehr bitte, Frau Klawitter«, hat sie gesagt. »An Ihr Klavierspiel haben wir uns ja schon gewöhnt, aber dass Sie während des Musikunterrichtes jetzt auch noch laut singen und tanzen, ist einfach zu viel. Wir wollen rechnen!«
»Ich habe nicht gesungen, ich habe geschrien«, hat Frau Klawitter gesagt und sich immer noch um sich selbst gedreht.
»Ich habe geschrien, weil Ihre Mäuse mich angegriffen haben.«
»Lächerlich«, hat Frau Sauermann gesagt. »Das sind Rennmäuse, Meriones unguiculatus , um genau zu sein, die greifen niemanden an, außerdem sehe ich überhaupt keine Maus.«
Aki ist zu Frau Sauermann gegangen und hat ihr Superman in die Hand gedrückt.
»Und wo ist Zorro?«, hat Frau Sauermann gefragt. Aki hat mit den Achseln gezuckt.
»Er saß erst auf meiner Schulter und dann auf meinem Kopf«, hat Frau Klawitter gesagt. »Aber jetzt ist er weg.«
»Vielleicht haben Sie Zorro ja verschluckt.« Frau Sauermann hat sehr böse ausgesehen.
Und Frau Klawitter hat die Augen aufgerissen und den Mund, aber es ist kein Zorro rausgekommen, nur ein Rülpser.
»Frau Klawitter hat Zorro gefressen!«, hat Annalisa gerufen und angefangen zu heulen.
»Wen hat Frau Klawitter gegessen?«, hat Henni gefragt.
»Die Maus«, hat Molly gesagt.
»Die Maus aus der 4b«, hat Polly gesagt.
Wir haben überlegt, ob wir Frau Klawitter einen Köder runterschlucken lassen, eine Schnur mit einem Stück Käse dran, zum Beispiel, daran hätte man Zorro vielleicht rausziehen können.
Aber das war nicht nötig, denn Frau Klawitter hat schon wieder angefangen zu schreien und aufs Klavier gezeigt.
»Da! Da ist das Vieh!«
Zorro lief auf den Tasten entlang. Und wenn Frau Klawitter nicht so laut gebrüllt hätte, hätte man vielleicht hören können, was er da spielte.
Frau Sauermann wollte es leider auch nicht hören, sie hat sich Zorro geschnappt und ist mit ihm und Superman aus der Klasse.
Viel rechnen konnte sie mit der 4b aber nicht mehr, denn es hat geklingelt und wir hatten Schulschluss.
»Mann, ich werde heute wieder nichts essen können«, hat Aki auf dem Nachhauseweg zu mir gesagt. »Und dabei gibt’s bei uns Nudelauflauf.«
»Magst du keinen Nudelauflauf?«, hab ich gefragt.
»Und wie ich Nudelauflauf
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