Miss Braitwhistle kommt in Fahrt
lernen!«, hat Frau Sauermann geschrien. »Holt sofort die Räder.«
Für die, die kein eigenes Rad dabeihatten, gab es Schulräder, die aber ganz bestimmt nicht verkehrssicher waren. Bei mir fehlte die Lampe und bei Aki funktionierte die Klingel nicht, also schrie er laut: »Klingel, klingel! Aus dem Weg! Klingel, klingel«, als er auf den Platz fuhr.
Miss Braitwhistle hat ihre Tasche aufgemacht, reingeschaut und etwas herausgeholt, das wie ein platt gepresstes Minirad aussah. Sie hat hier gezogen und da geschraubt und auf einmal stand da ein richtiges kleines Fahrrad mit einem schicken Sattel aus Leder.
Die aus der 4b haben sich gekringelt vor Lachen.
»Was ist das denn? Ein Bonsai-Rad?«, hat Tobias gefragt.
»Passen Sie auf, dass die Gurke nicht gleich unter Ihnen zusammenklappt«, meinte der fiese Albrecht.
Miss Braitwhistle hat eine Augenbraue hochgezogen und zu uns gesagt: »Come on, kids. Wir werden zeigen die 4b, wer wirklich fahren kann Rad.«
Das haben wir uns nicht zweimal sagen lassen und sind los.
An der ersten Kreuzung sind wir gleich mit denen aus der 4b zusammengestoßen, denn die hatten Vorfahrt, aber wir hatten auch Vorfahrt. Dann gab’s Ärger, weil Aki an der nächsten Ecke rechts abbiegen wollte und Pauline, die neben ihm fuhr, links.
»Da ist ein Pfeil nach links, du Idiot!«, hat Pauline geschrien.
»Nein, da ist ein Pfeil nach rechts, du Blindschleiche!«, hat Aki zurückgeschrien.
Und Henni hätte fast Frau Sauermann umgefahren, weil sie in den Himmel guckte statt nach vorn.
Hugo hing auf seinem funkelnagelneuen Hundert-Gänge-Rad wie ein Affe im Zirkus, nur dass ein Affe besser fahren kann. Er eierte mal zur einen, mal zur anderen Seite und schließlich kippte er einfach um.
»Hab doch gesagt, er braucht Stützräder«, meinte Pauline.
»Vielleicht hat Miss Braitwhistle welche in der Tasche«, hab ich gesagt. Wenn sie da sogar ein Fahrrad dringehabt hatte, waren vielleicht auch Stützräder für Hugo dabei.
Aber die hätten jetzt auch nichts mehr genutzt, denn Hugos Rad hatte durch den Sturz eine dicke, fette Acht im Vorderreifen. Seine Mutter würde ein schönes Theater machen, darum war er echt nicht zu beneiden.
Inzwischen waren die Schulräder aber alle ausgeliehen, es war nur noch ein Kinderrad in Hellblau mit rosa Blümchen übrig, das für Hugo natürlich viel zu klein war.
Miss Braitwhistle hat in ihre Trillerpfeife geblasen und gesagt: »Come on, kids. Alle fahren hinter mir. Alle, du auch, Hugo.«
Hugo hat gejammert und getobt, aber es half ihm nichts, er musste auf das geblümte Rad steigen. Wir haben alle gelacht, weil es zu komisch aussah, wie er da auf dem Babyrädchen hockte und sich einen abstrampelte.
Geschah ihm nur recht, warum musste er auch immer angeben wie eine Tüte Mücken.
16. KAPITEL
Schafe, Schafe und ein langweiliges Gespenst
Irgendwie haben wir es dann doch noch geschafft, ordentlich hinter Miss Braitwhistle herzufahren, die kerzengrade auf ihrem Klapprad saß.
Komischerweise gingen die Kreidestriche, die Herr Pommerenke mal gemacht hatte, über den Sportplatz hinaus, führten über eine Wiese und plötzlich waren wir auf einer richtigen Straße.
Ich hab mich umgedreht, um zu schauen, wo die 4b blieb, aber von denen war keiner mehr zu sehen. Da war nur Hugo, der auf seinem Blümchenrad nicht vorankam. Plötzlich hat Aki hinter mir geschrien: »Franz, pass auf!«
Ein Auto kam uns entgegen, auf unserer Seite!
»Left!«, rief Miss Braitwhistle. »Ihr müsst zu die andere Seite!«
»Ich dachte, nur in England gibt es Linksverkehr«, hat Aki gesagt.
»Vielleicht sind wir ja in England«, hab ich gesagt. Bei Miss Braitwhistle war schließlich alles möglich.
Jetzt tauchte vor uns ein Schild mit einem großen Ausrufungszeichen auf. Das kannte noch nicht einmal Hugo und der hatte doch alle Schilder auswendig gelernt.
Vorsichtshalber haben wir angehalten. Und das war auch gut so, denn wie aus dem Nichts tauchte von rechts ein Schaf vor uns auf und dann noch eins und auf einmal waren wir von lauter blökenden Schafen umringt, die uns blöde anglotzten und mitten auf der Straße Pipi machten.
Ich hab Aki angeschaut und Aki hat mich angeschaut. Von rechts abbiegenden Schafen hatte nichts auf unseren Lernbögen gestanden, nur dass man beim Umfahren von einem Hindernis Handzeichen geben soll.
Ich hab wie wild mit den Händen gewedelt, um die Schafe zu verscheuchen. Aber die haben die Handzeichen wohl nicht verstanden, denn keins ist auch nur
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