Miss Carolines verwegener Plan
Stalljungen kenne ich auch nicht“, bemerkte Alastair. „Wahrscheinlich gehört der Hengst einem von Mutters Gästen. Verständlich, dass er seinen eigenen Reitknecht mitgebracht hat. Ein so edles Tier würde ich auch keinem Fremden anvertrauen wollen. Offen gesagt, ärgert es mich manchmal, dass ich für Futter und Unterbringung fremder Pferde aufkommen muss. Aber in diesem Fall bin ich gern großzügig.“
„Ist es nicht eher deine Mutter, die sich großzügig benimmt, Alastair?“
„Hm, in gewisser Weise schon. Dennoch bin ich es, der sich um alle finanziellen Dinge kümmert. Natürlich gönne ich Mama und Jane die Freude, die ihnen diese Hausparty bereitet. Wenn sie nur einen anderen Zeitpunkt gewählt und weniger langweilige Gäste eingeladen hätten!“
Unwillkürlich musste Max lächeln, als er an eine gewisse junge Dame dachte, die zu den Gästen zählte, aber ganz gewiss nicht langweilig war. Wie absurd Miss Denby mit dieser hässlichen Brille ausgesehen hatte. Und dann das abscheuliche Kleid, das sie nur trug, um Mitgiftjäger abzuschrecken. Ihre so perfekt geformten Brüste fielen ihm ein – was eine unerwartet heftige Reaktion seines Körpers zur Folge hatte.
Verdammt, er durfte nicht vergessen, dass es ganz und gar unmöglich war, eine unschuldige Schönheit wie Miss Denby zu verführen! Entschlossen wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Pferd zu, das der Reitknecht jetzt in Richtung Stall lenkte.
„Ich würde mir den Hengst gern aus der Nähe ansehen“, erklärte Alastair. „Wenn wir da vorn nach rechts abbiegen, kürzen wir den Weg ab und müssten eigentlich gleichzeitig mit Pferd und Reiter bei den Stallungen eintreffen.“
Max nickte, und mit großen Schritten eilten sie zurück, durchquerten einen Hain und traten auf den Weg hinaus, als der Junge gerade vorbeiritt.
Erschrocken über ihr unerwartetes Auftauchen bäumte das Pferd sich auf. Ein unerfahrener Reiter wäre dadurch wohl in Schwierigkeiten geraten, doch der Bursche hatte das Tier sofort wieder unter Kontrolle.
„Ich wollte den Hengst nicht erschrecken“, sagte Alastair entschuldigend. „Wir haben ihn schon eine Weile beobachtet und sind fasziniert von seiner Schönheit.“
Auch Max war im Begriff, seine Bewunderung zum Ausdruck zu bringen. Doch als er den Reiter jetzt von Nahem sah, wollte er seinen Augen nicht trauen. Schockiert erkannte er, dass der Stallbursche gar kein Junge war – sondern Miss Denby!
Im gleichen Moment bemerkte auch Alastair, dass hier eine Frau im Herrensattel ritt. „Hölle und Teufel!“, entfuhr es ihm. „Ein Mädchen!“ Dann lüpfte er den Hut und verbeugte sich. „Guten Morgen, Miss. Sie besitzen ein wirklich wundervolles Pferd!“
Caroline ließ den Blick von Alastair zu Max wandern und erschrak. Erst in diesem Moment hatte sie ihn erkannt. Verflixt, man hatte sie erwischt, wie sie als Junge verkleidet ausritt! „Meine Stiefmutter wird bestimmt entsetzt und zornig sein“, murmelte sie. Eine äußerst unangenehme Situation. Doch daran ließ sich nun nichts mehr ändern. „Guten Morgen, Mr Ransleigh“, grüßte sie Max.
Alastair hob die Brauen und warf seinem Cousin einen fragenden Blick zu. Offenbar erwartete er, dass Max ihm die junge Dame vorstellte. Das behagte ihm zwar nicht, aber er musste sich in das Unabwendbare fügen.
„Miss Denby, darf ich Sie mit meinem Cousin und unserem Gastgeber Mr Alastair Ransleigh bekannt machen.“
Sie verzog das Gesicht. „Es wäre mir lieber, wenn Sie das nicht täten. Könnten wir nicht einfach so tun, als seien wir uns nicht begegnet? Ich war so sicher, in mein Zimmer zurückkehren zu können, ohne von irgendwem bemerkt zu werden.“
„Keine Sorge, Miss Denby“, beruhigte Max sie. „Dieses Treffen wird unser Geheimnis bleiben. Denn auch wir sollen und wollen nicht gesehen werden.“
Sie lächelte Alastair an. „Unter diesen Umständen ist es mir eine Freude, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mr Ransleigh.“
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite“, gab er zurück. Alastair hatte die Zeit genutzt, um die junge Dame eingehend zu mustern. Und was er sah, gefiel ihm.
Max, dem das nicht entgangen war, hätte seinem Cousin am liebsten einen Kinnhaken versetzt. Bis zu diesem Morgen hatte er geglaubt, nichts könne die weiblichen Formen einer Frau besser zur Geltung bringen als ein Seidenkleid, das die Figur betonte. Nun, er hatte sich getäuscht. Miss Denby hätte in einem modischen Kleid bestimmt bezaubernd ausgesehen. Doch in
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