Miss Carolines verwegener Plan
der Situation machen konnte. Wie würde der Skandal sich auf Max’ Ruf auswirken? Und wie auf ihre eigene Zukunft? Was musste sie tun, um Henshaws verabscheuungswürdiges Benehmen zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen? Würde sie nach Denby Lodge zurückkehren und sich weiterhin um die Pferde kümmern können?
In dieser Hinsicht war sie optimistisch. Doch eines gab es, das ihr ernsthafte Sorgen bereitete: Lady Melross hatte erwähnt, dass jemand sie schriftlich auf das Rendezvous im Gewächshaus aufmerksam gemacht hatte. Würde Max Ransleigh nun annehmen, dass sie selbst diese Nachricht verfasst hatte, um in einer kompromittierenden Situation mit ihm erwischt zu werden? Würde er glauben, sie habe ihn in eine Falle gelockt, nachdem er ihren Vorschlag abgelehnt hatte?
Ein Schauer überlief sie. War sie selbst in eine Falle getappt?
Ihr Optimismus verflog. Warum nur hatte sie nicht erkannt, dass Henshaw mehr war als ein eingebildeter Dandy? An einem einsamen Ort wie dem Gewächshaus hätte sie sich niemals auf eine Diskussion mit ihm einlassen dürfen. Wäre Max Ransleigh ihr nicht zu Hilfe gekommen, dann …
Sie mochte sich gar nicht vorstellen, was dann geschehen wäre. Himmel, sie war ihm wirklich zu Dank verpflichtet. Er war so verständnisvoll gewesen. Ohne seine Herzenswärme und seine körperliche Stärke hätte sie den Schock wohl nicht so leicht überwunden. In seinen Armen hatte sie sich sicher gefühlt.
Gemeinsam mit ihm würde sie einen Ausweg aus diesem Durcheinander finden. Er sollte nicht unter seiner Ritterlichkeit und Güte leiden müssen. Auf keinen Fall würde sie ihn zu einer Ehe drängen, die keiner von ihnen wollte.
Sie versuchte, sich in Erinnerung zu rufen, was er gesagt hatte. Er werde sich recht bald mit Lady Denby in Verbindung setzen, hatte er angekündigt. Und versprochen, alles in Ordnung zu bringen.
Das – so hatte sie zunächst angenommen – sollte wohl bedeuten, dass er Henshaw zwingen wollte, alles zuzugeben.
Jetzt erkannte sie, dass diese Annahme falsch sein musste. Henshaw war vermutlich schon abgereist. Im Übrigen wusste Max, dass sie den Schurken auf keinen Fall heiraten würde. Also würde Max, der über ein ausgeprägtes Ehrgefühl verfügte, es wohl für unumgänglich halten, ihr einen Antrag zu machen.
Natürlich musste sie ablehnen. Schließlich hatte er ihr versichert, dass er keine Heiratsabsichten hege. Sie selbst wiederum konnte sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen, als durch die Ehe an einen Mann gebunden zu sein, der sich nicht wirklich für sie interessierte. Das Schicksal ihrer Cousine Elizabeth hatte ihr gezeigt, wie unerträglich das war.
Sie wollte ihr Leben nicht an der Seite eines Mannes verbringen, mit dem sie nichts gemeinsam hatte. Sicher, Max’ Klugheit beeindruckte sie, und sie mochte seinen Humor. Andererseits hatte er eine sehr verwirrende und beunruhigende Wirkung auf sie. Denn sobald er sich in ihrer Nähe befand, weckte er Gefühle in ihr, die ihr fremd waren und mit denen sie nicht umgehen konnte.
Woran mochte das liegen? Sie hätte es gern herausgefunden. Doch ihr blieb keine Zeit, weiter darüber nachzugrübeln, denn vom Flur her ließen sich Stimmen vernehmen. Gleich würde ihre Stiefmutter ins Zimmer treten. Hoffentlich war sie allein!
Da wurde die Tür auch schon aufgerissen.
„Stimmt es“, rief Eugenia, „dass Mr Ransleigh sich im Gewächshaus an dir vergangen hat?“
„Natürlich nicht“, gab Caroline zurück, wobei sie den Blick fest auf Lady Denbys Gesicht gerichtet hielt.
„Dem Himmel sei Dank!“, rief Lady Denby. „Diese schreckliche alte Klatschbase! Ich dachte mir doch gleich, dass an ihrer Geschichte nichts Wahres ist!“
„Ich bin in eine …unangenehme Situation geraten“, gestand Caroline. „Aber alles hat sich ganz anders zugetragen, als Lady Melross annimmt.“
„Dann hat sie dich also nicht in Mr Ransleighs Armen gefunden? Und dein Kleid war nicht zerrissen?“, wollte Eugenia wissen.
„Mein Kleid ist tatsächlich beschädigt worden, aber …“
„Wie furchtbar!“, jammerte ihre Stiefschwester laut. „Dann bist du also doch ruiniert. Oh Gott, wir sind beide ruiniert! Ich werde nie eine Saison in London erleben!“ Eugenia schlug die Hände vors Gesicht und rannte schluchzend ins Nebenzimmer.
Lady Denby hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Zwei dicke Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Vorwurfsvoll musterte sie ihre Stieftochter. „Oh, Caroline“, meinte sie mit schwacher Stimme,
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