Miss Carolines verwegener Plan
Lehnstühle und fragte sich zum hundertsten Mal, warum alles so schiefgegangen war. Kaum vorstellbar, dass er nur wenige Stunden zuvor das Gewächshaus gut gelaunt betreten hatte. Er war, was seine Zukunft anging, zum ersten Mal seit langem voller Optimismus gewesen.
Welch absurde Hoffnung! Was seitdem geschehen war, jagte ihm kalte Schauer über den Rücken.
Als er an die Szene im Gewächshaus zurückdachte, stieß er einen lauten Fluch aus. Hatte er denn gar nichts aus den Geschehnissen in Wien gelernt? Natürlich wäre es unfair gewesen, Miss Denby mit Madame Lefevre zu vergleichen. Letztere hatte ihn hintergangen und benutzt. Das konnte man Miss Denby bestimmt nicht vorwerfen. Dennoch war er ihretwegen in dieses Fiasko hineingeraten.
Nur knapp war er dem Schicksal entkommen, eine Frau zu heiraten, mit der er – wie sie selbst sagte – nichts gemeinsam hatte. Eben hatte sie seinen Antrag abgelehnt, was jedoch nicht zwangsläufig bedeutete, dass dies ein endgültiger Entschluss war. Wahrscheinlich würde sie es sich anders überlegen, sobald ihre Stiefmutter ihr klargemacht hatte, in welch unmögliche Situation sie sich gebracht hatte.
Seine eigene Lage war kaum besser. Denn schließlich spielte er in dem Skandal die zweite Hauptrolle. Ein sardonisches Lächeln spielte um seine Lippen, als ihm einfiel, dass Miss Denby glaubte, Lady Melross’ Klatschgeschichten könnten seinem Ruf nicht mehr schaden, da er ja bereits als Rogue galt. Einen Moment lang hatte er mit dem Gedanken gespielt, ihr zu erklären, dass selbst ein Draufgänger und Lebemann sich an gewisse Grenzen halten musste. Eine unschuldige junge Dame aus guter Familie zu ruinieren, lag eindeutig jenseits aller Grenzen.
Er hatte geschwiegen, weil er nicht über seine eigenen Probleme klagen wollte, solange es Miss Denby gleichgültig war, wie schwer es für sie sein würde, mit einem ruinierten Ruf zu leben.
Jetzt versuchte er, sich mit der Überlegung zu trösten, dass der Skandal vielleicht sogar gewisse Vorteile für ihn nach sich ziehen würde. Wenn man mich für einen unmoralischen herzlosen Verführer hält, sagte er sich, wird das hoffentlich den Bemühungen der ehrgeizigen Mütter ein Ende setzen, die bisher versucht haben, mich mit ihren Töchtern zu verkuppeln.
Andererseits musste er nun wohl endgültig jede Hoffnung begraben, jemals wieder einen Posten in einem Ministerium zu bekommen. Niemand würde einen Mann einstellen, von dem es hieß, er kenne keine Hemmungen, wenn es um Frauen ging.
Laut fluchend sprang Max auf und schleuderte das leere Brandy-Glas in den Kamin.
Als Alastair einige Zeit später in die Bibliothek kam, fand er Max noch immer tief in seine finsteren Grübeleien versunken.
„Hölle und Teufel“, rief Alastair, „was ist das für eine verrückte Geschichte? Hast du den Verstand verloren? Oder hat alle Welt sich gegen dich verschworen? Sogar die Stallburschen tuscheln miteinander, weil sie gehört haben, du hättest versucht, im Gewächshaus ein Mädchen zu vergewaltigen.“
Max überlegte kurz, ob er seinem Cousin die Wahrheit sagen sollte, entschied sich jedoch dagegen. Alastair war ein Hitzkopf und würde sich wahrscheinlich sofort an die Verfolgung Henshaws machen. Er würde den Schuft zum Duell fordern und keine Ruhe geben, ehe Henshaw entweder die Herausforderung annahm oder aus dem Land floh.
Da Alastair sowohl ein hervorragender Schütze als auch ein geschickter Fechter war, standen die Chancen gut, dass er als Sieger aus einem Duell hervorgehen würde. Doch wenn er Henshaw tötete, würde sein Cousin derjenige sein, der gezwungen war, England den Rücken zu kehren. Und das war eine Vorstellung, die Max gar nicht gefiel. Schlimm genug, dass er sein eigenes Leben ruiniert hatte. Er wollte nicht auch noch dafür verantwortlich sein, dass Alastair seine Zukunft aufs Spiel setzte.
Also sagte er: „Ich habe mich von der Begierde mitreißen lassen. Und leider tauchten Lady Melross und ihre Freundin auf, ehe die Dame die Spuren meiner Leidenschaft beseitigen konnte.“
Alastair starrte ihn an. „Ich habe gehört, das Kleid der Dame sei zerrissen gewesen. Du willst mir doch nicht erzählen, Max, dass du dafür verantwortlich warst! Wenn du eine Frau verführen willst, stellst du dich geschickter an. Zudem würdest du für ein Schäferstündchen niemals einen Ort wählen, an dem man dich und die Dame jederzeit überraschen kann.“
Von ganzem Herzen wünschte Max, er hätte das Brandy-Glas nicht
Weitere Kostenlose Bücher