Miss Carolines verwegener Plan
küssen.
Unter Aufbietung all ihrer Kraft gelang es ihr, über seine Worte nachzudenken. Zweifellos kannte er sich besser damit aus als sie, wie sich die gute Gesellschaft bei einem Skandal verhielt. Er war bereit, sie weiterhin ihr eigenes Leben führen zu lassen. Und er zog sie unwiderstehlich an. Einen Moment lang war sie versucht, seinen Antrag anzunehmen. Sie kämpfte verzweifelt gegen diesen dummen Gedanken an und gab sich große Mühe, sich daran zu erinnern, warum es so unsinnig war zu heiraten.
Verflixt, solange Max sie berührte, konnte sie sich nicht auf das konzentrieren, was wichtig war. Mit einem Ruck entzog sie ihm ihre Finger, sprang auf und trat zum Fenster.
Wenn sie ihn heiratete, würde er jedes Recht haben, sie zu berühren. Er würde sie schwängern. Und sie würde herausfinden, was es mit dem Fluch wirklich auf sich hatte. War sie bereit, dieses Risiko wirklich einzugehen? Mit einem Mann, der sie – wie er gesagt hatte – bewunderte und achtete, aber nicht liebte? Unmöglich! Doch genauso unmöglich war es offenbar, sich seinen Annäherungsversuchen zu widersetzen. Das hatten ihr die Begegnungen im Gewächshaus ebenso bewiesen wie die gerade beendete kleine Episode.
Sollte sie ihm von dem Fluch erzählen? Würde er sie dann nicht für einen Feigling halten? Gerade vor ihm wollte sie sich nicht schämen müssen. Schließlich hatte er so viel Mut an den Tag gelegt, als er sie vor Henshaw beschützte und die Konsequenzen dieses Tuns auf sich nahm. Bestimmt würde er nicht verstehen, dass sie fest davon überzeugt war, im Kindbett sterben zu müssen, wie es so vielen ihrer Verwandten ergangen war.
Sie unterdrückte ein Seufzen. Letztendlich war gerade die Tatsache, dass er diese leidenschaftlichen Sehnsüchte in ihr weckte, der wichtigste Grund dafür, ihn nicht zu ehelichen.
Caroline straffte die Schultern, rief sich noch einmal in Erinnerung, dass Lady Denby und ihre Freundinnen Eugenia gewiss vor den Folgen des Skandals bewahren würden, und sagte: „Ich bin sicher, dass Sie Ihren Antrag überstürzt gemacht haben, weil Sie unter Druck stehen. Wenn Sie in Ruhe über alles nachdenken, werden Sie mir darin zustimmen, dass es besser ist, nicht all unsere Zukunftspläne umzuwerfen, nur um einen Skandal zu vermeiden, der bald in Vergessenheit geraten wird.“
„Es müsste schon etwas sehr Aufsehenerregendes passieren, damit man diesen Skandal vergisst.“
Sie ging nicht darauf ein, sondern forderte Max auf, sich vorzustellen, wie es sein würde, wenn sie tatsächlich seine Gattin würde. Dabei wich sie seinem Blick aus, denn sie fürchtete, er könne allein, indem er ihr in die Augen schaute, wieder Macht über ihre Gefühle gewinnen. „Wir müssen uns darüber klar sein, welch große Unterschiede schon infolge unserer Herkunft bestehen. Sie sind der Sohn eines Earls und haben sich stets in den besten Kreisen bewegt. Ich bin die Tochter eines Landedelmannes, interessiere mich nur für Pferde und besitze keine der Eigenschaften und Fähigkeiten, die die gute Gesellschaft schätzt.“
Er öffnete den Mund. Zweifellos, um ihr mit einer höflichen Lüge zu widersprechen.
Doch rasch fuhr sie fort: „Ich bin nicht einmal daran interessiert, mir diese Fähigkeiten anzueignen. London mit seinen Theatern, seinen Ballhäusern und privaten Gesellschaften ist nicht meine Welt. Ich ziehe die Ställe und Koppeln von Denby Lodge vor. An Musik und oberflächlichem Geplauder habe ich wenig Interesse. Ich möchte meine Welt nicht aufgeben, um in der Ihren zu leben.“
Unwillkürlich musste Max lächeln. „Wer hätte gedacht, dass Sie so wortgewandt sind, wenn es darum geht, Ihre Überzeugungen und Ihre Welt zu verteidigen!“
„Es geht mir nicht darum, Ihre Welt abzuwerten. Ich möchte Ihnen nur vor Augen führen, wie verschieden wir sind. Ich habe mir nie etwas anderes gewünscht, als in Denby Lodge zu bleiben. Dorthin gehöre ich. Und wenn ich je heiraten sollte, dann einen Mann, der meine Heimat und meine Pferde ebenso liebt wie ich selbst.“ In Gedanken setzte sie hinzu: Einen Mann, den ich seit langem kenne, mit dem ich mich in Freundschaft verbunden fühle und der kein verwirrendes Feuerwerk an Gefühlen in mir entzündet.
Langsam ging sie zu einem Stuhl, der möglichst weit von Max entfernt stand, und setzte sich. „Ich bin mir der Ehre bewusst, die Sie mir erweisen. Ich weiß Ihren Antrag wirklich zu schätzen. Aber – wie ich Ihnen schon bei unserem ersten Treffen anvertraut
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