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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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nicht. Also was sagen?
    Â»Es ist nicht, was Sie mir unterstellen.« Sehr gut, Lena. Erst mal klar abgrenzen. »Er ist nur ein schwieriger Fall.«
    Dr. Thalheim bleibt kalt. »Nicht aus medizinischer Sicht.«
    Mann, nein. Natürlich nicht. DIR ist so was wahrscheinlich noch nie passiert! Draußen kannst du gleich die Wände hochgehen, Lena. Jetzt musst du das hier irgendwie sachlich zu Ende bringen. Getroffene Hunde bellen. Also nur knurren. Besser wäre gleich der unschuldige Hundeblick. Mach ihn zu deinem Verbündeten!
    Â»Er hat mich lange nicht als Ärztin – Verzeihung, als angehende Ärztin – akzeptiert und meine Anweisungen ignoriert. Ich musste mir erst Respekt verschaffen.«
    Na also. Nur aus rein fachlichen Motiven musste ich so viel Zeit dort verbringen. Und von dem Teddy weiß Thalheim nichts. Oder von unserem Date. Komm schon, Chef! … Nein, immer noch nicht.
    Â»Sie hätten ihn abgeben können«, widerspricht Thalheim. »Sie sind Anfängerin. Patienten, die Sie zu sehr fordern, sollten Sie abgeben, um sich angemessen mit ALLEN Patienten beschäftigen zu können.«
    Ja. Ist doch gut. Irgendwie hat er ja recht. Also entschuldige ich mich. Nicht nur, weil er ein bisschen recht hat. Auch weil ich jetzt WIRKLICH GERN sein Büro verlassen würde. Endlich. Nach der dritten Entschuldigung steht Dr. Thalheim auf. Er bringt mich zur Tür. Soll ich noch irgendwas sagen?
    Â»Versprochen, Dr. Thalheim. In Zukunft werde ich die respektlosen jungen Männer sofort abgeben.« War das zu viel? Täusche ich mich oder muss er schmunzeln? Ist jetzt alles wieder gut?
    Â»Eins noch«, sagt er in der Tür. »Ich habe gesehen, dass Sie ihn noch bis Mittwoch behalten wollen. Dafür sehe ich keine Notwendigkeit. Herr Ritter geht morgen.« Damit schließt er die Tür.
    Ich könnte jetzt noch mal klopfen. Aber ich tue es nicht. Man könnte darüber diskutieren, dass ich die betreuende (Fast-)Ärztin bin und die Entlassung für übermorgen festgelegt habe. Er ist aber der Chef. Dass er meine Anweisungen ändert, ist legitim.Über die Gründe dafür möchte ich nicht mit ihm streiten. Nicht mal mit mir selbst. Denn dann muss ich zugeben, was der heimliche Hauptgrund für meine Manuel-Verlängerung war. Und ich will eigentlich nur noch nach Hause.
    Auf dem Weg zum Spind komme ich noch einmal an Zimmer 17 vorbei. Und da fällt mir ein, dass es unter all den Heimsuchungen des Tages eine einzige Sache gibt, in der ich noch etwas wiedergutmachen kann. Ich öffne die Tür. Paula Schwab liegt mit dem Gesicht zur Wand, doch sie schläft nicht. Sie hält sich eine Zeitung vor das Gesicht und lässt sie auch nicht sinken, als ich sie anspreche. Aber sie hört mich ja trotzdem.
    Â»85 Prozent aller Magenkrebspatienten mit Ihrem Tumorstadium werden geheilt«, sage ich. Ich hab keine Ahnung, ob die Zahl stimmt. Ich hoffe nur, dass sie hoch genug ist, um Mut zu machen. Ohne unglaubwürdig zu sein. »Keine Angst, Sie schaffen das!«, sage ich und ich hoffe so sehr, dass ich recht habe. »Alles wird gut.«

D as Krankenhaus bestimmt irgendwann dein ganzes Leben. Jenny behauptet, dass deswegen alle Arzt-Ehen mit Nichtmedizinern in die Brüche gehen. (Und die Arzt-Arzt-Ehen halten ihrer Meinung nach auch nur, weil beide keine Zeit und Nerven haben, sich scheiden zu lassen.) Jenny muss es wissen. Bei mir ist jedenfalls zu beobachten, dass meine Gesprächsthemen, die schon während des Studiums immer eingeschränkter wurden, inzwischen auf ein Minimum reduziert sind. Auf EINS: die Klinik. Dies ist aber ein unerschöpflicher Komplex: die Ärzte, die Patienten, die Schwestern, Krankheiten, Ärgernisse, Essenszeiten. Kein Wunder, dass die Gespräche mit Außenstehenden immer seltsamer werden. Kein Wunder, dass Isa, Jenny und mir nie der Gesprächsstoff ausgeht. Fest steht: Ohne die beiden würde ich mein neues Leben nicht überleben. Nach der Zurechtweisung vom Oberarzt brauche ich dringend Unterstützung.
    Jenny erklärt Thalheim für ungerecht und neidisch – und dreht die ganze Unterhaltung, ohne dabei gewesen zu sein, binnen Kurzem so herum, dass daraus eine Eifersuchtsszene wird, in der Dr. Thalheim den jugendlichen Rivalen aus seinem Reich verbannt, um mich endlich konkurrenzlos für sich zu haben. Isa ist vorsichtiger und führt fairerweise meine nicht ganz zu

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