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Miss Emergency

Miss Emergency

Titel: Miss Emergency Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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Jenny vergessen, dass ich mich etwas abrupt vom Frühstückstisch entfernt habe. Isa ist aus dem Haus gegangen – an ihrer Stelle würde ich jetzt auch Abstand suchen. Was wird sie wohl tun? Offenbart sie Jenny, in wen sie sich verliebt hat? Davor hätte ich ehrlich gesagt Angst. Jenny sollte man diesbezüglich nicht provozieren. Sicher, es besteht die Chance, dass sie sagt »Nimm doch, ich will ihn ja nicht mehr«. Aber wie hoch diese Chance ist, kann sich jeder, der Jenny kennt, an einem Finger ausrechnen. Und selbst wenn Jenny es Isa rational vielleicht gönnen würde … Dass jemand eine andere Frau vorzieht, ist einfach eine zu große Herausforderung! Also würde ich an Isas Stelle wohl weiter auf Geheimhaltung setzen. Es seidenn, Tom und Isa sind sich ihrer Liebe gewiss … Vielleicht ist sie dann so mutig, Tom von der bevorstehenden Wiederannäherung seiner Exfreundin zu erzählen … Geht’s noch, Lena?! Wie wär’s, wenn du dich jetzt mal auf DEINE Verabredung konzentrierst? Immer dasselbe – du freust dich eine Woche und dann grübelst du stundenlang nur über andere Leute nach.
    Es ist fast zwei und Zeit, die Klamottenfrage anzugehen, wenn man gegen sechs einen optimalen Anblick bieten möchte. Die Kleiderordnung für erste Dates ist eine wahre Wissenschaft. Später, wenn man sich einig ist, kann man gern auch übertrieben aufgeschönt zu Verabredungen erscheinen, dann gilt das als Liebesbeweis und Mühe-gemacht-um-für-dich-attraktiv-zu-sein. Aber beim ersten Date kann man keinen schlimmeren Fehler machen, als zu dick aufzutragen. Man darf keineswegs überdekoriert wirken. Das Problem liegt darin, nicht aufgeputzt auszusehen – aber irre gut. Die Sachen müssen sagen: »Nein, so gut sehe ich jeden Tag aus. Ich hab mir gar nicht viel Mühe für dich gegeben.« Es dauert Stunden, das hinzukriegen.
    Zum Glück bin ich diesmal nicht ganz so hilflos wie üblich, denn die Klamotten von Jennys Mutter haben noch den Reiz des Neuen – der bei mir immer funktioniert. Neue Sachen spiegeln mir vor, ich würde in ihnen sozusagen auch wie neu aussehen. Die nagelneuen Jennymutterjeans kommen also wie gerufen. Ich liebe diese Hosen, an denen schon das Schild verkündet, wie wunderbar man darin aussehen wird. (Nee, klar, Lena. Auf so was fällst du immer rein. Schon mal eine Jeans gesehen, auf deren Schild steht »Du wirst eher nachteilig aussehen in dieser Hose«?) Wegen der Neuheiten also fällt mir die Entscheidung heute relativ leicht – aus den vier vorhandenen Jeanspaaren habe ich tatsächlich in 30 Minuten das beste Paar ausgesucht und dabei jede nur etwa zweimal angezogen. Die Probe aufs Exempel, nach einer halben Stunde noch einmal unkontrolliert am Spiegel vorbeizugehen, besteht die Jennymutterjeans auch. Die Hälfte des Outfits steht also, ich drehe mich zufrieden vor dem Flurspiegel. Bei dem schwierigeren zweiten Teil muss Jenny helfen.
    Sie braucht eine Stunde, damit ich aussehe, als sehe ich immer so aus. Aber sie macht es großartig. Anstrengend ist nur das Gespräch, das sie dabei ganz locker führt, in dem ICH aber immer rechtzeitig alle Ströme umrudern muss, die uns zum Thema Tom oder Isa bringen könnten. Jenny küsst mich zum Ende auf die Nasenspitze und wünscht mir ein perfektes Date. Ich denke lieber nicht daran, dass das Date vielleicht wirklich nur eine halbe Stunde dauert. Und dass Manuel vielleicht im Schlafanzug kommt. So viel Aufwand … Aber nachdem ich mich bisher immer nur im unvorteilhaften Kittel zeigen durfte, ist das doch jetzt meine Chance. So sehen Ärztinnen außerhalb der Klinik aus. Sie sind nämlich nicht nur Lebensretter mit Drahtseilnerven, sie sind auch atemberaubende Frauen – und das mühelos und ganz natürlich – und zeigen ihre Schönheit nur deshalb im Krankenhaus nicht in voller Breitseite, damit die männlichen Kollegen ebenso konzentriert arbeiten können wie sie. Und wegen der Herzpatienten.
    Dank Jennys exzellenter Vorbereitung erreiche ich Manuels Adresse im Bestzustand und kein bisschen nervös. Ein heruntergekommener Altbau, die Haustür ist angelehnt, Manuels Wohnung liegt im vierten Stock. Acht steile Jahrhundertwendetreppen. Langsam, Lena, im vierten Stock willst du immer noch frisch sein wie der junge Morgen. Nach vier Minuten erreiche ich das Stockwerk, in dem am

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