Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)

Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition)

Titel: Miss Emergency, Band 4: Miss Emergency , Operation Glücksstern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
Vom Netzwerk:
Fächer gibt es viele, noch nicht alle haben ihre Briefe und das Prüfungsamt ist unergründlich.
    Als die Pädiater sich nach Hause schleppen, beglückwünschen wir Isa zu ihrer Diplomatie. Denn offenbar hat ihre Nicht-Prüfungsgruppe die Nachricht ganz gut verkraftet. Sie sind zwar davongeschlichen wie geprügelte Schweinehunde – aber immerhin ohne Verwünschungen auszustoßen.
    »Sie sind schon ein bisschen sauer«, erklärt Isa. »Sie müssen nur zur Herzchirurgie, weil ich allein war. Sonst wären sie als Dreiergruppe durchgegangen … Und weil sie meinetwegen in diese schwere Prüfung müssen, tue ich einfach, als ob ich weiter mitlerne und gebe dabei unauffällig mein ganzes Wissen an sieweiter.« Sie lächelt zaghaft. »Dass ich nicht mit zur Prüfung gehe, sage ich ihnen dann später.«
    Wir finden das zumutbar – und würden uns wünschen, dass auch wir zu einem miesen Fach jemanden dazugelost bekommen, der sich darin schon auskennt und dieses Wissen großzügig mit uns teilt. Aber damit ist nicht zu rechnen. Unsere Gruppe ist komplett – und Johanna und Patrick werden ebenso von dem Viertfach überrascht wie wir.
    »Also stehen uns morgen wieder die deprimierenden, versagensangst-geplagten Pädiater ins Haus?«, fragt Jenny. »Sollen wir dann auch endlich Johanna und Patrick einladen und ein Panik-Camp eröffnen?«
    Isa bietet sofort an, die Prüfungsgruppe an einem anderen Ort zu versammeln. Doch weil ich mir denken kann, wie unangenehm es ihr ist, ihre Schwangerschaftsbeschwerden in fremder Umgebung handhaben zu müssen – ich war heute mehrfach Zeuge, wie sie abrupt mitten im Satz ins Bad gestürmt ist – schlage ich Jenny vor, dass WIR stattdessen die Wohnung verlassen.
    Jenny hat partout keine Lust, bei Johanna und Patrick zu lernen, aber sie lässt sich überzeugen, als ich lautstark grüble, ob die beiden wohl eine Schrankwand voll geschmacklosem Nippes und Fertigbilder aus dem Baumarkt haben.
    Am nächsten Morgen stehe ich gerade am Treppenabsatz und überlege mir ein Tages-Briefkasten-HeutenochkeinePrüfungs-Post-Orakel, als mein Handy klingelt.
    »Ich sterbe«, sagt eine weibliche Stimme am anderen Ende.
    »Wer ist da?«
    Ja, ich bin Ärztin. Jemand, der zu sterben androht, sollte ohne Ansehen der Person versorgt werden, für Formalitäten ist keine Zeit. Aber man wüsste doch gern …
    »Johanna!«, japst es. »Warum bist du so cool?«
    Wie bitte?! Weil ich Ärztin bin und es das Verkehrteste der Welt wäre, angesichts einer Sterbens-Androhung in Panik zu verfallen?
    »Habt ihr noch keine Post?«
    »Ich bin grade auf dem Weg«, antworte ich. Das Orakel kann ich mir ja dann schenken. Ich bin so schnell unten wie an keinem anderen Tag zuvor. Johanna schweigt. Zumindest sagt sie nichts. Ihr Atmen aber klingt hysterisch.
    Der Brief ist da. Doppelt. Einmal für Jenny, einmal für mich.
    »Wann kommt ihr zum Lernen?«, fragt Johanna. »Wir fangen sofort an.«
    »Ich ruf dich gleich zurück«, hauche ich in den Hörer, dann kann meine zittrige Hand ihn nicht mehr halten. Denn ich sterbe auch. Schneller als Johanna. Einen Anruf hätte ICH nicht mehr geschafft. Das vierte Prüfungsfach ist eine Todesstrafe.
    Ich schleppe mich die Treppe hoch, erreiche Jennys Zimmer mit letzter Kraft, lasse ihren Brief zu Boden fallen.
    »Erschlag mich«, flüstere ich.
    Mir bleibt nicht mal mehr die Kraft, in Jennys entsetztes Gesicht zu sehen. Ich falle in ihr Bett und möchte losheulen.
    Es ist Pharmakologie. Das schwerste Fach aller Zeiten. Wir haben noch drei Wochen zu leben.

E rinnerst du dich noch«, fragt Jenny mit flacher Stimme, »als wir vor 100 Jahren zwei Stunden mit Pharmakologie verbracht haben? Wir wollten Methoden zur Schicksalsbeeinflussung lernen, mit denen wir eine Pharma-Prüfung verhindern können …«
    »Selbst schuld also«, antworte ich ebenso wehmütig. »Warum haben wir diesen Plan nie in die Tat umgesetzt?«
    Es ist das erste Mal, dass wir heute den Mund aufmachen. Bisher haben wir nur gelesen und gelesen. Und höchstens verzweifelt vor uns hingemurmelt. Begriffe wie 2-Sympathomimetika, Phosphodiesterase-3-Hemmstoffe oder Opioidrezeptoren und ihre endogenen Liganden. Jede Überschrift ein Todesurteil.
    »Ja, der Sommer unserer Jugend«, jammere ich. »Als wir noch dachten, das Leben sei schön und gerecht …«
    »Sei still und lern!«, sagt Jenny grob. Dann ist wieder für drei Stunden nichts außer dem vereinzelten verzweifelten Murmeln zu hören, das uns unweigerlich

Weitere Kostenlose Bücher