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Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept

Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept

Titel: Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Rothe-Liermann
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dann …« Ruben grinst. »Wie ich immer sage: Die Letzten sind irgendwann mal plötzlich die Ersten und das ist nur gerecht.« Ich wusste, dass er es versteht. Und dass es jetzt wenigstens für meine Freundin steil aufwärtsgeht, tröstet mich ein bisschen.
    Ich verwende die letzten Minuten der Mittagspause darauf, Jenny zu suchen, um ihr von ihrem durchschlagenden Erfolg zu berichten.
    »War doch klar«, grinst sie, als ich sie endlich im Treppenhaus aufspüre. (Ich schätze, dass sie ihre kurze Nach-OP-Pause für einen Besuch bei Felix genutzt hat, und bin froh, dass sie ihre Idee von Wir-müssten-uns-auch-mal-fehlen offenbar nicht in die Tat umsetzen will.)
    Mein letzter Patientenrundgang des Tages kostet noch einmal Kraft. Frau Rühlemann hat ihre Wortgewalt wiedergefunden und quasselt in meinen fünf Besuchsminuten fast ununterbrochen. Sie ist überglücklich, wieder aufgewacht zu sein. Dass keine weiteren Tumorzellen gefunden wurden, hat sie wie selbstverständlich hingenommen – damit hat sie ohnehin nicht gerechnet, wie sie mir jetzt langatmig auseinandersetzt.
    »Ich hab doch auch medizinische Erfahrung«, ist ihre Erklärung. »Ich hab gewusst, dass da nichts mehr nachkommt.« Ihr Optimismus ist schon fast ein wenig beunruhigend. Die Reha wird sicher kein Problem, glaubt Frau Rühlemann, schließlich ist sie Expertin. Trotzdem, die Strahlenbehandlung kann sie sich weder ersparen noch selbst verpassen. Sobald Frau Rühlemannwieder richtig bei Kräften ist, werde ich mit ihr darüber sprechen müssen, dass ihr ein großer Teil der Therapie noch bevorsteht. Aber nicht heute. Ich bringe es nicht über mich, ihre Euphorie zu bremsen.
    Noch schwerer ist es, Frau Frisch in die Augen zu sehen. Sie ist ruhiger als heute Vormittag, die Wehen pausieren gerade mal wieder für eine Weile. »Schon wieder ist fast ein Tag rum«, lächelt sie leise und blass.
    »Ja«, antworte ich, »jeder Tag ist gut.« Keine Rede mehr von Eine-Woche-schaffen-wir-locker. Vielleicht müsste ich darauf beharren, gerade jetzt. Aber ich traue meiner Überzeugungskraft im Moment nicht so richtig. Wäre es nicht schlimmer, wenn sie spürt, dass ICH nicht mehr daran glaube? Ich wünsche ihr einen ruhigen Schlaf. Und hoffe mit aller Kraft, dass Pünktchens Geburt wenigstens noch nicht in dieser Nacht passiert.
    Isa ist vollkommen erschöpft. Sie ist heute von einer Assistenz zur nächsten gerannt. Aber unsere Freundin ist glücklich und betont, dass ihr nichts Besseres hätte passieren können, als dass ihre missgünstigen Kollegen sich selbst – und so katastrophal! – ins Abseits stellen. Wie es dazu kam, versteht sie aber immer noch nicht.
    Vielleicht könnten wir sie ja jetzt aufklären? Bevor sie allein herausfindet, wer seine Finger im Spiel hat? Jenny aber möchte noch wenigstens einen Tag warten. In Isas Interesse. Denn die betrogenen PJler werden morgen mit einer Mordswut den Schuldigen suchen. Und nur Isas Unwissenheit schützt sie.
    Heute erzählt meine sonst mit Klinikanekdoten so vorsichtige Freundin in ihrer Skype-Konferenz ausführlich von ihrem Arbeitstag. Ich kann bis nebenan hören, wie Isa Tom fröhlich das unverhoffte Ereignis und all seine Vorteile schildert. Tom hinterfragt den glücklichen Zufall offenbar etwas kritischer. »Mir doch egal, wie sie auf so was gekommen sind«, antwortet Isa. »Dann hat sie eben jemand reingelegt. Ich frage bestimmt nicht nach!« Danke, meine Liebe, denke ich, nimm’s als Geschenk!
    Von der anderen Seite sind Felix und Jenny zu hören. Ichvermute, dass sie dasselbe Thema beim Wickel haben, Jennys vergnügtes Gekicher spricht jedenfalls dafür.
    Nur ich sitze allein vor meinem Lehrbuchstapel, habe heute keinen zum Reden und keine Lust, jemanden anzurufen. Auch mein Computer kann mich zum ersten Mal nicht reizen. In meinem Kopf ist kein Platz mehr für die weitere Anhäufung von nie brauchbarem Wissen über ein südafrikanisches Land. Pünktchen füllt allen verfügbaren Hirnraum. Ich habe schon seit zwei Minuten keinen Blick mehr ins Lehrbuch geworfen. Und keine Ahnung, was ich davor gelesen habe. Alles gelöscht.
    Mein Blick schweift ab in den verregneten Abend vor dem Fenster. Definitiv kein Wetter für Optimismus. Der Februarmatsch ist um zehn Uhr abends noch deprimierender als um sieben Uhr morgens.

B itte, bitte, nicht heute, ist mein erster Gedanke beim Aufwachen! Fast vergesse ich mein Prinzip, niemals Patientenschicksale zu orakeln. Den ganzen Morgen werde ich diese

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