Miss Emergency Bd. 3 - Liebe auf Rezept
verselbstständigt.
Ich sehe Jenny an, dass sie schon wieder auf hässlichste Rache sinnt. Aber so leid mir Isa tut – ich denke, noch einmal sollten wir uns auf keinen Fall einmischen. Was kann man ihr nur raten?!
»Sind sie denn wirklich alle so?«, frage ich hilflos. Wie kann ausgerechnet die freundliche, selbstlose Isa derart in die Schusslinie geraten?! Isa schüttelt den Kopf. Eigentlich hatte sie heute früh das Gefühl, ihre freiwilligen Überstunden seien bei den anderen als die Solidarität angekommen, als die sie gemeint waren. Eine der Kolleginnen hat sich sogar fast bedankt. (So deutet Isa jedenfalls die freundliche Frage nach ihrem gestrigen Abend.) Und dann so was! Isa ist den Tränen nahe.
»Wenn ich heimgegangen wäre, hätten sie sich benachteiligt gefühlt. Aber dass ich geblieben bin, empfinden sie jetzt als Anbiederei. Und dafür erfinden sie nun das Nächste: Dass ich den Stationsarzt gegen sie aufhetze! Was soll ich denn bloß machen?«
Jenny fordert als Erstes, dass Isa die überflüssige Fleiß-Nacharbeit einstellt. Dem kann ich nur zustimmen. Aber ich muss noch an etwas anderes denken.
Nach meiner Erfahrung ist nie eine ganze Gruppe gleichzeitig und gleichermaßen gemein. Als ich in der siebten Klasse unerwartet nicht wieder ins Handballteam gewählt wurde, steckte Zoe Schmidt hinter der demütigenden Degradierung. Später stellte sich heraus, dass sie auch auf Tilo stand, vom dem ich zum Baden eingeladen wurde und mit dem ich nächtelang an der Telefonstrippe hing. Tilo war der Star derJungenhandballmannschaft und um mich von den Handballerpartys fernzuhalten, versetzte Zoe mit List und Tücke den Trainerstab in den Glauben, ich sei nicht mehr gut genug und wegen Pubertätslaunen nicht teamfähig. Seitdem ist Zoe Schmidt für mich der Inbegriff für hinterhältige Aufhetzerei. Ich könnte wetten, dass auch hinter Isas Demütigung eine Zoe Schmidt steckt. Das ist doch viel wahrscheinlicher, als dass die sanfte Isa tatsächlich immer wieder eine komplette Riege PJler gegen sich aufbringt.
Als ich meinen Freundinnen vom Ende meiner Handball-Karriere erzähle, nickt Isa wissend. Ihre Zoe Schmidt hieß Mareike Roller und hat behauptet, Isas Eltern würden für ihre guten Schulnoten zahlen.
Jennys Zyklopenauge zieht sich missmutig zusammen. »Annabella Türmer …«, knurrt sie. Aha. Selbst sie weiß, wovon ich rede. (Schäbig: Ich hatte mir gerade vorgestellt, dass Jenny selbst die Zoe Schmidt für eine bemitleidenswerte Klassenkameradin gewesen sein könnte.)
Nach dieser Feststellung wirkt Isa ein bisschen erleichterter. Wir müssen also nur rausfinden, wer Isas Zoe Schmidt ist.
»Und dann?«, fragt Isa.
»Dann trennen wir sie von der Herde und machen sie fertig«, sagt Jenny hart. »Ich habe Annabella Türmer nach der Sportstunde in der Dusche eingeschlossen, sie dazu gebracht, alles zuzugeben und dann die Kassette über den Schulfunk abgespielt. Danach hat ihr kein Mensch mehr irgendwas geglaubt.«
Herrlich! Ich wünschte, ich hätte Zoe Schmidt etwas Ähnliches entgegenzusetzen gehabt!
»Wir werden niemanden irgendwo einschließen und Geständnisse erfoltern!«, sagt Isa entschieden. Doch jenseits dieses Punktes ist sie mehr als einverstanden damit, ihr Kollegenproblem zu lösen, indem wir die zuständige ZoeSchmidtMareikeRollerAnnabellaTürmer finden.
»Und falls doch ein winziges bisschen Verhauen notwendig sein sollte«, setzt Jenny nach, »übernimmt das gern und unkompliziert Ihr Haus-Zyklop.«
»Danke«, haucht Isa. »Ohne euch wäre ich verloren!« In dieser Sekunde beschließt sie auch, heute wirklich und unter allen Umständen mit Tom zu reden. »Es ist idiotisch, dass ich auf seine Unterstützung verzichte«, erklärt sie. »Ich brauche doch gerade jetzt so dringend jemanden, der mich bedingungslos liebt.« Endlich kommt es ihr selbst blödsinnig vor, dass sie Tom nicht längst eingeweiht hat. Denn die aushilfsweise Beistandssuche beim Stationsarzt hat doch nur dazu geführt, dass ihr jetzt die nächsten Vorwürfe um die Ohren pfeifen.
»Also, alles klar.« Als sie aufsteht, kann sie schon wieder lachen. »Ich weihe Tom ein, ich verbitte mir, dass Dr. Gode mich noch mal vor allen zuerst aufruft und dann verhauen wir die Mareike Roller der Chirurgie!« Wir nicken den Plan ab – und damit ist es uns immerhin gelungen, Isa mit entscheidend gehobener Laune zurück auf ihre Station zu entlassen.
Am Nachmittag darf ich tatsächlich Luis Berger bei der
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