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Miss Mary und das geheime Dokument

Titel: Miss Mary und das geheime Dokument Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Melikan Stephanie Kramer
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schließlich hatte er es versprochen.
    »Hört sich an, als sei das eine bemerkenswerte junge Person, deine Miss Finch.«
    Holland konnte dies nur bestätigen, nach allem, was sie gesagt, wie sie mit ihm diskutiert, ihn ausgelacht und sich kein bisschen geziert hatte, auch wenn sie Angst gehabt hatte. Das alles mochte er an ihr, und nicht zuletzt auch ihre Art zu lächeln. Aber es war vollkommen verrückt, über solche Dinge nachzudenken, daher sagte er zu seinem Onkel nur: »Aber auch ein bisschen … wirklichkeitsfremd, wissen Sie, wie Mädchen eben sind, aber dennoch mutig. Sie ließ sich durch nichts abschrecken.«
    »Hübsch?« Sobald ihm das Wort über die Lippen gekommen war, hätte Sir William es am liebsten wieder zurückgenommen. Denn jede Erwähnung weiblicher Schönheit brachte unwillkürlich wieder Susannah ins Spiel. Und noch bevor Holland etwas anderes als nicken konnte, wechselte Sir William rasch das Thema. »Finch. Hm-m, der Name kommt mir irgendwie bekannt vor. Wie hieß der Onkel doch gleich noch?«
    »Edward. Er lebte wegen seiner schlechten Gesundheit wie ein Einsiedler; und der Großvater hieß Thomas Finch, ein Kapitän zur See auf der Nordatlantikroute - im Pelzhandel. Hat ein Vermögen damit verdient, und Edward Finch hat es geerbt.«
    Thomas Finch: Den Namen kannte Sir William. Ein jüngerer Zweig einer alten Familie aus Hampshire, und er war der Parlamentsabgeordnete für East Salton, als Sir William im Schatzamt anfing. Finch hatte im Parlament nur selten das Wort ergriffen, obgleich er in der Regel zugunsten der Regierung stimmte, und Sir William tat sich schwer, etwas über ihn zu sagen. »Er muss ein Vermögen verdient haben, wie du schon sagst, denn diese Wahlbezirke in Cornwall sind verflixt teuer. Aber immerhin, er hat seinen Weg gemacht, hat es im Leben zu etwas gebracht. Das zeigt, was ein tüchtiger Mann erreichen kann.«
    »Hm.« Holland verstummte ebenfalls, fuhr dann aber fort: »Haben Sie je von einem Mann gehört, der den Erzbischof von Canterbury auf Anweisung des Königs ermordet hat, Sir? In früheren Zeiten, meine ich.«
    Sir William runzelte verblüfft die Stirn. »In früheren Zeiten - aber ja, Henry II. und Thomas Beckett. ›Wer schafft mir diesen aufrührerischen Priester vom Hals?‹«
    »Genau der.«
    »Ja, eine berühmte Geschichte, so wie die von König Alfred und den verbrannten Kuchen. Aber warum fragst du? Du planst doch hoffentlich nicht etwa einen Anschlag, oder?«
    »Nein, Sir«, erwiderte Holland lächelnd. »Nichts dergleichen.«

13
    Die Damen kehrten am folgenden Nachmittag nach Storey’s Court zurück. Holland schaute im Holzlager gerade zu, wie Charlotte sich bemühte, Clemmie über ein nicht allzu hohes Hindernis zu bewegen, als einer der Stallburschen verkündete, die Kutsche von Lady Armitage komme die Auffahrt hochgefahren. Im Nu wurden alle notwendigen Vorkehrungen getroffen: das Hindernis abgebaut, Clemmie in den Stall geführt und Charlotte ins Haus befohlen, um sich umzukleiden und ihre Ausgelassenheit zu dämpfen. Holland indes verrichtete seine Toilette im Garten vor der Küche mit mehr Hast, indem er sich einfach im Brunnen die Hände wusch.
    Als er vor dem Haus ankam, hatten die zwei Passagiere bereits wieder festen Boden unter den Füßen. Eine Unmenge an Gepäckstücken war ausgeladen und kam unter Jeffries’ Aufsicht in die Obhut von zwei Dienern. SirWilliam und die Haushälterin Mrs. Ramsay kümmerten sich um die beiden Ankömmlinge. Holland nahm diskret seine Position zu ihrer Linken ein. Ohne Umschweife stellte er Blickkontakt zu Susannah her, die ihm die Gunst eines freudestrahlenden Lächelns gewährte. Kurze Zeit später erschien Charlotte neben ihm. In dem aprikotfarbenen Musselinkleid machte sie nun einen sittsamen Eindruck. Sogar ihr Strickzeug trug sie bei sich.
    »Sei nicht albern, Kräbbchen«, murmelte Holland. »Sie wird dir nie und nimmer abnehmen, dass du die ganze Zeit mit Stricken beschäftigt warst, und so merken, dass du etwas zu verbergen hast.«
    Kaum hatte er das gesagt, da rief Lady Armitage zu Charlotte gewandt, es sei viel zu kalt, um in einem derart dünnen Kleid hier herumzustehen, und sie solle auf der Stelle ins Haus gehen. Offenbar nahm sie nun auch erstmals von Holland Notiz und ging auf ihn zu, um ihn zu begrüßen. Lady Armitage war eine hochgewachsene, gutaussehende blonde Frau, auch wenn sie einen etwas strengen Eindruck vermittelte. Obgleich sie gesetzt wirkte, ließ ihre Kleidung auf eine

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