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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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Miss Seeton.«
    »Ich glaube wirklich, das wäre alles, Martha. Vielen Dank für Ihre Mühe.«
    »Schön. Und Sie gehen jetzt gleich ins Bett. Ich hab’ Ihnen die Wärmflasche reingelegt.«
    »Aber ich kann doch am hellichten Tag nicht ins Bett gehen«, protestierte Miss Seeton. »Ich muß auspacken und. und.«, wie sonderbar – erst jetzt kam sie darauf, daß es nichts Dringendes zu tun gab, nichts, was nicht warten konnte.
    »Sie müssen gar nichts«, sagte Martha. »Ausgepackt ist alles, was Sie im Moment brauchen. Gehen Sie ins Bett, das tut Ihnen gut. Sie sehen müde aus – kein Wunder.«
    Es war etwas Neues für Miss Seeton, sich herumkommandieren zu lassen, und merkwürdigerweise genoß sie es. »Ehrlich gestanden, ich bin auch müde. Es war spät gestern abend, und ich bin es nicht gewöhnt, mittags so viel zu essen, so herrlich es geschmeckt hat.« Sie ging zur Tür. Martha kam ihr in den Flur nach und griff rasch an ihr vorbei, um die schwere Eichentür des unter der Treppe befindlichen Wandschranks zuzumachen. Sie schob den Riegel vor. »Da müssen Sie aufpassen, Miss Seeton. Beinahe hätten Sie sich gestoßen. Das Schloß ist ausgeleiert, und die Tür geht leicht von selber auf. Der Riegel muß immer zu sein, sonst stoßen Sie sich mal fürchterlich. Und nun ins Bett mit Ihnen. Jetzt kommt kein Mensch und stört Sie, und wenn doch, dann hören Sie es nicht, weil das Schlafzimmer nach hinten raus liegt. Und dann genießen Sie schön den ruhigen Abend, und morgen früh sind Sie wieder munter wie ein Fisch im Wasser.«
    »Ja, da haben Sie recht.« Miss Seeton stieg die ersten Stufen der engen Treppe hinauf. »Und Martha.« Sie blieb stehen und sah sich noch einmal um.
    »Ja, Miss Seeton? Was ist?«
    »Ich. ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll. Ich habe das Gefühl. Sie und Stan haben mir das Gefühl gegeben, als wäre ich hier schon zu Hause.«
    Martha lachte. »Das hab’ ich gehofft. War ja noch schöner, wenn’s nicht so wäre. Ich schleiche mich durch die Küche davon, weil ich noch Salat brauche, für Stan, zum Abendessen, ich nehm mir also ein paar Köpfe mit und geh durch das Gartentörchen, da spar ich Zeit. Wiedersehen, Miss Seeton – bis Freitag, wenn wir uns vorher nicht sehen.«
    Was für ein Glück sie hatte. Die gute Martha. Sie redete noch immer wie ein Wasserfall: Tante Flora hatte behauptet, sie sei mitten in einem Kaffeeklatsch geboren. Im Schlafzimmer legte Miss Seeton Hut und Handtasche auf den Frisiertisch und blieb einen Augenblick regungslos stehen: der Garten! Der eigene Garten. So absolut anders als London.
    Sie zog die Vorhänge zu, damit das Licht sie nicht blendete, legte Mantel und Kleid auf einen Stuhl und kroch ins Bett. Warm. Behaglich. Und so ruhig. Niemand, der einen störte. So albern, ein schlechtes Gewissen zu haben, weil man sich nach Tisch mal hinlegte. Martha hatte völlig recht. Es war genau das, was sie brauchte. Schlaf.»

3
    Ich muß schon sagen, ich finde das merkwürdig.«
    »Ein bißchen komisch, meine ich auch.«
    »Nicht nur komisch – seltsam. Man legt sich nicht einfach schlafen, kaum daß man irgendwo angekommen ist, und auch noch nachmittags. Höchstens, man hat einen Grund. Würdest du das tun?«
    »Ich nicht, nein. Nicht ohne Grund.«
    »Glaubst du, sie trinkt oder so was und muß sich dann hinlegen und schlafen?«
    »Möglich.«
    »Oh, Eric, wie schrecklich. Wir hätten den Löwenzahnwein nicht dort lassen sollen, da wird ihr nur noch übler.«
    »Vielleicht ist es nicht das. Vielleicht ist es was anderes. Möglich, daß sie krank ist.«
    »Na, so krank kann sie nicht sein, sonst hätte sie nicht von London herreisen können. Obwohl. ich habe zufällig gesehen, daß die Schlafzimmervorhänge zugezogen sind, weil ich den Weg ein Stück langgegangen bin, bloß um zu sehen. Ich meine, man zieht die Schlafzimmervorhänge nachmittags nicht zu, wenn man nicht seine Gründe dafür hat, oder?«
    »Nein, nur wenn man nicht will, daß jemand reinguckt.«
    »Daß jemand reinguckt. Ja, das wäre eine Erklärung. Aber warum soll denn niemand.? Oh, Eric, das ist ja fürchterlich, nur daran zu denken. Es kann doch nicht. es ist doch nicht möglich. Drogen, glaubst du? Könnte es das sein? Was meinst du?«
    »Möglich, natürlich. Könnte schon sein.«
    Die beiden Frauen gingen in die Post und stellten sich an der Lebensmitteltheke an.
    »Schrecklich, wenn man bedenkt.« Mrs. Blaine dämpfte die Stimme; wer weiter als zwei Meter entfernt war, mußte die

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