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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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beiden Kuchengeschenken den größeren Napfkuchen aus und wickelte ihn aus dem Papier. »Ich verstehe nicht viel von Klemmen, wie Sie es nennen. Und was man macht, wenn man in einer drin ist, weiß ich auch nicht.« Sie schob den Kuchen auf einen Teller, stellte ihn auf das Tablett zu den anderen Sachen und begutachtete das Resultat: Butterbrote, belegte Brötchen, Kekse, Marmelade, Plätzchen, ein Napfkuchen – das müßte reichen. Marthas Vorstellung vom Tee für eine Person entsprach ihrer Vorstellung von Abendessen für zwei. Aber junge Leute brauchten viel. »Manchmal hilft es aber, über seine Schwierigkeiten zu reden. Das Problem einmal laut auszusprechen, darauf kommt es an, glaube ich. Und manchmal schrumpft es dadurch. Aber natürlich gibt es auch Fälle«, setzte sie ehrlicherweise hinzu, »in denen es nicht schrumpft. Und was die Beziehung zur Kriminalpolizei betrifft, da kann ich Ihnen kaum nützlich sein. Ich habe nie was mit der Polizei zu tun gehabt.« Als sie aufblickte, sah sie, daß Nigel die linke Augenbraue hochzog. Errötend lachte sie. »Na ja, fast nie.« Das Wasser kochte, und sie griff zur Teekanne. »Sie könnten schon die Klappstühle hier und den Tisch rausbringen, während ich den Tee aufgieße.«
    Als Nigel am gedeckten Tisch in der Sonne saß, stellte er fest, daß er Hunger hatte. Miss Seeton goß Tee ein. »Und jetzt, Mr. Colvenden.«
    »Nigel, bitte.«
    »Gut, Nigel. Was ist das für eine Schwierigkeit oder Klemme, und warum können Sie mit Ihrem Vater oder sonst jemand, den Sie kennen, nicht darüber reden?«
    »Vermutlich«, sagte er langsam, »gerade deshalb, weil ich sie kenne. Die ganze Geschichte ist so lokal – das ist das Dumme. Natürlich wäre es ideal, wenn man es mit Vater bereden könnte, aber wie die Dinge liegen, geht das nicht. Er ist nämlich Friedensrichter, und ich brächte ihn in eine unmögliche Situation, wenn ich ihm alles sagte, was ich jetzt weiß. Ich meine, wenn es mir wirklich gelingt, denjenigen, mit dem ich befreundet bin, rauszuhalten, wenn die Geschichte platzt – und eines Tages platzt sie bestimmt –, denn Vater kann ja nicht gut in einem Fall als Friedensrichter fungieren, wenn er weiß, daß noch jemand in die Sache verwickelt ist und ich denjenigen gedeckt habe.«
    Miss Seeton nickte. »Verstehe. Und dieser Freund von Ihnen hat wirklich etwas getan, das gegen die Gesetze verstößt?«
    »Leider«, sagte Nigel grimmig. Er nahm das Kuchenmesser und drehte es zwischen den Fingern, während er daran dachte, zu welchem Ergebnis sein einziger Versuch geführt hatte, Sonia Venning über die Pflichten der Mutterschaft und die Erziehung von Töchtern zu belehren. Ebenso gut hätte man mit einer Packung tiefgefrorener Himbeeren reden können. Ob er sich nicht lieber um seine eigenen Angelegenheiten kümmern wolle. gut gekühlt. Seit wann er vermute, daß. auf Eis serviert. Ob er sich wirklich vorstelle. mit dicker Reifschicht überzogen.
    Durch ihre Erfahrungen mit Kindern gewitzt, wartete Miss Seeton schweigend ab. Ihrem ruhigen Blick gegenüber – kein Tadel war darin zu erkennen, nur Aufmerksamkeit und diskrete Anteilnahme – gab sich Nigel geschlagen. »Es ist ein Mädchen, das ich kenne«, sagte er abrupt. »Sie ist noch sehr jung, erst siebzehn, und man kann sie nicht verantwortlich machen.« Er sah Miss Seeton mit schiefem Lächeln an, bohrte das Messer in den Kuchen und schnitt ihn durch. »Na schön, ich weiß, ich bin auch nur ein Jahr älter, aber ich bin nicht so leichtsinnig. Ich kenne sie seit Jahren; sie war sechs, als ihre Mutter und sie hierher gezogen sind. Wir sind sozusagen zusammen aufgewachsen, und ich kann einfach nicht mit ansehen, was sie da treibt, ohne irgendwas zu unternehmen. Außerdem hat ihre Mutter schuld. Mrs. Venning.«
    »Venning?« unterbrach ihn Miss Seeton. »Warten Sie, ich glaube beinahe. ja, Mrs. und Miss Venning haben mir heute nachmittag ein Glas Marmelade gebracht – oder bringen lassen.«
    »Wollen Sie damit sagen –« Nigel legte sein Kuchenstück auf den Teller und starrte sie an, »daß Sie Mrs. Venning kennen?«
    »Nein, das nicht«, antwortete sie rasch. »Aber während ich meinen Mittagsschlafgehalten habe, sind Leute hier gewesen und haben mir Willkommensgrüße hingestellt, mit Zetteln daran, und einer davon ist von Mrs. und Miss Venning.«
    »Von Mrs. Venning?« wiederholte er stirnrunzelnd. »Komisch. Sie hat sich praktisch von allem Verkehr zurück gezogen. Daher kommt ja der ganze

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