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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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herangaloppieren und hörte ihn rufen: »Haltet den Dieb! Haltet den Dieb!«
    Sir George schwang sich in den Wagen und knallte die Tür zu. Nigel schaltete in Windeseile durch sämtliche Gänge. Licht fiel aus offenen Haustüren, Taschenlampen blinkten auf, Leute in seltsamer Aufmachung liefen aus den Häusern, rannten zurück, schwenkten Schürhaken, Besen und Stöcke, jeder brüllte etwas anderes, und die so bewaffnete Meute stürzte sich in die Schlacht, während der M.G. auf der Straßenmitte seinem Wild nachsetzte – Sir George kampfbereit im Wagen stehend, die Flinte entsichert auf die Windschutzscheibe gestützt.

5
    An nächsten Morgen schliefen die Männer in Rytham Hall aus.
    »Schon jemand auf?«
    »Auf schon, aber noch nicht unten, m’lady. «
    »Faulpelze«, sagte Lady Colvenden.
    Sie machte die Haustür zu. Gott sei Dank war es ein Martha-Tag, da hatte sie Hilfe beim Kochen. Sie trug ihre Einkäufe in die Küche und ging daran, ein Tablett zu richten. Zehn nach Zehn. Für jeden ein Ei und zwei Scheiben Toast, das reichte für diese Tageszeit. Eben brummte der Staubsauger los. Na gut, wenn Martha das Eßzimmer machte, mußten sie sich eben in das Wohnzimmer setzen. Zum hundertsten Male wünschte sie, in der Küche ließe sich eine Eßecke einrichten, aber mit den ganzen Installationen direkt unter dem einzigen Fenster ging es einfach nicht. Das zu ändern, wäre eine Haupt- und Staatsaktion.
    Beide sahen etwas dümmlich aus, fand Lady Colvenden, als die Männer Ei und Toast verspeist hatten – wie Schuljungen, die man bei einem Streich erwischt hatte. Und so war es wohl auch, nach dem, was im Dorf erzählt wurde, und nach dem Zustand, in dem sich ihr M.G. befand. Von einem betont gleichgültigen »Guten Morgen« abgesehen, hatte keiner von ihnen bisher etwas gesagt. Sie reichte ihnen die Teetassen. »Habt ihr eine angenehme Nacht verbracht?« fragte sie munter.
    Sir George verschluckte sich. Nigel mußte husten. Beide stellten hastig die Tassen ab. Sie warfen sich einen Blick zu und brachen in hemmungsloses Gelächter aus.
    Es war einfach unfair. Lady Colvenden gelang es, noch einen Augenblick unschuldig und verwundert auszusehen, aber dann machte ein unwillkürliches Glucksen in ihrer Kehle ihre Anstrengung zunichte, und sie stimmte in das Gelächter ein. Es klopfte, und Martha steckte den Kopf durch die Tür.
    »Die Polizei, für Sie«, meldete sie.
    Das gab ihnen den Rest. Als Superintendent Delphick mit Sergeant Ranger auf den Fersen das Zimmer betrat, hatte er den flüchtigen Eindruck, daß er eigentlich einen Eimer voll Heringe bei sich haben müßte, um die Seehunde zu füttern.
    Nachdem die Ordnung teilweise wiederhergestellt, das Vorstellen erledigt, Martha Bloomer zur Beschaffung von Kaffee in Marsch gesetzt war und die Kriminalbeamten sich auf Stühlen installiert hatten, wurden Entschuldigungen angeboten.
    »Nein, nein, ich bitte Sie«, wehrte Delphick ab. »Die Polizei wird so selten derart stürmisch begrüßt. eine herzerfrischende Abwechslung. In erster Linie«, setzte er hinzu, »wollten wir Miss Seeton sprechen.«
    »Das falsche Haus«, krächzte Sir George. »Nein«, japste Lady Colvenden mit versagender Stimme. »Das richtige Haus, aber der falsche Zeitpunkt. Zum Lunch kommt sie wieder her.« Sie nahm sich zusammen. »Bitte, Superintendent, Sie dürfen es uns nicht übel nehmen. Ich weiß, es ist ernst, aber wir sind heute morgen alle ein bißchen überreizt. Mein Mann und mein Sohn sind eben erst zum Frühstück heruntergekommen, und so haben wir uns noch nicht über unsere diversen Betätigungen informieren können. Über die Aktivität meines Mannes und meines Sohnes hörte ich im Dorf verschiedene Versionen – alle sehr farbig und dramatisch und alle, fürchte ich, ungenau –, aber daß Miss Seeton den Rest der Nacht hier verbracht hat, wissen Sie noch gar nicht.«
    »Hast du sie geholt, meine Liebe?«
    »Ja, George, mit deinem Monstrum von Galakutsche, weil mein eigener Wagen mit anderem Auftrag unterwegs war.«
    »Es tut mir leid, Mutter, mit dem M.G. aber wir mußten.«
    »Schon gut, Nigel«, sagte sie beschwichtigend. »Ich habe volles Verständnis. Zumindest« – das Gequälte ihres Lächelns wurde etwas ausgeprägter – »werde ich irgendwann vollstes Verständnis haben. Ich war heute morgen an der Tankstelle – Crabbe hat den M.G. in aller Frühe draußen vorgefunden, mit eurem Zettel unter dem Scheibenwischer, und seine Leute sofort darangesetzt. Der Kotflügel ist

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