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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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Sie haben sich doch nicht verletzt?« Sie sprach ins Leere. Der Mann, der eben noch wie verrückt auf einem Fuß herumgetanzt war, während er den anderen festhielt, war auf den Hühnerstall gehechtet, hatte sich aufs Dach gezogen und war über die Mauer verschwunden.
    Ein Plumps, ein Schrei, ein Fluch. Dann stolpernde Schritte, laufende Schritte. Fenster gingen auf, Türen gingen auf. Die Hühner verdoppelten ihre Anstrengungen, um die Konkurrenz zu übertreffen. Rufe: »Was ist los?« – »Hilfe, Mörder!« – »Das waren doch Schüsse.« Eine Männerstimme: »Rasch, nu mach schon, rasch.« Zwei laute Knalle, Schmerzensschreie. Türenschlagen, aufheulende Motoren. Und über dem ganzen Tumult Sir Georges triumphierende Trompetenstimme: »Hab’ ihn erwischt, bei Gott – eine Ladung in jede Hinterbacke!«
     
    Zwei schnellfahrende Autos, eines dicht hinter dem anderen, Scheinwerfer voll aufgeblendet, kamen auf ihn zu – eben fuhren sie durch die zweite Biegung der vor ihm liegenden S-Kurve. Das mußten die Brettenden-Fahrer sein, folgerte Nigel. Erleichtert seufzte er auf. Dann konnte nichts passiert sein. Wenn sie schon jetzt hier waren, hieß das, daß sie im Dorf nicht einmal angehalten hatten. Angie mußte schon in die Seitenstraße nach The Meadows eingebogen sein, und der andere Wagen, der fremde, war bestimmt schon auf der Heimfahrt, ganz gleich, wo er zu Hause war. Nigel nahm Gas weg, griff ins Handschuhfach und holte eine starke Stablampe und eine Sonnenbrille heraus. Seit geraumer Zeit hatte er sich auf ihr Straßengraben-Spiel vorbereitet, aber erst jetzt kam, wenn er Glück hatte, die erste Gelegenheit, bei der er seine Gegenmaßnahmen ausprobieren konnte. Als die Autos in die gerade Strecke einbogen, setzte er die Sonnenbrille auf und blendete ab. Die Scheinwerfer der anderen blieben so hell wie zuvor. Er lächelte grimmig: Aha, der übliche Trick. Er hatte sie oft genug dabei beobachtet, meistens aber von hinten.
    Der erste Wagen fuhr mit blendendem Licht direkt auf ihn zu. Erst im letzten Augenblick, als er wußte, daß der andere ausweichen würde, steuerte Nigel halb auf den Sommerweg, blendete seine Scheinwerfer voll auf und richtete die Stablampe direkt auf die Windschutzscheibe seines Gegners. Schreckensschreie und Flüche, gleich darauf das herzerquickende Geräusch splitternder Zweige und scheppernden Metalls. Einer im Straßengraben, der andere noch auf der Fahrbahn.
    Mit aufgeblendeten Scheinwerfern und angeknipster Stablampe fuhr Nigel dicht an dem zweiten Wagen vorbei, der gebremst hatte, um seinem Kameraden Platz zum Manövrieren zu geben. Nigel widerstand der Versuchung, dem aus dem Fenster gereckten Kopf eine Backpfeife zu versetzen und den Kerl zu beschimpfen; er warf Sonnenbrille und Stablampe auf den Beifahrersitz, blendete ab, raste der S-Kurve zu und dankte dem Mond für die eben ausreichende Beleuchtung. Sowie er die Kurve hinter sich hatte, blendete er auf und gab einen Jubelschrei von sich. Von der eigenen Bombe zerrissen! Wenigstens einmal hatten die Burschen abgekriegt, was sie verdienten. Sein Nummernschild hatten sie nicht sehen können, Platz zum Wenden gab es nicht, also war eine Verfolgung ausgeschlossen. Jedenfalls hatten sie genug damit zu tun, ihre Genossen aus dem Graben zu holen.
    Wenige Augenblicke später fuhr er vergnügt in Plummergen ein. Alles ruhig in Miss Seetons Haus; kein erleuchtetes Fenster – gut. Als er am Ende der Dorfstraße rechts in die Marsh Road einbog, um nach Hause zu fahren, brach hinter ihm der Hühnerkrieg aus. Er trat auf die Bremse, fuhr rückwärts in einen Torweg, wendete und raste zurück.
    Überall wurden Fenster hell. Vor Miss Seetons Haus würgte er den Motor ab und sprang hinaus.
    Was für ein Spektakel. Die Hühner, natürlich – es mußte hinten im Garten sein. Er rannte an der Mauer entlang. Als er den Hühnerstall fast erreicht hatte, erhellte sich der Weg im Licht von Scheinwerfern. Ein Wagen schoß an ihm vorbei, bog in die Dorfstraße und raste davon. Das Auto des Fremden! Nigel stürzte zu seinem M.G. zurück, sprang hinein, wendete, um den anderen zu verfolgen, trat wieder auf die Bremse, um seinem Vater auszuweichen, dessen untersetzte Gestalt plötzlich von dem Fußweg her auf die Dorfstraße rannte, die doppelläufige Flinte schußbereit unter dem Arm. Nigel stieß die Tür neben dem Beifahrersitz auf, sah gerade noch den Pfarrer mit rudernden Armen und flatterndem Nachthemd wie ein Gespenst vom Friedhof

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