Miss Seetons erster Fall
gelegentlichen Besuche im Club bereits mißtrauisch beobachtet wurden, und dieses Mißtrauen konnte jeden Augenblick in Schlimmeres umschlagen. Seit der Brighton-Episode ging Angela ihm aus dem Weg. Sich auf die Lauer zu legen, war die einzige Möglichkeit, die ihm geblieben war.
Fünf junge Männer und zwei Mädchen hatte er seit langem als Hauptunruhestifter ausgemacht. Zwei von den Jungen besaßen Autos oder konnten sich welche ausleihen. In der Woche zuvor hatte er sich damit begnügt, den offenen Sportwagen seiner Mutter in der Nähe des Clubs zu parken und dem verheißungsvollsten dieser beiden Autos oder auch Angelas Wagen in gehörigem Abstand zu folgen. Falls noch ein Raubüberfall versucht werden sollte, war er entschlossen gewesen, entweder den Schauplatz durch Aufblenden zu erhellen, in der Hoffnung, die Kerle zu verscheuchen – oder sie zu verfolgen oder auch die Polizei zu benachrichtigen, je nachdem, was die Situation erforderte. Was er tun sollte, wenn Angela wieder dabei sein sollte, darüber war er sich nicht schlüssig geworden. Aber das Beobachten und Abwarten hatte zu nichts geführt. Von der Erkenntnis abgesehen, daß ihm die monotone, anstrengende Tätigkeit eines Privatdetektivs nicht lag, hatte er festgestellt, daß man sich gute Nacht zugerufen, den einen oder anderen zu Hause abgesetzt und die Autos für die Nacht geparkt hatte. Es sah so aus, als ruhe die Clique erst einmal auf ihren Lorbeeren aus.
Daß Rauschgifte irgendwelcher Art im Spiele waren, wußte er; unklar aber war ihm, ob es sich nur um Aufputschmittel oder um gefährlichere Dinge handelte. Am meisten beunruhigte ihn die Frage, wie weit die Entwicklung in Angelas Fall gegangen sein mochte. Ein paar Monate zuvor hatte sie ihn überredet, ein paar von den Tabletten zu nehmen, die sie ›ihre Stimmungspillen‹ nannte. Er hatte sie geschluckt und interessiert auf die Wirkung gewartet, in der Annahme, sie nach einem solchen Experiment besser verstehen und besser mit ihr fertig werden zu können. Es hatte sich aber als Reinfall erwiesen. Entweder war die Dosis zu stark gewesen, oder er war allergisch dagegen. Denn gerade als er ein erstes leichtes Schwindelgefühl verspürte, empörte sich auch schon sein Magen, und er hatte alles wieder von sich geben müssen.
Nigel hatte sich im Gebüsch hinter den Holzplanken, die den Parkplatz des Clubs einzäunten, versteckt. Das Laub war feucht vom Tau, der Erdboden ebenfalls. Er hatte den bestimmten Eindruck, daß Insekten von oben, Spinnen, Ohrwürmer und ähnliches Gezücht, durch den Engpaß zwischen Hals und Hemdkragen nach unten strebten, während Kerbtiere von unten, Ameisen, Tausendfüßler und deren Verwandte, durch seine Hosenbeine nach oben wanderten und sich beide Ströme etwa in Höhe seiner Gürtellinie zum geselligen Beisammensein vereinten. Ihm war kalt, seine Kleidung feucht, und es juckte ihn überall.
Enttäuscht, daß die Polizei nicht schon in Armeestärke im Anmarsch war, hatte er nach einigem Nachdenken zugeben müssen, daß doch ein Fortschritt zu verzeichnen war: Immerhin hatte der Yard-Mann genaue Fragen gestellt und Miss Seeton versichert, es werde etwas geschehen. Dadurch ermutigt, hatte er beschlossen, die Nachtwachen fortzusetzen, solange er konnte oder vielmehr solange seine Mutter ihm bereitwillig ihren M.G. überließ. An diesem Abend hatte sie nur gemurmelt, mit einem Mann, der tagsüber schlafe und nachts Karnickel jage, und einem Sohn, der in ihrem Wagen übernachte, sei sie nicht nur Strohwitwe und Strohmutter, sondern bleibe auch hilflos im Stroh sitzen.
Auf der anderen Seite des Zauns parkte Angelas Wagen neben dem eines Verdächtigen, und auch der stand nahe genug, daß er, wenn sie nicht gerade flüsterten, jedes Gespräch belauschen konnte. Der Club leerte sich allmählich, es wurde spät. Jetzt wurde die Tür wieder aufgestoßen, und in dem Lichtschein trappste eine lärmende Gruppe junger Leute die Stufen hinunter. Die Tür schloß sich, und die dunklen Gestalten, die im Mondlicht wieder deutlicher wurden, näherten sich schwatzend Nigels Versteck.
»Glaubste, mich kannste veräppeln, Baby?« Eindeutig Cockney. »Hier soll’s ’ne Berühmtheit geben, in diesem Kaff? Du willst mich wohl auf’n Arm nehmen, wie?«
Die Stimme war ihm fremd. Nigel spähte durch seinen Laubvorhang. Ja, es waren zwei ihm Unbekannte dabei. Was er Miss Seeton gesagt hatte, stimmte übrigens tatsächlich. Von den sieben jungen Leuten da konnte man jeden, den einen
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