Miss Seetons erster Fall
nicht meine Schuld. Sie schien so vielversprechend. Durchaus brauchbar. Damals geradezu ideal. Nicht reich, natürlich nicht. Nicht wirklich reich. Aber ein ganz nettes kleines Vermögen. Das lohnte sich schon. Lohnte sich durchaus. Und als sie tatsächlich über Kopfschmerzen klagte. Ja, selbstverständlich ist mir jetzt klar, daß es eine Falle. Jetzt ist mir das klar. Aber wie hätte ich das wissen sollen, vor ein paar Tagen. Können Sie nicht irgendwas arrangieren? Irgendein Arrangement treffen und sich mit ihr befassen? Ich meine, wirksam mit ihr befassen?. Sehr gut, also. Ich warte hier auf den Anruf.«
Mr. Trefold Morton legte den Hörer auf, zog ein blütenweißes Taschentuch aus der Brusttasche und trocknete sich die Stirn.
Zwei Stunden später schrillte das Telefon. Er nahm den Hörer ab. »Trefold Morton hier.«
Das Telefon quakte.
Mr. Trefold Morton unterbrach das Quaken. »Anweisungen? Meine Anweisungen? Aber ich darf in keiner Weise hineingezogen werden. Das wäre verhängnisvoll. Absolut verhängnisvoll. Es muß Ihnen doch bewußt sein, daß jemand in meiner Position als Stadtrat. meine Position ist schließlich.«
Das Telefon machte ein paar quakende Bemerkungen über Mr. Trefold Mortons Position.
»Aber wenn ich Ihnen die Dame auf dem Tablett serviere, wie Sie es formulieren – ist Ihnen denn nicht klar, was das bedeuten könnte? Grundgütiger Himmel, es würde bedeuten, daß ich mitbeteiligt wäre. Ich wäre Helfershelfer. Das kann ich nicht riskieren. Das könnte für mich katastrophal sein. Katastrophal.«
Das Telefon quakte einmal kurz auf.
»Aber. aber es ist auch in Ihrem Interesse. Schließlich haben Sie das Geld bekommen. Sie selbst haben auf prozentualer Beteiligung bestanden. Und zwar auf einem sehr guten Prozentsatz, bei allen drei Vermögen. Wenn man bedenkt, daß die Idee, die ganze Arbeit und das ganze Risiko bei mir. ausschließlich bei mir liegt. Und das von Miss Hant kommt noch. Wenn aber irgendein Verdacht entsteht. wenn irgendein Verdacht auf mich fällt. Oh, grundgütiger Himmel.« Mr. Trefold Mortons Stimme zitterte: »Was soll ich also tun?« Das Telefon quakte und quakte.
»Na gut. Ich sehe, es bleibt mir nichts anderes übrig. Aber zum Dinner kann ich sie nicht einladen. Das wäre lächerlich. Absolut lächerlich. So kurzfristig. Ich kenne die Frau ja kaum. Und sowieso habe ich eine andere Verpflichtung. Ich lasse mir etwas einfallen. Ein Dokument, das unterschrieben werden muß. Irgendeine dringende Unterschrift. Ich setze sie an der Kreuzung bei Plummergen Common ab, wie Sie sagen, aber mit dem, was dann geschieht, habe ich nichts zu tun. Absolut nichts. Ich will nichts davon wissen. Ist das ganz klar?« Das Telefon quakte zustimmend.
Mr. Trefold Morton schob den Apparat zur Seite und lehnte sich im Sessel zurück. Er trocknete sich noch einmal die Stirn und stopfte das Taschentuch wieder in die Brusttasche, aus der es zerknittert, schmutzig und sehr feucht weit heraushing, ein trauriges Sinnbild seines Eigentümers.
»Sehr liebenswürdig von Ihnen, daß Sie so verständnisvoll waren. Immerhin habe ich Ihnen den ruhigen Abend verdorben. Sehr liebenswürdig. Ein unentschuldbares Versehen meinerseits, nicht daran gedacht zu haben, daß dieses Dokument unbedingt Ihre Unterschrift haben muß. Vollkommen unentschuldbar. Ein solch geringfügiges Versäumnis kann, wie Sie wissen, den ganzen Prozeß der Testamentsbestätigung verzögern, und das wollte ich in Ihrem Interesse vermeiden. Wohlgemerkt, in Ihrem Interesse.« Eine kurze Atempause, die Miss Seeton ungenutzt verstreichen ließ. »Immerhin«, fuhr Mr. Trefold Morton fort, »Ende gut, alles.« Er stockte, fing sich wieder: »Das heißt, jetzt kommt das Schriftstück mit der ersten Post an, gerade noch rechtzeitig. Aber sagen Sie – macht es Ihnen wirklich nichts aus, von der Kreuzung aus zu Fuß nach Hause zu gehen?«
»Nein, gar nichts«, murmelte Miss Seeton. »Wirklich Pech, daß die Leute, zu denen ich zum Dinner hatte kommen sollen – wenn ich Glück habe, komme ich jetzt noch zum Mokka zurecht –, ausgerechnet in entgegengesetzter Richtung wohnen. Wirklich Pech. Aber selbstverständlich bringe ich Sie bis vor die Haustür, wenn Sie es möchten. Selbstverständlich. So spät es dann auch für mich wird. Oder wenn es nicht anders geht, kann ich die Leute auch anrufen und sagen, ich könnte leider nicht kommen.«
»Aber ich bitte Sie«, protestierte Miss Seeton. »Kein Wort mehr davon. Sie sagen
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