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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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wie sie war, stieß sie gegen den Baum, verlor den Hut, stolperte um den Baumstamm herum und lief blindlings weiter. Ein Krach, ein Splittern – der Wagen war gegen den Baum geprallt, unter dem sie gestanden hatte. Da! Sie hatte es kommen sehen.
    Entsetzt drehte sie sich um, wollte hinlaufen, um zu helfen, trat ins Leere, verlor das Gleichgewicht, fiel hintenüber und platschte aufs Wasser.

10
    Der dörfliche Nachrichtendienst in Aktion: Eine Beobachtung hier, ein zufälliges Aufschnappen von Gesprächsfetzen dort, zwei, drei Begegnungen, ein bißchen Geplauder, ein paar Telefonanrufe – und das Bild wurde scharf.
    Miss Treeves hatte Miss Seetons Abfahrt beobachtet. Wollte sie auswärts zu Abend essen? Ungewöhnlich. Und warum ein Taxi bei Pratt in Brettenden bestellen, statt das von Crabbe aus dem Dorf zu nehmen? Miss Treeves erörterte das mit Martha Bloomer, während beide die Blumenvasen in der Kirche mit Wasser auffüllten und die verwelkten Blüten entfernten.
    Doris, Kellnerin im Gasthaus The George and Dragon, hatte zufällig abends mit angehört, wie der Superintendent und dessen Sergeant bei Tisch konferierten. Sie hatte mit der Büfettfrau darüber gesprochen, daß Miss Seeton schon wieder abgängig war, daß die Polizei Tod und Teufel alarmierte und der junge – der dicke – Polizeibeamte den Wagen holte.
    Die Büfettfrau gab diese Tatsachen an Stan Bloomer weiter, als er sein gewohntes abendliches Bier trank. Stan erzählte es bei seiner Heimkunft sofort seiner Frau, die gleich in Miss Seetons Haus hinüberging und von dort aus Lady Colvenden anrief, denn es hätte ja sein können, daß Miss Seeton auf der Rückfahrt dort kurz hereinschaute.
    Lady Colvenden, ein Spätstarter, da sie nicht direkt an der Dorfstraße wohnte, holte rasch auf und ließ ihre Konkurrenten weit hinter sich, indem sie geschickt von ihrem Titel und ihrem Telefon Gebrauch machte. Sie wählte die Privatnummer des alten Mr. Pratt, erfuhr, daß Mr. Trefold Morton das Taxi bestellt und daß Mr. Pratt selbst Miss Seeton abgeholt und sie zum Büro des Anwalts gefahren hatte, aber nicht hatte warten müssen, weil Mr. Trefold Morton sie nach Hause bringen wollte. Unbeirrt davon, daß die Haushälterin des Anwalts sagte, er diniere auswärts und sie wisse nicht, wo, ließ sich Lady Colvenden eine Liste möglicher Namen und Adressen geben. Beim dritten Versuch hatte sie Glück, bestand darauf, mit dem Anwalt selbst zu sprechen, und als sie erfuhr, daß er Miss Seeton bei Plummergen Common abgesetzt hatte, von wo aus sie zu Fuß nach Hause gehen wollte, machte sie eine Bemerkung über sein Benehmen, die Blasen auf der Haut eines Rhinozerosses hervorgerufen hätte.
    Sir George war in einer Versammlung. Nigel sprang sofort auf, als ihm der Sinn der hektischen Telefonate seiner Mutter aufging, und stürzte zur Tür. Lady Colvenden rief ihm nach: »Wenn du den M.G. ohne mich nimmst, werde ich. werde ich.«
    Da ihr keine passende Drohung einfiel, mußte sie sich auf den Ton ihrer Stimme verlassen. Nachdem sie Martha durch einen kurzen Anruf instruiert hatte, warf sie den Hörer auf, griff in der Halle Mantel und Kopftuch und lief hinaus, um sich ihrem Sohn anzuschließen. Martha übermittelte die neuesten Informationen der Polizei, so daß Delphick und Bob Ranger, als die Colvendens in die Dorfstraße einbogen, schon von dem gegenüberliegenden George and Dragon aus starteten. Die beiden Wagen rasten davon, Nigel um Haaresbreite voraus.
     
    Arme ruderten, tastende Hände suchten Halt, klammerten sich an irgend etwas. Miss Seeton kämpfte, um Fuß zu fassen und sich hochzuziehen. Plötzlich merkte sie, daß sie, wenn sie sich oben anklammerte und unten auf die Zehenspitzen stellte, das Kinn über Wasser halten konnte. Einzig und allein ihre eigene Schuld. So gedankenlos – man mußte doch hinsehen, wohin man trat. Natürlich, sie war geblendet gewesen, aber sie hätte an den Teich denken müssen. Und was für ein Glück noch, etwas entdeckt zu haben, an das sie sich. Sie blickte auf. Vor dem Lichtschein, der quer über die Wasserfläche fiel, sah sie alles ringsum wie einen Schattenriß. Nanu – da war ja ihr Schirm, er hatte sich mit der Krücke an dem Ast verfangen, an den sie sich klammerte. Sollten die jungen Kolleginnen ruhig lachen, daß sie bei jedem Wetter den Schirm mitnahm – man konnte wirklich nie wissen. Praktisch war er auf jeden Fall. Wie war das jetzt – ob sie sich an dem Schirm aus dem Wasser ziehen konnte? Sie

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