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Miss Seetons erster Fall

Miss Seetons erster Fall

Titel: Miss Seetons erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heron Carvic
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fallen und legte Miss Seeton neben das Badetuch auf den Teppich. Wie ein gut eingespieltes Team, stumm und geschickt zusammenarbeitend, zogen sie Miss Seeton aus, rieben sie trocken und streiften ihr das Nachthemd über. Von der Tür aus sah Dr. Knight ihnen zu. »Falls ihr beide die Dienste eines Arztes braucht – ich bin da.«
    Das unscheinbare Mädchen blickte lächelnd auf. »Oh, gut, Dad. Ich wollte dich holen, wenn wir sie im Bett haben. Es fehlt ihr nichts, glaube ich. Die Atmung ist nicht schlecht und der Puls recht kräftig, wenn auch ein bißchen rasch.«
    »Ich sehe sie mir gleich an. Ob du mir wohl meine Tasche holst? Dein neuer Helfer ist bestimmt stark genug und kann sie allein ins Bett heben. Ich passe schon auf, Anne, daß er den Kopf ans richtige Ende legt.«
    Als Anne hinausgegangen war, hob Bob Ranger die immer noch bewußtlose Miss Seeton auf und legte sie sanft aufs Bett. Der Arzt schob das Augenlid hoch, besah die Pupille und fühlte dann den Puls. Anne kam mit seiner Tasche zurück. Er nahm sein Stethoskop, horchte Miss Seetons Brustkorb ab und richtete sich dann auf. »Sollen wir sie umdrehen, Dad?«
    »Nein. Nicht nötig. Vermutlich Unterkühlung mit nachfolgendem Schock.« Er holte eine Injektionsspritze aus seiner Tasche. »Ein Beruhigungsmittel«, erklärte er, während er mit Annes Hilfe die Injektion vornahm. »Sie schläft dann durch, und mit Schlaf und Wärme überwindet sie den Schock. Komplikationen sind kaum zu befürchten, aber bei ihrem Alter kann man nie wissen. Morgen sehen wir weiter. Aber da es Miss Seeton ist, für die sich alle so sehr interessieren, rufst du vielleicht The George and Dragon an, Anne. Man soll dem Superintendent ausrichten, daß seine Freundin hier bei uns ist. Du kannst ruhig noch sagen, daß sie sich für ihr Freibad nicht die richtige Jahreszeit und nicht die passende Bekleidung ausgesucht hat. Und daß er sie morgen früh besuchen kann, früher nicht.«
    »In Ordnung, Dad.« Anne legte die benutzte Injektionsspritze in eine Emailleschale, legte eine sterilisierte in die Blechschachtel, die sie wieder in ihres Vaters Tasche verstaute. Als sie mit der Schale in der Hand zur Tür ging, klingelte das Telefon.
    »Zum Teufel«, sagte Dr. Knight.
    »Ich gehe ran, Dad.«
    »Laß nur, Kind. Ich gehe selbst. Bestimmt ein Wurf Kätzchen. So ist es immer. Und immer nach Dienstschluß.« Von der Treppe her rief er zurück: »Und je später, desto größer der Wurf.« Anne wurde sich bewußt, daß Bob sie anstarrte, und sie vertuschte ihre Verlegenheit, indem sie schnell sagte: »Ich wollte gerade in die Badewanne, als Sie geklingelt haben. Wissen Sie was? Baden Sie statt dessen. Sie müssen nur noch heißes Wasser zulaufen lassen. Ich zeige Ihnen, wo das Badezimmer ist.« Sie hob Miss Seetons durchweichte Kleidungsstücke auf und stellte die Schale obendrauf.
    Zu seinem Entsetzen dämmerte es Bob, daß seine Kleidung den gesellschaftlichen Gepflogenheiten kaum entsprach. Er wurde feuerrot. Trotzdem war er, als er sich bückte, um seine Sachen aufzuheben, eine Sekunde lang heilfroh, keine dieser neumodischen, knapp sitzenden Unterhosen zu tragen. Was er anhatte, war wenigstens dezent. Er sah an sich herunter. Aber nicht in nassem Zustand, mußte er feststellen. Sein Gesicht nahm die Farbe dunkler Petunien an; er ließ seine Sachen fallen, hob das Badetuch vom Boden auf und drapierte es sich um die Hüften. Er hängte Miss Seetons Schirm an die Tür und nahm seine Sachen zum zweitenmal auf. Anne sah mit ernstem Interesse zu, doch in ihren Augen stand ein verstohlenes Lachen.
    »Natürlich weiß ich nicht«, sagte sie, »ob Sie sprechen können. Aber solange Sie hören und verstehen.« Bob schwitzte und räusperte sich, um eine Entschuldigung vorzubereiten, um zu erklären, um zu sagen. Was, um Himmels willen, konnte man sagen? »Geben Sie sich keine Mühe«, sagte Anne freundlich. »Sie müssen gar nichts sagen. Es freut mich aber zu wissen, daß Sie wahrscheinlich sprechen können, wenn Sie wollen. Und nun kommen Sie mit.«
    Bob folgte ihr: ein Ozeandampfer im Schlepptau eines Lotsenbootes.
    Nachdem sie Bob im Badezimmer untergebracht, Miss Seetons Kleidungsstücke und die Schale losgeworden war, ging sie in ihr Schlafzimmer, rief The George and Dragon an, setzte sich dann an den Frisiertisch und betrachtete ihr Spiegelbild. Verflucht. Verflucht. Verflucht.
    Und noch einmal: Verflucht.
    Ihr Gesicht war hoffnungslos, ganz klar, aber sie hatte schönes Haar und eine

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