Miss Seetons erster Fall
müssen aufhören« , sagte Jack.
Ja, das sehe ich ein« , sagte Wally.
Jack streckte seine Pfote aus. Wally nahm sie und schüttelte sie.
Die kleine Lucy saß auf dem Schiedsrichterhügel und lächelte.
Arm in Arm gingen die beiden Todfeinde in die aufgehende Sonne.
»Wenn die Leute bloß hingucken würden, wo sie hintreten« , sagte die Sonne.
Ende
Sie zog die Blätter aus der Schreibmaschine, nahm zwei neue und begann, Kohlepapier dazwischenzulegen. Um ihren Mund zuckte es. Eigentlich brauchte sie keinen Durchschlag hiervon. Wenigstens konnte der Verlag nicht sagen, daß sie ihn im Stich gelassen hätte. In dieser Hinsicht hatte sie ein reines Gewissen. Sie hatte einen Vorschuß bekommen, und das Manuskript war fertig. Die Geschichte war zu Ende. Sie spannte einen einzelnen Bogen ein und tippte in die Mitte:
Jack das Kaninchen baut eine Burg
Sie spürte eine Bewegung, blickte auf und sah Miss Seeton auf der Schwelle stehen. Einen Augenblick lang sahen sie einander wortlos an. Dann: »Wenn Sie eine Minute warten wollen – ich möchte nur dies hier fertig machen.« Sie begann eine neue Zeile und tippte den Rest der Titelseite:
Von Sonia Venning
Sie legte das Blatt oben auf das Manuskript, schob das Ganze in einen großen frankierten Umschlag, der an den Verlag adressiert war, und klebte ihn zu. Mrs. Venning stand auf und ging zum Kamin. Sie hielt die kalten Hände über den Feuerschein, spürte aber keine Wärme. Ohne den Kopf zu wenden, sagte sie: »Wollen Sie nicht Platz nehmen?«
Miss Seeton trat zögernd ins Zimmer. »Ich weiß, daß Ihnen nichts daran liegt, mich zu sehen. Aber ich mußte kommen.«
»Natürlich.«
Miss Seeton setzte sich auf den Rand eines Sessels und behielt Handtasche und Schirm auf dem Schoß. »Ich habe geklopft. Aber es schien niemand da zu sein. Und dann habe ich die Schreibmaschine gehört, und so bin ich durch die Küche gegangen und habe noch einmal geklopft.«
Mrs. Vennings Blick lag noch immer auf den brennenden Scheiten. »Entschuldigen Sie. Ich habe Sie nicht gehört. Mrs. Fratters ist nicht da. Ich wollte. ich dachte, es wäre besser für sie, wenn sie einen oder zwei Tage nicht hier im Haus ist. Sie ist bei ihrer Schwester zu Besuch.«
Miss Seeton beugte sich vor. »Ich habe Sie nicht bei der Arbeit stören wollen.«
»Das spielt keine Rolle.«
Miss Seeton versuchte es noch einmal. »Ich weiß, es hilft Ihnen nicht, wenn ich sage, daß es mir leid tut. Aber es tut mir leid. Es tut mir schrecklich, schrecklich leid.«
»Auch das spielt keine Rolle.« Noch immer ins Feuer blickend, richtete sich Mrs. Venning auf und lehnte sich an die Ecke des Kamins. »Jedenfalls weiß ich nicht, warum es Ihnen leid tun sollte. Ganz im Gegenteil. Mrs. Fratters hat gestern nacht alles von Lady Colvenden und von der Polizei erfahren und es mir dann erzählt.« Ihr Mund wurde hart. »Wie ich höre, haben meine Tochter und ein Freund von ihr versucht, Sie mit dem Auto zu überfahren. Er hat dann meine Tochter umgebracht, und Sie hatten das Glück, mit dem Leben davonzukommen.«
»Oh, nein. Nein, nein«, flüsterte Miss Seeton. »Wie ekelhaft, wie gemein. Wie können die Leute bloß. wie können sie bloß so etwas erzählen. Ich hatte solche Angst, daß alles verdreht wird. Deshalb mußte ich zu Ihnen kommen. Ich weiß, jetzt hilft es Ihnen nicht, aber vielleicht später. Ihre Tochter hat nichts von dem, was passiert ist, gewußt oder gespürt. Sie hat nicht gelitten.« Miss Seeton machte eine hilflose Geste. Dann fuhr sie fort: »Ich glaube, es hätte mir doch irgendwie gelingen müssen, einzugreifen, irgend etwas zu tun. Aber als dieses Scheusal von jungem Kerl den Wagen gegen den Baum gefahren hat, bin ich ausgerutscht und ins Wasser gefallen. Und dann ist alles so schnell gegangen. Ich habe gesehen, daß er Ihre Tochter aus dem Wagen zerrte. Aber sie war ganz schlaff. Sie kann nichts gespürt haben. Und dann hat er sie.« Miss Seeton hielt den Atem an und machte die Augen fest zu, zwang sich, fortzufahren: ». sie getötet. Aber glauben Sie mir, sie kann nichts gespürt haben – nichts. Ich glaube, ich wollte schreien. Aber ich erinnere mich an nichts mehr.« Stirnrunzelnd setzte sie hinzu: »Außer.«
»Außer?«
Miss Seeton gab sich alle Mühe, sich zu besinnen. »Außer, daß da ein Mann war, der mich geschlagen hat, als ich auf dem Boden lag. Aber vielleicht habe ich das doch nur geträumt.« Sie blickte vor sich hin. »Und das ist
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