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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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zukünftigen Tantiemen an das Ronald-McDonald-Haus abzutreten, aber dank deines Freundes Ivan haben die Gerichte die Abtretung abgelehnt und stattdessen eine Treuhandgesellschaft eingerichtet, die demnächst zusammentreten wird, um über deine Zurechnungsfähigkeit zu entscheiden, und dir einen Haufen Kohle wiederbeschaffen wird, den du für unwiederbringlich verloren hieltest. Ich an deiner Stelle würde Ivan einen Obstkorb schicken, John Lodge Johnson.« John war sprachlos. »Ist sie nicht toll?«, fragte Ryan.
    »Willst du noch mehr?«, fragte Vanessa. »Knapp fünfundneunzig Prozent deiner Telefonanrufe gehen entweder nach New York oder nach Kalifornien. Deine monatlichen Ausgaben für Telefonsex betrugen von 1991 bis zu deinem Verschwinden durchschnittlich neuntausendfünfhundert Dollar. Solltest du seither wieder bei einer Sexline angerufen haben, so weiß ich noch nichts davon. Die Nummer, die du am häufigsten angewählt hast, gehört Melody Lanier in Beverly Hills, der Besitzerin eines Promi-Bordells, die, wie du garantiert noch nicht wusstest, regelmäßig unter Malaria-Anfällen leidet und außerdem 1984 bei einem Vespa-Unfall im australischen Darwin ihren linken kleinen Zeh verloren hat. Dem Röntgenblick der großen Vanessa Humboldt entgeht niemand. Da hast du's. Ta-ta!«
    »Melody ist nicht die Wirtin meines Stammbordells. Und du bist ein Ungeheuer.«
    »Tu nicht so, als könntest du nicht bis drei zählen. Die Daten sind alle irgendwo verfügbar. Man muss nur wissen, wo man suchen muss.«
    »Sie ist gut, was?«, sagte Ryan. »Sie könnte sogar einen Abtreibungsarzt in Vatikan-Stadt auftun.«
    »Falls du dich dadurch besser fühlst: Kreativ bin ich nicht. Das überlasse ich meinem kleinen Genie hier.« Sie tätschelte Ryans Knie.
    Bald nahmen sie eine Ausfahrt, und Vanessa hielt vor einem sterilen, blauen Würfel aus verspiegeltem Glas, einem großen Laborgebäude, das von einem dichten Golfrasen umgeben war. »Wir sind da«, verkündete sie. »Dies ist das Büro, in dem ein gewisser Mistkerl namens Gary Voors mich um ein paar Tausend Dollar Provision betrogen hat.« 
    »Sie ist gelinkt worden«, sagte Ryan.
    »Um fünfzehntausend. Aber ich habe mir Informationen über ihn und diese Firma besorgt, und ich bezweifle, dass ich meine Kohle je kriegen werde. Mein Fehler. Ich hätte ihre Finanzstruktur vorher überprüfen sollen. Kommt jetzt - steigt aus.« Als sie auf dem Parkplatz standen, fragte Ryan Vanessa, welches Fenster sich neben der Kantine befände. Sie deutete auf eins, das ganz in der Nähe lag. Dann ging sie zum Kofferraum des Wagens und holte einen 15-Liter-Benzinkanister aus rotem Plastik heraus. John näherte sich ihr zaghaft, und sie sagte: »Streck deine Hand aus.« John zuckte zurück. »Komm, sei ein Mann, John.« Er hielt ihr die Hand hin, und sie schüttete eine feine, körnige Substanz hinein.
    Vanessa sagte: »Diese kleinen Bowlingkugeln, so winzig, dass man sie fast nicht sehen kann, sind Kleesamen. Und mit denen werden wir jetzt ein paar lustige Buchstabierspielchen machen. «
    Sie begann die Samen mit schwungvollen, flüssigen Handbewegungen auf den Golfrasen zu streuen. John wurde klar, dass sie etwas schrieb. »Was soll das heißen?« 
    »Das heißt: ›Gary fickt Tina ‹ «, sagte Ryan. »Wer ist Tina?«
    »Die Frau vom Boss. Sie hinterlassen ohnehin eine Schleimspur. Und ich hätte Tina da nicht mit reingezogen, wenn sie nicht diejenige wäre, die dafür gesorgt hat, dass Gary meine Ideen zugeschrieben wurden.«
    »Kleesamen dringen schnell in den Rasen ein«, sagte Ryan »Ihre Wurzeln sind wie Tentakeln, und die Keimlinge zeigen sich nach ungefähr zehn Tagen in tiefem Dunkelgrün.« 
    »Nur wenige Tage bevor Gary aus Bermuda zurückkommt. So ein Zufall«, sagte Vanessa. Sie vollendete die letzten ihrer elegant ausgeworfenen Buchstabenschlingen. »Die einzige Möglichkeit, die Schrift wieder zu entfernen, ist, die Grassoden abzutragen«, sagte Ryan. »Schlau, was?« 
    »Fertig.« Sie ging zurück zum Wagen. »Das war's?«
    »Hopp, hopp. Kommt schon, beeilt euch.« Eine Minute später waren sie wieder auf dem Freeway. Vanessa saß immer noch am Steuer. John bekam langsam Angst. Er malte sich aus, was Susan alles zugestoßen sein könnte. In seinen Filme herrschte zwar Gewalt, und die Figuren hatten oft perverse Neigungen, doch für John waren sie nie real gewesen. Zum ersten Mal in seinem Leben sah er die Brutalität seiner Filme in sein Leben eindringen, und ihm wurde

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