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Miss Wyoming

Miss Wyoming

Titel: Miss Wyoming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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zickig, dann wieder apathisch. Der Miss-Wyoming-Titel hatte sie, anstatt sie zu beflügeln, nur in eine finstere, pubertäre Launenhaftigkeit gestürzt, und von da an verdrehte Susan jedes Mal, wenn Marilyn etwas Geschäftliches mit ihr besprechen musste, die Augen, stöhnte genervt auf und wandte sich wieder ihrem stetig wachsenden Stapel von Büchern mit solch beunruhigend freudlosen Titeln wie Our Bodies, Our Selves und Mastering Your Life zu. Die Fahrt nach Denver war eine besondere Strapaze gewesen, was sowohl an Susans Gereiztheit als auch an einem Auffahrunfall auf der Interstate vor Colorado Springs lag, bei dem ein Trucker ums Leben kam, sechs Wagen zermalmt und Brathähnchen und Nike-Turnschuhe wie Konfetti über den Mittelstreifen verstreut wurden. Der Rest der Reise verlief in eher gedämpfter Stimmung, und als sie sich dem Hotel näherten, schien Susan irgendeinen Entschluss gefasst zu haben und wurde wieder so fröhlich, wie sie mal gewesen war, bevor - bevor was?
    Am Abend schaute Marilyn Susan dabei zu, wie sie den Wettbewerb so gelöst wie nie zuvor absolvierte. Sie schritt einher wie ein Mailänder Mannequin und verströmte das Selbstbewusstsein eines echten Cowgirls aus Wyoming. Sie war gut, das wusste Marilyn. Wie die meisten anwesenden Mütter ließ sie mit einem Auge ihren Sprößling nicht aus dem Blick, während sie mit dem anderen die fünf nicht gerade ehrfurchtgebietenden Juroren fixierte: die Doyenne der örtlichen Model-Schule, einen DJ vom Morgenradio, eine Olympia-Turnerin aus der Disko-Ära, eine wandelnde Erektion mit Gipsbein von der städtischen Baseball-Mannschaft, und »Steffan«, einen humorlosen ortsansässigen Designer mit einem Midlife-Crisis-Pferdeschwanz. Marilyn musterte die Gesichter der Juroren, bemerkte die Schnelligkeit und Entschlossenheit, mit der sie ihre Noten in die Listen eintrugen, und wusste, dass Susan es ins Finale geschafft hatte. Hinter der Bühne, beim letzten Kostümwechsel, konnte Marilyn sich ein selbstzufriedenes »Süße, du bist da draußen eingeschlagen wie eine Granate« nicht verkneifen.
    Susan entfernte ihren Schlüssel von der Stelle, an der sie ihn wie viele andere Wettbewerbsteilnehmerinnen aufzubewahren pflegte - mit Klebeband gleich über den Schamhaaren am Bauch befestigt, damit niemand sich im Umkleideraum an ihren Kleidern und Accessoires vergreifen konnte. Sie zog mit Marilyns Hilfe das letzte Kleid an. »Du kommst nie darauf, weshalb ich heute so gut bin«, sagte Susan. »Was auch immer es ist, mach einfach so weiter.« 
    »Bist du sicher?«
    »Siege, meine Süße, siege. Nur darauf kommt es an.« Marilyn schloss Susans Reißverschluss und kontrollierte ihre Frisur. »Dreh dich um, damit ich sehe, ob noch irgendwo Fussel sind.«
    Susan drehte sich, und die Lampe an der Decke blinkte: Zeit, zurück auf die Bühne zu gehen. »Was ist denn nun dein Geheimnis, Süße?«, fragte Marilyn. »Verrat es mir.« Susan stand mit vier anderen Finalistinnen - Miss Arizona, Miss Maine, Miss Georgia und Miss West Virginia - in den Kulissen. Die Bühnenscheinwerfer schienen wie die Sonne durch einen Hain belaubter Bäume. »Der Grund ist«, sagte sie, kurz bevor der Moderator »Miss Wyoming« aufrief, »dass mir das Ganze jetzt am Arsch vorbeigeht.« Marilyn wurde kalt ums Herz. Susan ging auf die Bühne. Angsterfüllt kehrte Marilyn zu ihrem Tisch zurück, wo eine breite Palette inzwischen betrunkener Mütter und Väter unterschiedlichster Herkunft mit beinahe kommunistischer Präzision und Begeisterung Beifall klatschte. Trish, die in jenem Sommer in Denver wohnte, war an diesem Abend auch gekommen. Sie saß auf einen 45-Dollar-Platz zu Marilyns Rechten. Sie fragte Marilyn, ob irgend etwas nicht stimme. »Alles in Ordnung, meine Liebe. Mir geht's gut.« Der Conferencier kündigte den Fragenteil des Abends an und forderte die fünf Finalistinnen auf, sich in die »Kabinen der Stille« zu begeben, in Wirklichkeit eine Reihe von Sperrholzboxen, die im Blau von Wanderdrosseleiern gestrichen waren und vorn aus einer durchsichtigen Plexiglasscheibe bestanden. Drinnen plärrte Whitney Houston in einer Lautstärke, die alle anderen Geräusche übertönte - genau die Art von gestrigem Beiwerk, aufgrund dessen dieser Wettbewerb in Marilyns Augen nicht mehr als zweitklassig war.
    Susan war als Vierte dran, nachdem sie zugeschaut hatte, wie Miss Maine, Miss Georgia und Miss Arizona vor ihr die Bühne betraten. Als sie ihre Kabine verließ, hörte sie das Klicken

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