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Missgeburt

Missgeburt

Titel: Missgeburt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Gordon
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lang gebraucht, um sie aufzubauen«, erklärte Dominique mit unverhohlenem Stolz. »Aber nehmen Sie doch erst mal Platz.«
    Samuel setzte sich, und obwohl er versuchte, nicht auf die
Schrumpfköpfe zu starren, wanderte sein Blick immer wieder zu den schwach beleuchteten Nischen.
    Dominique, der das nicht entging, schlug deshalb vor: »Man braucht eine Weile, um sich an sie zu gewöhnen. Wäre es Ihnen lieber, wenn wir in mein Arbeitszimmer gingen?«
    »Dort wäre ich vielleicht weniger abgelenkt.«
    Sie stand auf, schloss eine Tür auf und machte in dem Raum dahinter Licht. Samuel folgte ihr in das Zimmer und fand sich unter einem Himmel aus getrockneten Kräutern wieder, die an Drähten von der Decke hingen. Ihr Geruch war so intensiv, dass er mit einem heftigen Niesreiz kämpfen musste. In den Ecken des Zimmers standen heidnische Götterfiguren, die ebenfalls beleuchtet wurden. »Diese Stücke sind ja noch außergewöhnlicher als die Schrumpfköpfe in Ihrem Salon«, bemerkte Samuel.
    »Erkennen Sie einige dieser Göttinnen?«, fragte Dominique.
    »Das hier ist Xochiquetzal, die aztekische Göttin der Blumen und der Liebe.«
    Samuel betrachtete die eindrucksvolle Tonfigur mit ihrem prunkvollen Gewand und dem ausladenden Federkopfputz.
    »Diese Gottheit erfreut sich in Mexiko vor allem bei den Armen großer Beliebtheit. Und dort drüben sehen Sie Tlazolteotl, die aztekische Göttin der Geburt.«
    Sie deutete auf eine hockende Figur, zwischen deren gespreizten Beinen der Kopf eines Neugeborenen zu sehen war.
    »In dieses Zimmer ziehe ich mich immer zurück, wenn ich innere Einkehr suche. Früher habe ich hier auch all jene empfangen, die sich mit der Bitte um spirituellen Beistand an mich gewandt haben. Aber um diese Menschen kümmere ich mich inzwischen in der Kirche.«
    »Und der andere Teil Ihrer Wohnung?«
    »Ist speziellen Aktivitäten vorbehalten, von denen Sie sicher schon gehört haben, Mr. Hamilton.« Sie lächelte. »Aber ehrlich gestanden habe ich inzwischen gar nicht mehr die Zeit, um dieser Tätigkeit weiter nachzugehen, denn die Zahl der Menschen,
die in Reverend Schwartz’ Kirche Rat und Hilfe bei mir suchen, nimmt immer mehr zu. Mir ist inzwischen endgültig klar geworden, dass meine wahre Berufung ist, als Heilerin zu arbeiten.«
    »Ich muss zwar zugeben, dass ich von Ihrem anderen Gewerbe weiß«, entgegnete Samuel, »aber ich bin nicht hier, um darüber mit Ihnen zu sprechen. Vielmehr bin ich gerade dabei, einen Artikel über den Reverend zu schreiben. Erzählen Sie mir doch einfach, wie Sie dazu gekommen sind, sich mit ihm zusammenzutun, und was es mit Ihrer Kirche genauer auf sich hat.«
    Dominique setzte zu einer langatmigen Erklärung an, dass sie früher die Assistentin von William L. Gordon gewesen sei und das Wissen und die Erfahrung, die sie im Zuge dieser Tätigkeit gesammelt hatte, in die Gründung von Reverend Schwartz’ Kirche habe einfließen lassen. Nachdem sie sich zehn Minuten lang in aller Ausführlichkeit darüber ausgelassen hatte, wechselte sie abrupt das Thema. »Vor kurzem haben Sie in Ihrer Zeitung über ein Leichenteil berichtet, das in einer Mülltonne gefunden wurde. Und wie aus den Zeitungsmeldungen hervorgeht, stellen Sie weiterhin Nachforschungen zu diesem Fall an. Oder verwechsle ich Sie da mit jemandem?« Sie sah den Reporter durchdringend an.
    »Nein, nein, das sehen Sie vollkommen richtig«, erklärte Samuel. »Ich stelle weiterhin Recherchen über diesen rätselhaften Leichenfund an. Aber das ist nicht der Grund, weshalb ich mit Ihnen sprechen wollte.«
    »Sie glauben also nicht, dass ich etwas mit der Sache zu tun haben könnte?«, fragte sie argwöhnisch und setzte sich kerzengerade auf.
    »Wie käme ich denn darauf?«, erwiderte Samuel scheinheilig. Dominique rutschte nervös auf der Stuhlkante herum. »Erzählen Sie mir doch ein wenig von diesem Fall. Soviel ich aus der Zeitung mitbekommen habe, ist das Opfer ein junger Latino. Das hat mich natürlich neugierig gemacht. Ich lebe schließlich
im Mission District, und außerdem haben wir es in unserer Kirche vorwiegend mit jungen Latinos zu tun.«
    Samuel ergriff die Gelegenheit, um sie ganz direkt zu fragen:
    »Sie haben nicht zufällig mitbekommen, dass zwei Mitglieder Ihrer Kirche spurlos verschwunden sind?«
    »Mr. Hamilton«, parierte sie prompt, »dazu müssen Sie sich zuallererst über eines im Klaren sein: Wir haben es in unserer Kirche vorwiegend mit Einwanderern zu tun. Und das bedeutet, es herrscht

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