Missing Link
hinter sich bringen - irgendwo mitten auf dem Atlantik, wo das Meer sich ihrer Leiche annehmen konnte.
Dorn machte sich auf den Weg zu seiner Kabine. Er brauchte einen Scotch - Selbstzweifel war ein Gefühl, mit dem er nicht vertraut war. Es hinterließ einen furchtbaren Geschmack in seinem Mund.
Auf halbem Weg zum Eingang der Offizierskajüte bemerkte Dorn den Tumult auf dem unteren Deck. Über die Reling gebeugt, sah er zwei kämpfende Männer. Seine Augen weiteten sich. Vor Wut und Panik zitterten seine Hände, die das Geländer umklammerten - einer der Männer schaute wie Jack Austin aus.
Jack
Die Hände des Matrosen hielten ihn wie in einem Schraubstock. Jack konnte sich von dem wuchtigen Kerl, der ihn immer wieder gegen die Reling rammte, nicht losmachen. Seine Rippen taten weh, und beim dritten Aufprall flog seine Waffe über die Reling und verschwand im Meer. Die Stoppeln eines Drei-Tage-Barts rieben seitlich über sein Gesicht, als der Matrose versuchte, Jack zu Boden zu zwingen. Der Lauf der Automatikwaffe, die immer noch über Jacks Schulter hing, drückte gegen seine Wirbelsäule. Er kam an die Waffe nicht ran.
Jack stieß den Mann fort und schaffte es, ein paar Meter auf dem Deck hinunterzukriechen, das zur Seite kippte und ihm noch mehr Orientierung nahm. Der Matrose jagte ihm hinterher wie ein Fußballer beim Angriff. Jack bereitete sich auf den Zusammenprall vor. Das Deck neigte sich in seine Richtung, und wieder spürte er die Reling in seinem Rücken. Plötzlich kam ihm ein physikalisches Prinzip in den Sinn, das er in der Schule gelernt hatte: Körper in Bewegung neigen dazu, in Bewegung zu bleiben. Mit der Grazie eines Matadors griff Jack nach dem Hemd des Matrosen und lenkte diesen in Richtung des Geländers. Sein Körper streifte nur leicht darüber, sein Brüllen begleitete ihn vom Deck hinab in den Rumpf des Schiffs.
Samantha zerrte an der Armfessel, die ihr die Haut abschürfte. Sie konnte es nicht zulassen, dass sie ein Beruhigungsmittel erhielt. Sie musste etwas unternehmen. Neben dem Spülbecken entdeckte sie ein Tranchiermesser, das ihr bei jeder Bewegung des Schiffs entgegenblitzte. Vielleicht könnte sie es mit einem Schlag von der Ablage auf den Boden befördern, damit es dort zu ihr rutschte. Mit ausgestreckten Armen ließ sie sich auf den Holzboden fallen. Sie hatte das Gefühl, ihr gefesselter Arm würde gleich ausreißen, aber näher als einen Meter bis zum Spülbecken kam sie nicht. Schließlich entdeckte sie einen Riegel unter der hölzernen Sitzbank - ein Verschlag, der unter der gesamten Bank Stauraum bot.
Samantha blickte sich in der Kombüse um. Dorn war nicht zurückgekommen, und auch der Mann mit dem Thorazin war nirgends in Sicht. Mit ihrer freien Hand öffnete sie den Riegel. Zwei schmutzige Schwimmwesten fielen ihr entgegen. Mit einem Arm wühlte sie sich durch den Schrank. Noch mehr Westen. Vielleicht fand sie ja einen Erste-Hilfe-Kasten mit einem Skalpell oder einer Schere. Ihr Puls raste. Sie hatte nicht viel Zeit. Während sie sich zum hinteren Teil durcharbeitete, stießen ihre Finger auf Plastik - ein roter Koffer mit Griff.
Einen Augenblick vergaß sie den Schmerz in ihrem Arm. Sie tastete nach dem Griff, bekam ihn aber nicht zu fassen. Dann packte sie den Koffer und versuchte ihn von der Rückwand des Verschlags, wo er befestigt war, zu lösen. Mit einem Satz nach vorn hatte sie den Griff endlich in der Hand, sodass sie den Koffer vom Haken heben konnte. Er fiel ihr beinahe in den Schoß, und sie öffnete ihn.
Leuchtkugeln.
Sie fluchte. Nichts war darin, womit sie ihre Fesseln durchschneiden konnte. Doch ganz nutzlos waren die Leuchtkugeln nicht. Mit einer Hand holte sie die kurze Pistole und zwei Leuchtkugeln heraus. Eine davon steckte sie ins Magazin und schloss den Lauf. Die andere Kugel ließ sie in ihre Tasche gleiten. Sie drehte sich um, da sie draußen etwas hörte. Ein Schrei? Jemand schien in die Kombüse zu kommen. Mit dem Fuß stopfte sie die Rettungswesten in den Verschlag zurück und knallte die Klappe in dem Moment zu, als jemand am Fester an der Tür vorbeiging. Sie versteckte die Leuchtpistole unter ihrem Bein und setzte sich mit dem Rücken gegen die Klappe des Verschlags.
Den Riegel wieder vorzuschieben, hatte sie keine Zeit, da sich die Kombüsentür bereits öffnete.
Sprache
Jack drückte die Tür mit dem Lauf der M-5 Automatik auf. Seine Augen überflogen die Kombüse. Leer, bis auf ein paar Tische. Er wollte die
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