Mission Ares
einem Atheisten
verklagt worden, der die verfassungsmäßige Trennung von
Staat und Religion verletzt sah. Und bei den Sowjets ist Religion überhaupt verpönt! Und nun trägt ein Kosmonaut in einer amerikanischen Raumstation einen Psalm vor. Mein Gott. Was für ein Schlamassel.
Und doch – und doch…
Adam Bleeker rezitierte frohgemut:
Ich brauche Deine Gegenwart in jeder Stunde; Was, wenn nicht Deine Gnade, vermag der Macht des Verführers zu widerstehen? Wer außer Dir könnte mir Führung und Halt geben? Durch Wolken und Sonnenschein, o verlaß mich nicht …
Und doch geschah hier etwas, das Josephson nicht ins Kalkül gezogen hatte. Die alten, schlichten Worte hatten eine schier elektrisierende Wirkung und erlangten ungeahnte Aktualität; man würde nicht vergessen, wer diese Männer waren, was sie geleistet hatten, wo sie waren.
Nun sprach Wladimir Wiktorenko in holprigem Englisch:
Mit Deinem Segen fürchte ich keinen Feind; Krankheit ficht mich nicht an, und Tränen sind ohne Bitterkeit. Wo ist der Stachel des Todes? Wo, Grab, dein Sieg? Ich werde immer triumphieren, solange du mich nicht verläßt …
Joe Muldoon rezitierte den letzten Vers.
Halt mir das Kreuz vor die brechenden Augen; Leuchte mir durch die Dämmerung und weise mir den Weg in den Himmel; Der himmlische Morgen bricht an, und die irdischen Schatten fliehen; im Leben und Tod bleib bei mir, o Herr.
Und die Besatzungen von Apollo und Sojus wünschen Ihnen eine gute Nacht und alles Gute. Möge Gott Sie segnen.
Das Bild der Erde verblaßte.
Tim Josephson standen Tränen in den Augen. Peinlich
berührt beugte er sich über den Papierkram. Zum Glück war er allein.
Montag, 15. Dezember 1980
Cape Canaveral
Bert Seger schlug im Hangar ›O‹ des Luftwaffenstützpunkts von Cape Canaveral sein Lager auf.
Die Luftwaffe hatte der NASA den Hangar überlassen, um
nach der Bergung die Daten aus der Kommandokapsel der
Apollo-N auszulesen.
Die Kommandokapsel war natürlich eher Opfer als Ursache
der Havarie. Dennoch war die Kommandokapsel der einzige
Überrest der Apollo-N-Stufe, der den Experten für eine
Untersuchung zur Verfügung stand, und man erhoffte sich
viele Hinweise auf die Ursache des Unfalls. Also würde man das Raumschiff in die Einzelteile zerlegen müssen.
Bei Segers erstem Besuch in Hangar ›O‹ hatte sich noch
kaum etwas getan. Niemand hatte in der Apollo-Kapsel etwas angefaßt – außer den Medizinern des Bergungsschiffs, die in Strahlenschutzanzüge gehüllt die verstrahlten Körper der Astronauten aus der Kapsel geborgen hatten –, und die Untersuchungsteams scheuten vor konkreten Maßnahmen zurück. Sie hatten Angst, diese unter den Augen der
Öffentlichkeit ablaufende Operation zu verpfuschen.
Also führte Seger ein paar Telefonate, sichtete ein paar alte Unterlagen und übermittelte Muldoon per Funk ein paar Verfahrensratschläge. Muldoon, der sich noch auf dem
Rückflug vom Mond befand, war damit einverstanden.
Der erste Schritt bestand nun darin, eine an einem
schwenkbaren Ausleger befestigte Lucite-Plattform
zu
montieren, die durch die Luke der Kommandokapsel paßte und das Innere des Raumschiffs untersuchte. Auf diese Weise vermochten die durch die Strahlenschutzausrüstung
behinderten Ermittler sich auf Händen und Knien im Innern der Kapsel zu bewegen. Sie waren in der Lage, die Kabine zu inspizieren, Aufnahmen zu machen und Teile zu demontieren und dabei unnötige Berührungen zu vermeiden.
Die folgenden Maßnahmen legte Seger dann selbst fest.
So war er zum Beispiel anwesend, als eine Besatzungs—
Checkliste – die vom Meerwasser durchtränkt und kaum noch zu entziffern war – aus dem Raumschiff geborgen wurde. Das Demontage-Team hatte hierfür und für alle anderen Aktionen ∗
ein TOTE -Blatt erstellt. Bevor die Checkliste auch nur
angerührt wurde, las der Leitende Ingenieur die jeweilige Instruktion vom TOTE-Blatt ab. Ein QualitätsManager von Rockwell wurde hinzugezogen, und ein NASA-Inspektor fand sich ebenfalls ein. Ein Fotograf wurde bestellt. Ein Rockwell-Techniker stieg vorsichtig ins Raumschiff ein und löste unter Beachtung der spezifizierten Prozedur die Checkliste vom Klettverschluß. Der Techniker mußte die einzelnen Arbeitsschritte bei der Bergung der Checkliste sowie
eventuelle Anomalien dokumentieren.
Dann übergab der Techniker die Checkliste dem Rockwell—
Qualitätsmanager, der sich davon überzeugte, daß es sich auch um das
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