Mission Ares
Ich lasse Ihnen das Manuskript meines Beitrags im nächsten Journal of Geophysical Research zukommen. Er handelt von Mangala. Ich wünsche eine spannende Lektüre.«
»Was nun?« fragte Stone. »Sind wir fertig?«
»Schön war’s. Das war erst der Anfang – der angenehme
Teil. Nun kommen wir zur Klimatologie des Mars. Wir stellen sie der Klimatologie der Erde gegenüber und…«
Nörgelnd setzten die Burschen sich wieder.
So verging der Tag, und im kleinen Raum wurde es immer
wärmer.
Oktober 1981
Insgesamt fünf Firmen gaben ein Angebot für die Produktion des Mars-Exkursionsmoduls ab: Rockwell, McDonnell, Martin, Boeing und JK Lees Firma, Columbia.
Die Arbeit des MEM-Prüfungsausschusses war langwierig
und kompliziert. Es war alles eine Frage der Gewichtung der Kriterien; Ralph Gershon hatte so etwas noch nie gesehen. Es gab Unterausschüsse zur Beurteilung der administrativen Kapazität des Anbieters, der ›Geschäftsmethoden‹ und der ›technischen Qualifikation‹. Gershon saß selbst in drei Unterausschüssen. Und jeder Unterausschuß bewertete die
Angebote anhand eines Punktschemas mit ein paar hundert
Kriterien.
Für Gershon ergab das alles keinen Sinn. Würde der Zuschlag wirklich auf der Grundlage dieser Zahlen erfolgen? Wenn man die Entscheidungsfindung zu einem mechanischen Prozeß degradierte, wäre es eines Tages auch möglich, die NASA
durch einen Computer zu ersetzen.
Es war offensichtlich für Gershon, daß Columbia in diesem Wettbewerb die plausibelste Strategie verfolgte. Die NASA und die großen Unternehmen der Luft-und Raumfahrtindustrie hatten fast ein ganzes Jahrzehnt mit Studien, Vorschlägen und Beurteilungen von exotischen Marsfähren vergeudet, ohne je zu konkreten Ergebnissen zu gelangen. Lees Leute indes waren unkonventionell vorgegangen, hatten sich gar nicht erst mit den ausgelutschten Konzepten aufgehalten und statt dessen ein Gerät präsentiert, das so aussah, als ob es in ein paar Jahren flugfähig sei.
Leider war Intuition bei der Beurteilung des Angebots kein relevantes Kriterium. Obwohl Columbia die technische Konzeption kompetent vermittelt hatte – wobei man die
Problematik des ›menschlichen Faktors‹ hervorragend gelöst hatte –, stellte Columbias Status als kleiner Hersteller von Experimentalgerät ein Handikap dar. Man traute Columbia schlicht und einfach nicht zu, ein komplettes Raumschiff zu liefern.
Die ersten Beurteilungen plazierten Rockwell auf Platz Eins, Boeing und McDonnell lagen gleichauf auf Rang Zwei, und Columbia war weit abgeschlagen.
Gershon erhob auf der Abschlußsitzung Einwände gegen die Beurteilung: »Verdammt, Sie haben doch die Ergebnisse der Simulationen vorliegen. Ich reiße mir selbst den Arsch auf beim Versuch, einen Doppelkegel zum Fliegen zu bringen. Wir müssen dem Bewerber den Vorzug geben, der am ehesten in der Lage ist, ein flugfähiges Gerät zu bauen…«
Joe Muldoon sprang ihm bei. Also wurden die Beurteilungen einer Revision unterzogen, woraufhin Columbia etwas besser abschnitt.
Dennoch folgte Muldoon im für Tim Josephson bestimmten
Abschlußbericht der Empfehlung der Kommission: ›Rockwell International wird als der geeignete Auftragnehmer für das Mars-Exkursionsmodul betrachtet…‹.
Nachdem sein Auftrag nun beendet war, kehrte Gershon nach Cape Canaveral zurück, um an der ersten A-Klasse-Mission von Ares zu arbeiten – einem unbemannten Probeflug der modernisierten Saturn VB.
Nach ein paar Tagen wurde er erneut ins JSC bestellt, um seine Unterschrift unter den MEM-Abschlußbericht zu setzen.
Gershon hatte die Schnauze voll von dem ganzen Kram.
Muldoon fing ihn ab.
»Wo soll’s denn hingehen?«
»Es ist doch vorbei, oder? Kommen Sie, Joe. Sie wissen
genauso gut wie ich, daß Columbias Vorschlag der einzige war, der innerhalb einer vertretbaren Frist in die Praxis umzusetzen gewesen wäre. Und nun haben wir sie abgelehnt.«
»Natürlich weiß ich das. Aber es ist noch nicht vorbei.«
»Machen Sie Witze? Wir haben gerade den Abschlußbericht
unterschrieben, um Himmels willen. Columbia hatte nie eine Chance.«
»Sie lernen schnell, mein Junge, aber Sie müssen trotzdem noch viel lernen. In diesem Spiel ist ein unterzeichneter Abschlußbericht erst der Auftakt für die Verhandlungen.«
»Was soll das nun schon wieder heißen?«
»Ich möchte, daß Sie etwas für mich erledigen.«
Ein paar Tage später flatterte ein langes Telegramm auf JK
Lees schlachtschiffgrauen Schreibtisch.
Er
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