Mission Clockwork
als ein Chamäleon. Sei dankbar dafür.
Jetzt gerade verspürte Modo alles, nur keine Dankbarkeit, als er einen Blick auf die Taschenuhr warf und seine Willenskraft darauf konzentrierte, seinen Körper zu verändern. Feuer brannte in seinen Adern, als die Knochen sich in den Gelenken verschoben. Er hatte diese »adaptive Verwandlung«, wie es Mr Socrates nannte, viele Tausend Male vorgenommen. Er hatte seine Technik so perfektioniert, dass ihm jede Verwandlung gelang. Modo schloss die Augen, verzog das Gesicht und stellte sich den Mann vor, dem er gleichsehen wollte. Er wählte ein Erscheinungsbild, das von einer Darstellung seiner Lieblingsfigur Peterkin aus dem Roman Koralleninsel inspiriert war. Mrs Finchley hatte ihm erlaubt, das Buch zu lesen, aber er musste versprechen, es zu verstecken, wenn Mr Socrates zu Besuch kam. Modos Knochenplatten im Gesicht verschoben sich und wurden kantiger, seine Haut dehnte sich sanft über die neue Schädelform und die jetzt gerade Nase.
Seine Arme wurden dünner und länger, die Brust schmaler. SchlieÃlich konzentrierte Modo sich noch auf seinen Buckel â den grässlichen Buckel â und zwang ihn, in seinem Fleisch zu versinken.
Modo zog erneut die Taschenuhr hervor. Drei Minuten. Mr Socrates wäre zufrieden gewesen.
Schwitzend und erschöpft betastete er sein Gesicht, um sich zu vergewissern, dass er keines der unansehnlichen Geschwulste vergessen hatte. Er würde dieses Aussehen für höchstens fünf Stunden aufrechterhalten können. Dann würden die Muskeln erlahmen und er würde in sein gewöhnliches, abstoÃendes Ich zurückgleiten.
Seine Kleidung wirkte an dem neuen, schmalen Körper lächerlich, also sah er sich erneut vorsichtig um und zog sich bis auf die Unterwäsche aus. Aus seinem Beutel holte er ein Paar elegante Hosen, die er anzog, dann ein Hemd und eine Weste mit Schalkragen. Er band sich eine braune Krawatte um und schlüpfte schlieÃlich in gute Schuhe und einen Gehrock. Die Maske stopfte er mit den alten Kleidern in den Beutel, den er in der dunklen Balkonecke zurücklieÃ.
Modo kletterte die Hauswand hinunter, indem er sich an den Ziegeln und dem Abflussrohr festhielt. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass seine Kleidung ordentlich saÃ, trat er lässig vor die Haustür, holte einmal tief Luft und klopfte.
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8
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Die Londoner Gesellschaft junger Forscher
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M odo strich letzte Falten vorne auf seinem Gehrock glatt und fragte sich, ob die Männer, die er gleich treffen würde, wohl bemerkten, dass seine Kleidung nicht so aufwendig genäht war wie ihre eigene. Er hoffte, das Licht würde gedämpft sein. Gern hätte er einen Zylinder getragen, aber er musste erst noch ein erschwingliches Modell finden. Ein Klappzylinder mit einem Federmechanismus, wie ihn feine Herren bei einem Opernbesuch trugen, wäre perfekt, weil er ihn in seinen Beutel packen und aufklappen konnte, wann immer er ihn benötigte. Modo klopfte ein zweites Mal.
Die Tür öffnete sich einen Spaltbreit, gerade weit genug, um ein rot geädertes Auge erkennen zu lassen. »Sie wünschen?«, fragte eine barsche Stimme.
»Ich bin hier, um an der Versammlung teilzunehmen. Entschuldigen Sie die Verspätung, Sir. Mein Fahrer hatte groÃe Schwierigkeiten, die Adresse zu finden. Vor lauter Eile habe ich meinen Hut im Wagen vergessen.«
Das Auge blinzelte nicht. »Und Ihr Name ist?«
»Robert Peterkin«, antwortete Modo, ohne zu zögern. »Ich bin ein Bekannter von Mr Oscar Featherstone. Verzeihen Sie, aber ich habe mich hoffentlich nicht im Haus geirrt? Das hier ist doch 22 Balcombe Street?«
»Das ist richtig.« Das Auge hatte immer noch nicht geblinzelt.
»Entschuldigen Sie, falls ich mich nicht an das übliche Protokoll halte. Ich traf Mr Featherstone gestern bei einer Vernissage im Crystal Palace. Ich bin ein Freund seiner Schwester.« Bei der Erwähnung von Audrette zog der Mann die Augenbraue hoch. »Wir besuchen denselben Malkurs. Sie ist eine ausgezeichnete Malerin. Nun, wie dem auch sei, ich hatte gestern eine ungemein anregende Unterhaltung mit Mr Featherstone und habe ihm gegenüber mein Interesse an wissenschaftlichen Entdeckungen bekundet sowie an Forschungen im Bereich â¦Â« Modo wünschte, er hätte Audrette gefragt, was genau die Gesellschaft erforschte. »... der Wissenschaften. Mr Featherstone
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