Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mission Munroe 03 - Die Geisel

Mission Munroe 03 - Die Geisel

Titel: Mission Munroe 03 - Die Geisel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taylor Stevens
Vom Netzwerk:
Gott, war jetzt vollkommen wertlos, so abgemagert und ohne Haare.
    Polizisten führten die beiden Frauen schnell beiseite, brachten die Opfer in Sicherheit. Kaum befanden sie sich nicht mehr im Eingangsbereich, schoben sich die neugierigen Menschenmassen näher. Michaels Kopf verschwand immer wieder zwischen anderen. Dadurch war Lumanis Schussfeld stark eingeschränkt.
    Er verzog die Lippen zu einem bösen Lächeln. Sie hatte abgewartet, damit sie die Polizei und die Menge als Ablenkung nutzen konnte. Sie hatte den Zeitpunkt genau abgepasst, um ihm möglichst wenig Gelegenheit zu einem Schuss zu geben. Er schnaubte. Als ob das einen Unterschied machen würde.
    Lumani, das Fadenkreuz exakt auf die Zielperson gerichtet, berechnete, wog ab und wartete. Atmete langsam aus und nahm Maß. Und dann drehte Michael sich um, beugte sich hinter dem braunen Haarschopf, der sich zwischen ihm und ihr befand, hervor und blickte ihn direkt an. Legte den Finger an die Schläfe, den Daumen nach oben gereckt und drückte den imaginären Abzug.
    Sein Herz raste wie nach einem Schlag ins Gesicht.
    Noch ein langsamer Atemzug zur Beruhigung, dann legte er den Zeigefinger auf den Abzug. Ein minimaler Druck genügte, um den Tod auf die Reise zu schicken. Doch seine Hand zitterte. Die Menge teilte sich ein wenig. Erneut hatte er Michaels Rücken vor sich. Sie und das glatzköpfige Mädchen entfernten sich langsam vom Hotel.
    Ein minimaler Druck.
    Er konnte sie abschießen.
    Er konnte das Leben dieser Person beenden, deren Existenz allein ein Beweis seiner eigenen Wertlosigkeit war, die ohne jede Mühe Onkels Anerkennung und seine Zuneigung gefunden hatte.
    Wenn er wieder ruhiger wurde.
    Doch sein Herz schlug immer noch viel zu schnell, und er spürte das Pochen bis in die Fingerspitzen. Ein Pochen, das sich weder durch Atmen noch durch Luftanhalten beruhigen ließ.
    Verwirrt verdrängte er die Panik, die sich angesichts dieser neuerlichen Unvollkommenheit in ihm breitmachte.
    Nein.
    Nicht Unvollkommenheit, sondern Stärke. Zum ersten Mal, seit er denken konnte, war ein Mord keine rein geschäftliche Angelegenheit. Das hier war etwas Persönliches, und dieses Pochen war die anstürmende Leidenschaft: der erste Vorbote dessen, was es bedeutete, den Tod eines anderen Menschen herbeizusehnen, nur um des Genusses willen.
    Am Ende der Straße waren nun noch mehr Sirenen zu hören.
    Lumani zog sich zurück. Nahm das Gewehr auseinander und verpackte es. Kehrte in die Küche zurück, in der kaum genügend Platz war für den winzigen Tisch und die beiden Stühle links und rechts. Ein Ort für Einsame. In der Mitte saß die Frau, immer noch gefesselt, aber das Geschirrhandtuch steckte nicht mehr in ihrem Mund. Sie hatte es irgendwie geschafft, den Knebel auszuspucken. Und trotzdem hatte sie nicht angefangen zu schreien oder versucht, Alarm zu schlagen. Eine weise Entscheidung, die ihn davon abhielt, sie für immer zum Schweigen zu bringen.
    Als er in der Tür stand, hob sie den Kopf. Ihr Gesicht war von kurzen Locken umrahmt, gefärbt, um das Grau zu verbergen. Vielleicht war diese Frau in ihrer unabhängigen Einsamkeit eine Großmutter. Wie mochte es wohl sein, eine warme, weiche Mutter zu haben, die sich kümmerte und sorgte und ihre Kinder, wie es immer hieß, bedingungslos liebte? Er empfand tiefen Neid auf die vermeintliche Nachkommenschaft der Frau.
    Sie starrte ihn aus weichen, wässrigen Augen an, während er kurz überlegte, ob er sich wie ein Profi verhalten und die Augenzeugin eliminieren sollte. Dann trat er in die Küche und tätschelte der alten Frau den Kopf – sein Versuch, dieser Repräsentantin der Mütterlichkeit so etwas wie Zuneigung zukommen zu lassen. Seine Bewegungen waren ruckartig und ungeschickt und fühlten sich nicht so an, wie er erwartet hatte.
    Lumani ließ die Wohnungstür offen stehen, damit sie Hilfe rufen konnte, sobald er weg war. Genau wie diese Leute, die Geld bezahlten, um … wie hieß das noch mal? Emissionsausgleich? Ja, genau. Die dafür bezahlten, um die Erde für ihren eigenen aufwendigen Lebensstil zu entschädigen. Er hatte Menschen getötet und dafür mit einem zunehmenden Professionalismus bezahlt. Und auch wenn er jetzt von dem Wunsch, einen anderen Menschen sterben zu sehen, getrieben wurde, er war trotzdem anders als Arben und Tamás. Um das zu beweisen, hatte er der alten Frau das Leben geschenkt. Und jetzt würde er sich auf den Weg machen und Michael töten.

 
    Kapitel 37
    Munroe lenkte Neeva

Weitere Kostenlose Bücher